Evolutionäre Kompromisse im Becken von Menschen und Säugern
Evolutionary trade-offs in the human and mammalian pelvis
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (100%)
Keywords
-
Pelvis,
Human Childbirth,
3D geometric morphometrics,
Trade-Offs,
Phylogenetic Comparative Approach,
Obstetrical Dilemma
Die Geburt beim Menschen scheint schwieriger zu sein als bei vielen anderen Säugetieren. Dies ist zum Teil auf die Größe des Babys im Verhältnis zum Geburtskanal der Mutter zurückzuführen, d. h. den unteren Teil des Beckens (zwei Hüftknochen und das Kreuzbein). Manchmal ist dieser so eng, dass das Baby stecken bleibt und Mütter und Babys Verletzungen erleiden oder sogar sterben, vor allem wenn keine angemessene medizinische Versorgung zur Verfügung steht. Es ist rätselhaft, warum die natürliche Auslese diese Risiken nicht durch einen breiteren Geburtskanal verringert hat. Die Antwort liegt in dem Umstand, dass das menschliche Becken mehrere verschiedene Funktionen erfüllen muss und die optimale Größe und Form für jede dieser Funktionen unterschiedlich ist. Ein geräumigerer Geburtskanal ist für die Geburt von Vorteil, während niedrigere Beckenabmessungen u. a. für die Unterstützung des Beckenbodens oder die Fortbewegung auf zwei Beinen von Vorteil sein könnten, so dass diese Funktionen einen Kompromiss darstellen. In solchen Fällen neigt die natürliche Selektion dazu, den optimalen morphologischen Kompromiss zu bevorzugen. Allerdings ist noch nicht klar, welche genauen Funktionen bei der Evolution des menschlichen Beckens wichtig waren. Ich werde die Form des menschlichen Beckens im Vergleich zu dem anderer Säugetiere analysieren. Die menschlichen und nicht-menschlichen Beispiele unterscheiden sich in der Adult-Körpergröße, in der relativen Größe der Neugeborenen (winzig bei Beuteltieren bis zu fast der Hälfte der mütterlichen Körpermasse bei einigen Fledermäusen), in der Fortbewegung (vierfüßiges Laufen beim Geparden, langsames, hängendes Klettern beim Faultier usw.) und der Körperhaltung (z.B. kopfüber hängende Fledermäuse vs. aufrechte Menschen). Ich werde quantifizieren, wie die Beckenform im Verhältnis zu diesen verschiedenen Funktionen variiert, und so feststellen, welche Merkmale der Beckenform mit den verschiedenen (Kombinationen von) Funktionen verbunden sind, insbesondere auch Fortbewegung und Körperhaltung. Dies ist relevant für die seit Langem bestehende Frage, welche Aspekte während der Evolution des menschlichen Beckens besonders wichtig waren. Die Methoden umfassen eine Kombination von 3D-Koordinaten zur Erfassung der Beckengeometrie und multivariater Statistik. Wenn die Verbindungen zwischen den verschiedenen Beckenknochen flexibel sind, kann das Gesundheitsrisiken verringern, die durch einen zu engen Geburtskanal entstehen. Die unterschiedliche Flexibilität der Beckenknochenverbindungen bei Säugern ermöglicht es herauszufinden, unter welchen Bedingungen sie mehr oder weniger flexibel sind. Bei Arten mit relativ großen Neugeborenen ist der weibliche Beckenkanal deutlich größer als der männliche. Ob sich diese Anpassung bereits bei anzestralen eierlegenden Vorfahren entwickelt hat, soll ebenfalls getestet werden, indem die Geschlechtsunterschiede im Becken in Bezug auf Eiergröße bei Vögeln und Reptilien untersucht werden.
- Universität Wien - 100%
- Barbara Fischer, Universität Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
- Philipp Mitteröcker, Universität Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
- Frieder Mayer, Humboldt-Universität zu Berlin - Deutschland
- Anneke Van Heteren - Deutschland
- Irina Ruf - Deutschland