Eine Menge anonymer Menschen, die auf einer belebten Stadtstraße spazieren
Positive Effekte für Wirtschaft und Gesellschaft: In einer aktuellen Studie untersuchen WIFO, IHS und Joanneum Research den Impact der vom FWF geförderten Grundlagenforschung. © Shutterstock

Zwei überraschende Kernaussagen trifft die erstmals in Österreich durchgeführte Studie zum Impact der vom FWF finanzierten Grundlagenforschung: Erstens wirken die geförderten Projekte in Wirtschaft und Gesellschaft deutlich rascher als bisher angenommen, zweitens rentieren sich sämtliche Investitionen über den FWF in kurzer Zeit für den Bundeshaushalt. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen entstehen beabsichtigt oder unbeabsichtigt, sie reichen von direkten Anwendungen durch die Forschenden selbst bis hin zur Nutzung der Forschungsergebnisse durch Dritte. Ein weiterer Schlüsselfaktor sind die herausragend qualifizierten Forscher:innen aus FWF-Projekten, die später in Unternehmen oder andere Organisationen außerhalb der Wissenschaft wechseln.

Belebende Effekte für Wirtschaft und keine Belastung für Bundeshaushalt

Laut dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), dem Institut für Höhere Studien (IHS) und Joanneum Research sind die Effekte von FWF Projekten besonders positiv für Österreichs Wirtschaft. Sie ergeben sich aus Umsätzen von Start-ups oder aus neuen Produkten, die Unternehmen auf den Markt bringen, sowie den Gehältern für die in den Projekten oder Start-ups beschäftigten Forschenden. Konservativ geschätzt finanzieren sich die FWF-Mittel schon innerhalb eines Jahres über Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen selbst. Kurzum: Ein FWF-Fördereuro ist mit 1,1 Euro an Staatseinnahmen und 2 Euro Bruttoinlandsprodukt verbunden. Aufgrund dieser kurzfristigen Effekte wirken sich Investitionen über den FWF auch belebend für die Konjunktur aus.

Mittel- und langfristig kommen zu den Kurzzeiteffekten auch Produktivitätssteigerungen hinzu. Geschätzt wird, dass 10 Prozent mehr Mittel für die FWF-finanzierte Grundlagenforschung das Bruttoinlandsprodukt pro Arbeitsstunde um bis zu 3 Prozent und pro Kopf um bis zu 0,6 Prozent wachsen lassen. Diese Produktivitätswirkungen werden durch die zahlreichen in der Studie dokumentierten Beispiele aus FWF-geförderten Projekten gestützt.

„Neben internationalen Analysen wie etwa dem Draghi-Report legt auch die neue Studie dringend nahe, das Wissenschafts- und Innovationssystem weiter in Richtung hochinnovativer Grundlagenforschung zu fokussieren und die Resultate mit geeigneten Begleitmaßnahmen rasch in die gesellschaftliche und wirtschaftliche Nutzung überzuführen. Wir appellieren an die Entscheidungsträger:innen in den laufenden Regierungsverhandlungen, mutige Schritte zum weiteren Ausbau der für Österreichs Zukunft so wichtigen Grundlagenforschung zu setzen“, so FWF-Präsident Christof Gattringer anlässlich der Studienpräsentation.

„Die Mittel des FWF generieren eine doppelte Dividende. Sie setzen kurzfristig Impulse für die Wirtschaft und legen längerfristig den Grundstein für strukturelle Wachstumsbeschleunigungen“, so WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr.

„Die im Rahmen der Studie vom IHS durchgeführte Umfrage spricht dafür, dass die Förderungen mehr ökonomische und erst recht gesellschaftliche Erträge bringen könnten, wenn die eigenen Hochschulen den Geförderten bei der Vermarktung ihrer Grundlagenforschung noch stärker unter die Arme greifen würden“, so IHS-Direktor Holger Bonin.

„Die dynamische Wechselwirkung, die entsteht, wenn Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in angewandte Forschung einfließen, während Bedarfe aus der Praxis die Grundlagenforschung befeuern, beschleunigt den Fortschritt und lässt uns schneller und effizienter auf globale Herausforderungen wie Klimawandel, Gesundheitskrisen und technologische Umbrüche reagieren. Schlussendlich muss es immer Ziel sein, Innovation erfolgreich in Anwendung zu bringen“, erklärt Heinz Mayer, Geschäftsführer von Joanneum Research.

„FWF-geförderte Forschungsprojekte lohnen sich wirtschaftlich überraschenderweise schon in kurzer Frist und sind ein Treiber des Strukturwandels in Österreich“, so Studienkoordinator Jürgen Janger (WIFO).

