Wissenschaftsdisziplinen
Kunstwissenschaften (100%)
Keywords
-
Street,
Theatre space,
Central Perspective,
Harlequin,
19th-20th century,
Digitization
Zahllose Spielarten von Theater und wichtige szenische Entwicklungen der (westlichen) Mo- derne wurden durch Bezugnahmen auf die Straße, ihre Milieus, Räume und Verkehrsformen geprägt. Beispiele hierfür reichen von den Straßenszenen der Renaissance und den Auffüh- rungen der Commedia über die in den Pariser Passagen des 19. Jahrhunderts angesiedelten Theater oder Bertolt Brechts modellhafte Straßenszene bis hin zur Rollenden Road Show der Berliner Volksbühne und zu aktuellen Straßenperformances. Gegenstand des Forschungs- projekts sind daher diese vielfältigen Verbindungen zwischen Theater und Straße: In fünf Teilstudien, die sich je einer anderen Facette des Themas annehmen, werden beispielhafte Materialien erkundet und analysiert. Zwei historische Schlüsselperioden stehen dabei im Fokus: die Frühe Neuzeit und das späte 19. bis frühe 20. Jahrhundert. Denn beide Epochen waren durch tiefgreifende gesellschaftli- che Umbrüche und Verschiebungen gekennzeichnet, die mit Blick auf das Forschungsthema von besonderem Interesse sind. Zudem werden aktuelle Veränderungen des Raums Straße durch die Digitalisierung in den Blick genommen und gefragt, wie sich szenische Bezugnah- men auf die Straße mit diesen wandeln. Darüber hinaus ist für die Herangehensweise des Projekts die These einer doppelten Erb- schaft der Straße ausschlaggebend. Denn einerseits ist diese immer wieder ein Ort der Nicht- Sesshaftigkeit und nomadisierender Lebensweisen gewesen, z. B. von Vagabunden und Tramps, von fahrenden Leuten, Händlern und Schaustellern. Andererseits ist die Straße aber auch eng verknüpft mit Macht und Expansion, mit geometrischen Ordnungen und der Hierar- chisierung von Räumen. In allen fünf Teilstudien ist folglich die Frage zentral, wie sich diese beiden gegensätzlichen Aspekte der Straße in spezifischen theatergeschichtlichen Kontexten bemerkbar machen. Insgesamt verfolgt das Projekt einen interdisziplinären Ansatz, der theaterwissenschaftliche Fragestellungen mit Kultur-, Literatur-, Medien- und Geschlechtertheorien verbindet. Durch die Analyse einer Vielzahl von Quellen, darunter historische Texte, visuelle Darstellungen und moderne digitale Medien, soll die tiefgreifende Bedeutung der Straße für Theater ent- schlüsselt werden. Auch aktuelle gesellschaftliche Debatten werden einbezogen, um die Rele- vanz dieser historischen Perspektiven für Gegenwartsfragen zu verdeutlichen. Damit eröffnet Straßenszenen neue Perspektiven auf den vielschichtigen Gegenstand Theater und auf seine Verflechtungen mit gesellschaftlichen Realitäten und Entwicklungen.
- Leibniz Zentrum für Literatur- und Kulturforschung ZfL - 100%
- Matthias Warstat, Freie Universität Berlin - Deutschland
- Julia Prager, Technische Universität Dresden - Deutschland
- Juliane Vogel, Universität Konstanz - Deutschland
- Eric Nicholson - Italien