Zwei neue Spezialforschungsbereiche starten
Forschende zusammenbringen, Schwerpunkte vertiefen und gemeinsam neue Forschungsfelder erschließen: Die Spezialforschungsbereiche des Wissenschaftsfonds FWF heben Synergien und bringen Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab hervor. In der jüngsten Ausschreibungsrunde reichten 24 Konsortien ein Konzept zur internationalen Begutachtung ein – vier davon konnten einen Vollantrag stellen, zwei werden nun mit einem Fördervolumen von insgesamt 8 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre gefördert. Zusätzlich zu den beiden neuen Netzwerken beschloss der FWF die Verlängerung der Förderung von drei bestehenden Spezialforschungsbereichen.
Neue Forschungsnetzwerke nach internationalem Maßstab
Der erste neue Spezialforschungsbereich zur Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf genetische Veränderungen wird von der Evolutionsgenetikerin Neda Barghi von der Veterinärmedizinischen Universität Wien koordiniert, Forschende des Gregor-Mendel-Instituts für Molekulare Biologie, des ISTA und der Universität Wien sind eng eingebunden. Der zweite Spezialforschungsbereich zur Analyse historischer Machtstrukturen wird vom Historiker Andreas Zajic von der Akademie der Wissenschaften koordiniert, Forschende der Universität Wien, der Universität Graz, der Albertina sowie des Kunsthistorischen Museums sind Teil des Netzwerks.
Spezialforschungsbereiche stärken institutionenübergreifende Zusammenarbeit
Mit den Förderungen zielt der FWF darauf ab, exzellente Forschungsnetzwerke hervorzubringen. Österreichs Forschungsstätten erhalten die Möglichkeit, vielversprechende Forscher:innen fest zu verankern und das eigene Forschungsprofil zu schärfen. Das Arbeiten in Teams wird großgeschrieben, schließen sich doch bis zu 15 Forschende in einem Spezialforschungsbereich zusammen. Im Mittelpunkt stehen oft multi- bzw. interdisziplinär angelegte Forschungsthemen.
„Spezialforschungsbereiche führen vorhandene Kompetenzen an Österreichs Forschungsstätten zusammen, wodurch neue Netzwerke nach internationalen Standards wachsen. Das Verknüpfen unterschiedlicher Expertisen bringt nicht nur für alle Beteiligten einen Mehrwert, sondern erhöht am Ende auch den Erkenntnisgewinn“, so FWF-Präsident Christof Gattringer, der den frisch geförderten Forschenden herzlich gratuliert.
„Ich weise auch heuer darauf hin, dass noch mehr Potenzial für Spezialforschungsbereiche in Österreich vorhanden wäre. Wir können schon jetzt mangels Förderbudget nicht alle exzellenten Konsortien fördern. Ob wir künftig weitere Spezialforschungsbereiche ermöglichen können, hängt von der Ausgestaltung des Fonds Zukunft Österreich und vom FWF-Förderbudget 2024 bis 2026 ab“, so Gattringer zur unsicheren Zukunft dieses Förderangebots. Im Frühjahr 2023 wird feststehen, ob das Förderprogramm Spezialforschungsbereiche erneut angeboten werden kann.