Gruppenbild von der Pressekonferenz zur WIFO/IHS/JR-Impact-Studie
Präsentierten die Ergebnisse der Studie (v.l.n.r.): Angelika Sauer (Joanneum Research), Heinz Mayer (Joanneum Research), Verena Gassner (Universität Wien), Gabriel Felbermayr (WIFO), Holger Bonin (IHS), Ursula Jakubek (FWF), Jürgen Janger (WIFO), Bernd Boidol (Proxygen), Christof Gattringer (FWF). © FWF/Luiza Puiu

Ausgangsbasis für zukunftsweisende Ideen, Impulse und Innovationen

Laut der Studie bilden FWF-Projekte erwiesenermaßen eine wichtige Grundlage für Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie sind oft der erste Schritt auf dem Weg zu wissenschaftlichen Durchbrüchen, die in weiterer Folge zu Anwendungen heranreifen. Dazu zählen beispielsweise hochwertige Patente und Lizenzen, Therapien und Medikamente, oder neue Produktionstechnologien. Es zeigen sich vielfältige Verknüpfungen mit allen relevanten Akteuren im Forschungsbereich wie den Förderungen des European Research Council (ERC), der Forschungsförderungsgesellschaft FFG oder der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH im Bereich Start-ups. Ebenso enge Verflechtungen bestehen mit den direkten Investitionen der Universitäten bzw. außeruniversitären Forschungsstätten wie dem Institute of Science and Technology Austria (ISTA) oder der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zahlreiche wissenschaftliche, unternehmerische oder gesellschaftliche Errungenschaften und Innovationen bauen auf Publikationen, Patenten und Ergebnissen aus FWF-Projekten auf.

Mehr Erfindergeist, Gründungen und Start-ups

Auf die FWF-Projekte zwischen 2009 und 2022 lassen sich bis dato 40 Lizenzen und mehr als 170 Erfindungen zurückführen. Dazu kommen weltweit mehr als 800 Patente. Unternehmen konnten aus FWF-Projekten rund 150 neue oder verbesserte Technologien entwickeln und 200 neue Produkte auf den Markt bringen. FWF-Projekte spielen darüber hinaus eine Schlüsselrolle bei der Etablierung wissensintensiver Start-ups. Insgesamt profitieren aktuell 60 Start-ups von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus FWF-Projekten. Die hohe Qualität der Start-ups zeigt sich auch daran, dass in 11 von 20 Gewinner:innen des österreichischen „Phönix“-Gründungspreises FWF-gefördertes Wissen steckt, davon 4 von 5 in der Kategorie „Spin-off“. Projektmitarbeiter:innen wechseln in einigen Fällen von der FWF-geförderten Forschung direkt in das Start-up. Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung von Start-ups als wichtigem Faktor für die wirtschaftliche Umsetzung von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung.

Patente mit mehr Impact im Vergleich zu Firmenpatenten

Die Zahl von Patenten alleine sagt aber noch nichts über das damit verbundene Innovationspotenzial aus. Werden einzelne Patente aber besonders oft zitiert, so steckt eine vielversprechende Idee dahinter. Hier schneiden Patente, die auf FWF-geförderter Forschung basieren, überdurchschnittlich gut ab und erreichen deutlich mehr Zitationen als der Durchschnitt österreichischer Firmenpatente. Dies steht laut Studie im Einklang mit der internationalen empirischen Literatur, gemäß der Patente, die auf hochwertiger Grundlagenforschung basieren, technologisch breiter aufgestellt sind und in der Regel Erfindungen schützen, die potenziell deutlich weitreichender und für eine größere Bandbreite an nachfolgenden Produkten relevant sind.

Meistzitierte Patentpublikationen führten zum Chemienobelpreis

Die Studie ermittelte auch jene vom FWF mitfinanzierten Publikationen mit besonders hohen Zitationsraten. An der Spitze liegen zwei FWF-geförderte Studien im Zusammenhang mit dem Chemienobelpreis 2020 an Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier; Letztere forschte mehrere Jahre an der Universität Wien. Ihre Publikation zur Genschere erzielte bisher mehr als 2.600 Erwähnungen in Patenten. Neben diesem Themenbereich erreichen auch Publikationen aus der Krebsforschung hohe Zitationsraten.

Beitrag für industriellen Strukturwandel in Richtung Hightech

Während die Innovationsleistung Österreichs bisher vor allem auf der Modernisierung etablierter Industrien basiert, können FWF-Förderungen gemeinsam mit einer verbesserten Verfügbarkeit von privatem Risikokapital den Start-up-Sektor weiter dynamisieren. FWF-Förderungen unterstützen aber auch den Strukturwandel für große, wissensintensive Unternehmen und erhöhen dadurch den wirtschaftlichen Nutzen öffentlicher Forschung. Etwa 1.600 früher vom FWF-finanzierte Forscher:innen arbeiten mittlerweile in Unternehmen.

