Benediktiner, Kirchenreform und Staat in Österreich, 1720-40
Benedictines, Church Reform and the State in Austria, 1720-40
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Geschichte, Archäologie (60%); Philosophie, Ethik, Religion (20%)
Keywords
-
Benedictines,
Austria,
Republic of Letters,
Jansenism,
State Knowledge,
Catholic Enlightenment
Während mehrerer Jahre sind Korrespondenz und Nachlass der Brüder Bernhard (gest. 1735) und Hieronymus Pez OSB (gest. 1762) bereits Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen gewesen (FWF-Projekte P-16940, Y-390). Die beiden leiblichen Brüder und Konventualen des niederösterreichischen Benediktinerstiftes Melk werden zu Recht in zentraler Weise mit der Transformation von Wissensstandards in den Habsburgischen Erbländern des frühen 18. Jahrhunderts in Zusammenhang gebracht. Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine evidenzbasierte Auffassung von historisch-kritischer Erkenntnis, als auch auf neue Formen wissenschaftlicher Organisation, etwa die Pläne für eine Kaiserliche Akademie der Wissenschaften. Die zentrale Rolle der Brüder Pez äußert sich in den zahlreichen Konflikten, die sie mit den Wiener Jesuiten, ihrem Abt, der Hofbibliothek und anderen auszutragen hatten. Diese Konflikte zeigen deutlich das Potential an Dissidenz, das allen Fragen von Wissensordnung und Wissensanwendung innewohnte. Fragen dieser Art sollen nun unter Heranziehung zusätzlicher Quellen vertieft werden, aus welchen die Kontakte der österreichischen Benediktinergelehrten mit den Wiener Hofkreisen, Rom und der Reichskirche deutlich werden. Das Projekt spricht dabei die Spannung zwischen einem vermeintlich freien Ideenaustausch innerhalb der Gelehrtenrepublik, den speziellen Anforderungen für eine benediktinische Identitäts- und Geschichtsbildung sowie das wachsende Bedürfnis von Hof und zunehmen zentralisiertem Staatswesen nach Expertenwissen an und fasst fünf spezifische Themenkomplexe ins Auge: das Verhältnis der Benediktiner und des Wiener Hofes zu römischen Kurie; die Synergie zwischen antikurialem Katholizismus und historisch gedachter protestantischer Staatsrechtslehre; das Ringen um eine benediktinische und/oder kaiserliche Akademie; der Konflikt zwischen unterschiedlichen Zensurinstanzen; und schließlich den Bedarf der Habsburger nach fundierter historischer Expertise am Vorabend des Österreichischen Erbfolgekrieges. Diese Themen werden anhand von Stücken mit Pez-Bezug sowie von Material in Wien, Passau, Rom und Hannover bearbeitet, ergänzt durch einschlägige Stücke aus den Korrespondenzen von Gottfried Bessel, Johann Benedikt Gentilotti, Oliver Legipont, Anton Steyerer, Wilhelm von Wurmbrand und anderen. Verbunden sein werden diese Forschungen mit einer Revision und Veröffentlichung der ca. 600 Pez- Briefe ab 1719 (die bereits im Rahmen von Y-390 transkribiert und regestiert worden sind) sowie mit einer dem gegenwärtigen Stand entsprechenden digitalen Überarbeitung der gesamten Pez- Korrespondenz und ihrer Einbringung gemeinsam mit dem digitalisierten Pez-Nachlass in ein Virtuelle Forschungsumgebung unter dem Namen ePezianum. Damit werden die Forschungen zu den Brüdern Pez zu einem Abschluss auf einer methodologisch wie technisch ausgereiften und nachhaltigen Ebene kommen.