Die neuen Spezialforschungsbereiche im Überblick
Spezialforschungsbereich „Polygene Anpassung“ („Polygenic adaption“)
Koordination: Neda Barghi, Veterinärmedizinische Universität Wien
Forschungsnetzwerk: Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Biologie/ÖAW (Magnus Nordborg, Kelly Swarts), ISTA (Nicholas Barton), Universität Wien (Joachim Hermisson, Himani Sachdeva), Veterinärmedizinische Universität Wien (Robert Kofler, Christian Schlötterer)
Fördervolumen: 3,9 Millionen Euro | vier Jahre Laufzeit
Wie alle Umweltveränderungen löst auch der Klimawandel eine genetische Anpassung aus. Der Prozess der „polygenen Anpassung“ beinhaltet typischerweise den Beitrag vieler Gene mit jeweils geringer Wirkung. Der Spezialforschungsbereich bringt ein Team von Wissenschaftler:innen mit komplementärer Expertise zusammen, um dieses Problem zu erforschen. Das Ziel des gemeinsamen Forschungsprogramms ist es, einen allgemeinen Rahmen für das Verständnis der polygenen Anpassung zu entwickeln. Dazu vereint das Projekt theoretische Modellierung mit empirischen Daten, genomweiten Assoziationsstudien bei Kohlgewächsen sowie bei der Gemeinen Fichte und experimentelle Evolution bei Taufliegen. Das Forschungsvorhaben baut auf der außergewöhnlichen Stärke der Populationsgenetik am Forschungsstandort Wien auf und kombiniert synergetisch Theorie und Experimente im Kontext der polygenen Anpassung. Das Projekt wird das Verständnis der polygenen Anpassung zum Nutzen von Züchter:innen, Landwirt:innen, Ökolog:innen und Genetiker:innen der lokalen und internationalen Gemeinschaft voranbringen.
Spezialforschungsbereich „Managing Maximilian“
Koordination: Andreas Zajic, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Forschungsnetzwerk: Albertina (Christof Metzger), Kunsthistorisches Museum Wien (Stefan Krause), Universität Graz (Georg Vogeler), Universität Wien (Elisabeth Klecker, Birgit Lodes, Christina Lutter, Stephan Müller)
Fördervolumen: 4 Millionen Euro | vier Jahre Laufzeit
Ob „letzter Ritter“ oder „erster moderner Medienprofi“ – die widersprüchlichen Urteile über König bzw. Kaiser Maximilian I. (reg. 1493-1519) haben eines gemeinsam: Sie gehen davon aus, dass der Herrscher der alleinige Gestalter seiner Politik und das solitäre Mastermind seiner Propaganda gewesen wäre. Tatsächlich war eine Vielzahl an Akteur:innen an der Konzeption und Umsetzung seiner Herrschaft und an der Produktion höfischer Kunst und Kultur beteiligt.
Der SFB wird die personalen Strukturen des Regierungshandelns Maximilians untersuchen und die in schriftlichen Quellen enthaltenen Informationen durch eine bis zu 200.000 Personen erfassende prosopografische Datensammlung zugänglich machen und auswerten. So werden neue Erkenntnisse über Entscheidungsfindungsprozesse im Rat und in der Kanzlei gewonnen. Kritisch werden Geschlechterrollen und Geschlechterbilder im Umfeld des Herrschers untersucht. Aus akteurszentrierter Perspektive wird eine interdisziplinäre Neubewertung von Druckgrafik und Malerei, Plattnerkunst und Architektur, Musik und Tanz, deutschsprachiger und lateinischer Dichtung rund um Maximilian erarbeitet. Zugleich erweitert der SFB das Konzept einer Kulturgeschichte des Politischen um digitale prosopografische Methoden.
Zusätzlich zu den beiden neuen Spezialforschungsbereichen verlängert der FWF die Förderung folgender drei bestehender Spezialforschungsbereiche um weitere vier Jahre mit einem Gesamtfördervolumen von 15 Millionen Euro:
Spezialforschungsbereich „Regulation der T-Zell-vermittelten Immunität durch Histondeazetylasen“
Koordination: Wilfried Ellmeier, Medizinische Universität Wien
Forschungsnetzwerk: CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin, Paris-Lodron-Universität Salzburg, Universität Wien
Spezialforschungsbereich „Quantum Information Systems Beyond Classical Capabilities“
Koordination: Walther Philip, Universität Wien
Forschungsnetzwerk: ISTA, Universität Innsbruck, Universität Wien
Spezialforschungsbereich „SFB Lipidhydrolyse: Zellulärer Fettabbau“
Koordination: Dagmar Kratky, Medizinische Universität Graz
Forschungsnetzwerk: Medizinische Universität Wien, Technische Universität Wien, Universität Graz