Es donnert und kracht. Heftige Vulkanausbrüche, Meteoriteneinschläge und Blitze. Enorme Hitze und radioaktive Strahlung treiben chemische Reaktionen voran: So stellt sich die Wissenschaft die Erde vor rund vier Milliarden Jahren vor. Aus Schwefel und Wasserstoff gehen erste chemische Verbindungen hervor. Wie in einem Kochtopf brodelt die Ursuppe vor sich hin. Vor ca. 3,8 Milliarden Jahren entstehen Bakterien und Archaeen. Sie leben zwischen Feuer und Asche. Während der folgenden drei Milliarden Jahre kühlt sich die Erde ab, Wasserdampf entsteht und Sauerstoff wird frei. Die Szenerie beruhigt sich. Aus den ursprünglichen Lebensformen entwickeln sich vor rund 2 Milliarden Jahren erste komplexere Zellstrukturen aus denen später die riesige Vielfalt der Pflanzen und Tiere hervorging. Die winzigen Einzeller haben den Nährboden für die Entwicklung allen weiteren Lebens gebildet. Wie dieser evolutionäre Übergang zu den ersten komplexeren Zellen gelang, ist bis heute nicht entschlüsselt.
Ein erster entscheidender Schritt zur Lösung des Rätsels gelang Ende der 1970er-Jahre dem US-amerikanischen Mikrobiologen Carl Woese: Er entdeckte, dass nicht alle Mikroorganismen zu den Bakterien gehören, sondern dass es eine zweite davon unabhängige Gruppe von Mikroorganismen gibt. Viele dieser winzigen Einzeller leben unter extremen Bedingungen: Manche fühlen sich in kochendem Schwefeldampf bei 100 Grad erst richtig wohl, andere leben in konzentrierten Salzlösungen oder in stark saurem Milieu. Wegen ihrer Vorliebe für archaische Standorte, die den Lebensbedingungen der Urerde gleichen, werden diese Lebenskünstler Archaeen genannt. Viele von ihnen gehören mit ihrer geringen Größe von 400 Nanometern (0,4 tausendstel Millimeter) zu den kleinsten Lebewesen auf unserem Planeten.
Mit dieser Entdeckung musste die Einteilung der Biologie neu geschrieben werden. Heute werden sämtliche Lebewesen auf der Erde in drei große Domänen eingeteilt: Eukaryoten, Bakterien und Archaeen. Zu den Eukaryoten zählen Tiere, Pflanzen, Protisten und Pilze. Ihre Zellen sind in der Regel größer und komplexer als Zellen von Bakterien und Archaeen. Sie verfügen über einen Zellkern, in dem das genetische Material verpackt ist, und ein Zytoskelett, auf dem sowohl die Zellform als auch der Transport innerhalb der Zelle basieren.