Qualifizierung, Ausbildung und Kompetenzen für F&E-Sektor

Besonders die forschungsbasierte Ausbildung für Studierende und junge Forschende ist ein wichtiger Faktor der Wirkungen des FWF außerhalb der Wissenschaft: Alumni und ehemalige Teammitglieder der FWF-Projekte spielen eine wichtige Rolle bei der Weitergabe von Wissen und profitieren selbst für ihre Karrieren. Der Wissenstransfer in Zahlen gegossen: Laut den Ergebnissen der Befragung unter FWF-Projektleiter:innen wechselt ungefähr jede:r vierte hochqualifizierte Mitarbeitende eines FWF-Projekts nach Projektende in ein Unternehmen, meist im Bereich Forschung und Entwicklung. Insgesamt hat der FWF im Zeitraum 2009 bis 2022 zur Ausbildung von rund 4.000 Master-of-Science-Absolvent:innen und 3.100 Doktorand:innen beigetragen.

Gesellschaftlicher Impact: Erkenntnisse für viele Lebensbereiche

Die Studie zeigt darüber hinaus, dass Erkenntnisse aus FWF-Projekten ihre Wirkung in verschiedenen Lebensbereichen weit über den unmittelbaren monetären Nutzen hinaus entfalten:

  • Verbesserungen im Bereich Biodiversität, Nachhaltigkeit und Klima
  • Verbesserungen in Gesundheit und Medizin
  • Entwicklung von gesetzlichen Regelungen
  • Beiträge zum kulturellen Erbe
  • Beiträge zur Sicherheit (zum Beispiel Schutz vor Cyberangriffen)
  • Wissenschaftliche Expertise für Öffentlichkeit und Medien

Beispiele für den Wirkungspfad vom Erkenntnisgewinn bis zur Nutzung

Anhand konkreter Erfolgsbeispiele zeichnet die Studie den Wirkungspfad der FWF-Förderung von der Forschungstätigkeit bis zu Anwendungen und Nutzungen nach. Dazu gehören beispielsweise:

  • das österreichische Quanten-Ökosystem mit mehreren Start-ups, von denen zwei mit dem Phönix-Gründungspreis ausgezeichnet wurden, darunter beispielsweise ParityQC, ein Spin-off der Universität Innsbruck und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit mittlerweile 60 Mitarbeiter:innen, entstanden aus der mit einem FWF-START-Preis finanzierten Forschungsgruppe von Mitgründer Wolfgang Lechner;
  • weitere erfolgreiche Ausgründungen wie beispielsweise das Biotechnologie-Unternehmen Proxygen, ebenso ein Spin-off der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, mit wesentlichen wissenschaftlichen Vorarbeiten in zwei FWF-Projekten des Molekularbiologen und Mitgründers Georg Winter;
  • Grabungen im italienischen Elea-Velia, durchgeführt von Archäolog:innen der Universität Innsbruck und der Universität Wien unter der Leitung von Verena Gassner, Bernhard Neutsch und Friedrich Krinzinger. Sie brachten in weiterer Folge nicht nur neue Forschungswerkzeuge, sondern auch einen archäologischen Tourismuspark hervor.

Über die Studie

Die Studie „The Economic and Societal Impact of Basic Research Projects Funded by the Austrian Science Fund“ wurde 2024 vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), vom Institut für Höhere Studien (IHS) und von Joanneum Research (JR) im Auftrag des Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF nach einer wettbewerblichen Ausschreibung (finanziert mit Mitteln der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung) durchgeführt. Die Ergebnisse beruhen auf vielfältigen Datenquellen, darunter eine repräsentative Befragung von rund 1.500 FWF-Projektleiter:innen, die zwischen 2009 und 2022 FWF-Projekte erfolgreich abschlossen, bibliometrische und Start-up-Datenbanken (Researchfish, The Lens, Dealroom.co) und weitere volkswirtschaftliche Daten (AMECO, FTI-Monitor des FORWIT).

Studienautor:innen WIFO/IHS/Joanneum Research

Jürgen Janger, Alexandros Charos, Kathrin Hofmann, Gerhard Streicher (WIFO), Johanna Dau, Henrika Langen, Martin Unger (IHS), Angelika Sauer-Malin, Michael Ploder, Lisa Schön (Joanneum Research, Policies)

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