Kreative "Konversationen" mit Materialien
Creative “conversations” with materials
Wissenschaftsdisziplinen
Kunstwissenschaften (5%); Psychologie (85%); Soziologie (10%)
Keywords
-
Crafts,
Skills,
Creativity,
Micro-Phenomenology,
Material Engagement,
4E cognition
Ein faszinierender Aspekt von Handwerkskunst ist die Verbindung von verkörpertem Know-how, und somit hochkomplexer sensomotorischer Fertigkeiten, mit Kreativität. Wenn etwas Kreatives entsteht, dann i.d.R. im Dialog mit dem Material während es geformt und verändert wird und es so kreative Potenziale im Tun selbst aufzeigt. Kreativität bedeutet nicht die mentale Vorwegnahme einer Gesamtidee, sondern nutzt die gekonnte Interaktion mit dem Material und seinen Qualitäten ein Prozess der selten auf Mikorebene untersucht wurde. Das kognitionswissenschaftliche Projekt nimmt drei handwerklich-künstlerische Bereiche in Blick: Schmieden, Keramik und Schneidern. Ziel ist es den Entstehungsprozess kreativer Objekte unter die Lupe zu nehmen und zu rekonstruieren wie Neues schrittweise Gestalt annimmt. Dabei interessiert uns, welche kreativen Richtungsentscheidungen in der Vorbereitung und im Handeln den Prozess lenken, was Hände, Augen und Ohren dabei tun (z.B. in Anfragen an das Material) und wie Vorstellungsgabe, Technikrepertoire und ästhetische Präferenzen der Person hierauf einwirken. Zu Projektstart trifft das Team Handwerks-ExpertInnen in ihren Ateliers, um ein halbstrukturiertes Interview zu führen. Ziel ist es, die Arbeitsweise, Themen, ästhetische Strategien und kreatives Interesse der Person kennenzulernen, sowie repräsentative Werke und Arbeitsweisen zu sehen. In der Hauptphase des Projekts laden wir jeweils vier Schmiede, Töpfer und Schneider zu zwei Doppelsitzungen ein, für jeweils eine offene und eine teil-definierte Kreativaufgabe. Wir filmen sie beim Arbeiten mit zwei Kameras und bitten sie sodann ihr Tun im Videofeedback zu erläutern. Sie werden bei der Verbalisierung (bzw. Bewußtmachung) von mentalen und körperlichen Details unterstützt durch die Methode des Explikationsinterview, welche die Aufmerksamkeit auf feine Details richtet. Das dialogische Verfahren ermöglicht z.B. kleine Zufälle in der Materialhandhabung mit kreativem Potential oder die Genese kreativer Ahas zu rekonstruieren. So entsteht eine detaillierte Prozesspartitur (Vorbereitungen, Entscheidungspunkte, undAufbaulogikdes Gesamtprozesses). Sodann werden Detailaspekete näher beleuchtet: das Zusammenspiel von Wahrnehmung und Imagination, die kreative Kombination von Techniken, sowie alternativer Kreativoptionen im Prozess. In der Schlußphase des Projektes bewerten jeweils vier unabhängige Fach-KollegInnen aus den drei Handwerksbereichen die entstandenen Prozesspartituren und Entscheidungspunkte nach objektiven Kriterien der Kreativitätsforschung, um so die subjektive Innensicht mit einer Außensicht zu kontrastieren. Gesamtanspruch ist es eine analytische, aber in der Expertenerfahrung fundierte Sprache für verkörpert-kreative Prozesse zu entwickeln. Damit unterstütz das Projekt den Transfer von Know- how, entwickelt visuelle Darstellungformen (zB für Museumspädagogik) und entwirft ein Modell der vielgestaltigen kognitiven Grundlagen handwerklicher Kompetenzen.
- Universität Wien - 14%
- Sigmund Freud Priv. Univ. - 86%
- Stefan Schneider, Universität Wien , assoziierte:r Forschungspartner:in