Das FWF-Projekt Benediktiner, Kirchenreform und Staat in Österreich, 1720-40 (P-28016) hat frühere Forschungsbemühungen zur katholischen Gelehrsamkeit in Zentraleuropa im frühen 18. Jahrhundert fortgesetzt. Korrespondenz und Nachlass der Brüder Pez, nun ergänzt um jene des Göttweiger Abtes Gottfried Bessel, wurden herangezogen, um die benediktinische Gelehrsamkeit in ihren oft widersprüchlichen intellektuellen und institutionellen Kontexten zu verorten: Während benediktinische Autoren klar einer katholischen Lesart der Kirchengeschichte verpflichtet waren, vertraten sie in Fragen der Reichskirchenpolitik Rom-kritische Standpunkte, und sie waren Teil der Diskussion um das Verhältnis von Staat und Wissen. Während des Projekts wurde die editorische Arbeit an den Pez-Briefen in einen breiteren Rahmen von Digital-Humanities-bezogener Forschung gestellt. Projektmitglieder beteiligten sich an der COST Action Reassembling the Republic of Letters, halfen bei der Schaffung einer Dialogplattform für Daten-orientierte Projekte zum frühneuzeitlichen Zentraleuropa (Digital Habsburg Platform) und konzipierten einen Workflow für die parallele Digital- und Printpublikation des gesamten Pez-Materials (dQIÖG). Weitere Förderungen werden angestrebt, um diese editorischen Bemühungen bis 2025 zu einem Ende zu bringen.
- Institut für Österreichische Geschichtsforschung (seit 01 Jan 2016 Univ Wien) - 15%
- Universität Wien - 85%
- Kai Bremer, Universität Gießen - Deutschland
- Howard Hotson, University of Oxford - Großbritannien
Research Output
- 26 Zitationen
- 28 Publikationen
- 1 Weitere Förderungen
-
2017
Titel Die Gräfin und der Mönch, oder: sind sich Maria Anna Pignatelli Althann und Bernhard Pez je begegnet? DOI 10.7767/9783205206033-014 Typ Book Chapter Autor Wallnig P Verlag Brill Osterreich GmbH Seiten 289-304 -
2016
Titel Bernhard Pez: An Austrian Benedictine Scholar between Sacred Antiquarianism and New Practices of Scholarship DOI 10.1163/24055069-00101004 Typ Journal Article Autor Stockinger T Journal Erudition and the Republic of Letters Seiten 79-105 -
2017
Titel Ferdinand Ludwig Bressler und Aschenburg; In: Schlesische Lebensbilder 12 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Seiten 15 -
2017
Titel "Magna tua [] in Germanos omnes benignitas": Magliabechi e il mondo germanico; In: Antonio Magliabechi nell'Europa dei saperi Typ Book Chapter Autor Wallnig T Seiten 13 -
2017
Titel Maria Theresia? Neue Perspektiven der Forschung Typ Book Autor Wallnig T editors Wallnig T, Lobenwein E, Seitschek F-S Verlag Winkler Verlag Link Publikation -
2016
Titel Amicus, Patronus und TEI. Überlegungen zum Modellieren von Beziehungen anhand von Grußformeln in Gelehrtenbriefen; In: "Für unser Glück und das Glück anderer" Typ Book Chapter Autor Wallnig T Seiten 11 Link Publikation -
2016
Titel Die Brüder Pez und die Universität Wien - eine Bestandsaufnahme; In: Universität und Kloster Typ Book Chapter Autor Mayer M Seiten 8 Link Publikation -
2016
Titel Bernhard (1683-1735) und Hieronymus Pez (1685-1762). Kritische Mönche zwischen Orden und Gelehrtenrepublik; In: Benediktiner als Historiker Typ Book Chapter Autor Wallnig T Seiten 11 Link Publikation -
2016
Titel smokeSALUD: exploring the effect of demographic change on the smoking prevalence at municipality level in Austria DOI 10.1186/s12942-016-0066-4 Typ Journal Article Autor Tomintz M Journal International Journal of Health Geographics Seiten 36 Link Publikation -
2018
Titel Kommunikation zwischen Kloster und Welt in Spätmittelalter und Früher Neuzeit Typ Book Autor Cernusak T editors Cernusak T, Rabl I, Kollermann K -
