DesignAnthropologie: Industriedesign und Entwicklung
DesignAnthropology: Cold War Industrial Design & Development
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Sozialwissenschaften (25%); Geschichte, Archäologie (25%); Politikwissenschaften (25%); Soziologie (25%)
Keywords
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Designanthropology,
Gender history,
Cold War,
Development,
Global South,
Social Design,
Decolonisation Politics
Beim Versuch, sich selbst und ihre Produkte zukunftsweisend zu gestalten, haben in den letzten zehn Jahren sowohl globale Unternehmen als auch humanitäre Non-Profit-Organisationen vermehrt auf einen Zugang gesetzt, der als Designanthropologie bezeichnet wird. Dieser Zugang verschmilzt Methoden ethnografischer und verhaltensorientierter Forschung mit Strategien aus dem Bereich des Designs. In neoliberalen Volkswirtschaften hat Designanthropologie mittlerweile großen Zuspruch erfahren, weil sie verspricht, unterschiedliche Interessengruppen unter dem gemeinsamen Ziel von sozialer Innovation und Unternehmertum zu versammeln. Mit der fortschreitenden Diffusion dieses Denkzugangs in die sogenannten Entwicklungsländer und deren indigenen Gemeinschaften, stellt sich jedoch die Frage nach asymmetrischen Machtverhältnissen und kulturellem Eigentum. Trotz ihres scheinbar fortschrittlichen, nutzerzentrierten Ansatzes entpuppt sich die Designanthropologie in ihrer Verschmelzung von Sozialwissenschaft, Design und Datenstrategie als eine kaum fassbare, jedoch deshalb umso wirksamere Quelle von Macht in der globalen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entscheidungsfindung. Dieses Projekt ist das erste, das dieses Phänomen kritisch analysiert und Aspekte seiner Ursprünge in der umstrittenen Entwicklungspolitik des Kalten Krieges untersucht, die auf die dekolonisierenden Nationen der Nachkriegszeit angewandt wurde. Führende Anthropologen der Post-Development-Phase haben argumentiert, dass Industriedesign bei an vorderster Front stand, als es darum ging, die Folgen von Dekolonisierung und Modernisierung zu begreifen. Während die zeitgenössische postkoloniale Theorie die Rolle modernistischer Entwürfe bei der Ausformung des westlichen Expansionismus herausgestellt hat, fehlt in diesem Diskurs die entscheidende Rolle des Designs als Haupttriebkraft der Entwicklungspolitik im 20. Jahrhundert. In diesem Projekt wird untersucht, wie sich von Mitte der 1950er bis Ende der 1970er Jahre die Sozialwissenschaft auf einzigartige Weise mit Design verband und das Industriedesign von einer vom industriellen Rationalismus bestimmten Disziplin zu einer Praxis mit einer offenkundigen sozialen und politischen Agenda wurde, die die Dekolonisierung der Länder des globalen Südens anregen und befördern wollte. Auf Grundlage umfangreicher Archivrecherchen wird die Frage gestellt, wie wir die Hinterlassenschaften jener Schemata und Programme verstehen können, die von Akteuren des globalen Nordens unter dem Deckmantel der Humanität und Entwicklung verordnet wurden.
- Claudia Mareis, Humboldt-Universität zu Berlin - Deutschland
- Adam Drazin, University College London - Großbritannien
- Tanishka Kachru, National Institute of Design - Indien
- Er Alpay - Türkei