2018
Titel Cistercienser in der Res Publica Literaria. Überlegungen zu Datenmodellierung Typ Journal Article Autor Wallnig T Journal Analecta Cisterciensia Seiten 299-312 -
2020
Titel 3.6 Gelehrtenbriefe DOI 10.1515/9783110376531-031 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag De Gruyter Seiten 471-483 -
2020
Titel 4.13 Monastische Gelehrtenkorrespondenzen DOI 10.1515/9783110376531-060 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag De Gruyter Seiten 790-798 -
2019
Titel Achtzehntes Jahrhundert digital: zentraleuropäische Perspektiven DOI 10.7767/9783205209096 Typ Book editors Wallnig T, Romberg M, Weis J Verlag Brill Osterreich GmbH Link Publikation -
2019
Titel Reassembling the Republic of Letters in the Digital Age DOI 10.17875/gup2019-1146 Typ Book editors Hotson H, Wallnig T Verlag Universitatsverlag Gottingen Link Publikation -
2019
Titel Bernhard Pez versendet einen Brief DOI 10.1515/9783110598391-014 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag De Gruyter Seiten 371-386 -
2018
Titel Monarchia Austriaca und Res publica litteraria als Ressourcen füreinander? DOI 10.14220/9783737009140.191 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Seiten 191-198 -
2018
Titel Leibniz verlässt Wien, ohne eine Akademie gegründet zu haben – was nachher geschah DOI 10.1515/9783110536133-010 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag De Gruyter Seiten 175-184 -
2020
Titel „Nach altem Gesetz sollen die Tore der Musen offen stehen“ DOI 10.1515/9783110625240-013 Typ Book Chapter Autor Peper I Verlag De Gruyter Seiten 319-334 -
2020
Titel Distant Reading Austria DOI 10.1515/9783110670561-020 Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag De Gruyter Seiten 451-472 -
2019
Titel Nutzen und Grenzen des Forschungsparadigmas »Katholische Aufklärung«. Herrschaftslogik und sozialer Wandel im Habsburgerreich am Vorabend der Moderne DOI 10.5771/9783835343719-52 Typ Book Chapter Autor Göderle W Verlag Nomos Verlag Seiten 52-76 -
2019
Titel Alcune osservazioni intorno alla Penitenzieria Apostolica, il Sacro 000 Romano Impero e la monarchia asburgica nel XVIII secolo; In: PENITENZA E PENITENZIERIA AL TEMPO DEL GIANSENISMO Typ Book Chapter Autor Wallnig T Verlag Libreria Editrice Vaticana Seiten 9 Link Publikation -
2019
Titel Enlightenment-Empire: A Difficult Pairing, Viewed from a Habsburg Angle; In: L'Avenir des Lumières/The Future of Enlightenment Typ Book Chapter Autor Wallnig T Seiten 17 -
2021
Titel Kirche und Kloester zwischen Aufklarung und administrativen Reformen Typ Book Autor Debertol Verlag Bohlau Verlag -
2022
Titel Central European Pasts - Old and New in the Intellectual Culture of Habsburg Europe, 1700-1750 DOI 10.1515/9783110653052 Typ Book editors Peper I, Wallnig T Verlag De Gruyter -
2022
Titel Central European Pasts - Old and New in the Intellectual Culture of Habsburg Europe, 1700-1750 DOI 10.1515/9783110653052-001 Typ Book Chapter Verlag De Gruyter -
2022
Titel Central European Pasts - Old and New in the Intellectual Culture of Habsburg Europe, 1700-1750 DOI 10.1515/9783110653052-003 Typ Book Chapter Verlag De Gruyter -
2022
Titel Central European Pasts - Old and New in the Intellectual Culture of Habsburg Europe, 1700-1750 DOI 10.1515/9783110653052-005 Typ Book Chapter Verlag De Gruyter
-
2021
Titel dQIÖG. A Workflow for the Pez Edition in a Hybrid Series Typ Capital/infrastructure (including equipment) DOI 10.55776/pud23 Förderbeginn 2021 Geldgeber Austrian Science Fund (FWF) Institut für Österreichische Geschichtsforschung