Abbau der Erde, Erwandern der Welt
Mining the Earth, Roaming the Globe
Wissenschaftsdisziplinen
Geschichte, Archäologie (25%); Philosophie, Ethik, Religion (25%); Soziologie (25%); Umweltingenieurwesen, Angewandte Geowissenschaften (25%)
Keywords
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Labour Migration,
Global History,
Mining History,
Early Modern History,
History of Capitalism,
History of Science
In der Frühen Neuzeit war die Zirkulation qualifizierter Arbeitskräfte für die Entwicklung der lokalen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Gerade bei der Gewinnung von Bodenschätzen im Bergbau entwickelten Fachleute von Unternehmen mit einer hohen Produktivitätsrate ein breites Spektrum an wirtschaftlichen, rechtlichen und ökologischen Praktiken. Diese Strategien wurden auf lokale Situationen übertragen und auf verschiedenen Ebenen diesen aufgezwungen und an sie angepasst. Es stellt sich deshalb die Frage, warum hochspezialisierte Arbeitskräfte in der Frühen Neuzeit an unbekannte Arbeitsorte in der ganzen Welt zogen. Wie prägten die Interaktionen verschiedener Gruppen von Personen mit Expertenwissen die Diskurse über Nachhaltigkeit in den Bergwerken? Das vorliegende Projekt versucht diese Fragen zu beantworten, indem es die Migration deutschsprachiger Bergleute in europäischen und kolonialen, spanischen Bergwerken in Südamerika im Zeitraum von 1500 bis 1800, untersucht. Die bisherige Forschung zur Bergbaugeschichte Mitteleuropas hat sich vor allem auf die Rolle neu entdeckter Metallvorkommen als treibende Kraft der Arbeitsmigration in Bergbaustädten konzentriert. Während diese Forschungen wesentlich zu unserem Verständnis der Bergbauaktivitäten in Sachsen, Österreich, Ungarn, der Slowakei und auf dem Balkan beigetragen haben, wurde der beträchtlichen Anzahl an Frauen und Männern, die hochproduktive Bergbaustätten in Richtung unbekannterer Standorte verließen, bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. So reisten beispielsweise deutschsprachige Bergleute - also solche, die sich durch den Gebrauch der deutschen Sprache oder eines ihrer Dialekte auszeichneten - in der Frühen Neuzeit über weite Strecken. Seit dem 16. Jahrhundert wurde diese Personengruppe aufgrund ihrer Fachkenntnisse im Bergbau und in der Metallurgie von Subunternehmern und staatlichen Behörden angeheuert oder migrierte individuell auf der Suche nach bisher unerschlossenen Mineralvorkommen. Das vorliegende Projekt möchte die Mobilitätsmuster und Arbeitserfahrungen deutschsprachiger Bergleute in drei verschiedenen Bergbauregionen untersuchen: in den englischen Kupferminen von Cumberland, in den kolonialen lateinamerikanischen Minen (insbesondere in der Karibik und Per) und in den Silberminen der Medici in der Toskana (Italien). Das Projekt gliedert sich in drei Abschnitte. Erstens werden Arbeitsverträge und Formen des Arbeitszwangs in frühneuzeitlichen Staaten und Imperien untersucht. Zweitens soll die bisher wenig Beachtung findende Arbeitstätigkeit von Frauen in frühneuzeitlichen Bergwerken Betrachtung finden. Die Arbeiterinnen waren an den lokalen Bergbauaktivitäten beteiligt und migrierten zusammen mit ihren Ehemännern und Bergwerksmannschaften. Drittens untersucht das Projekt die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Wissenstraditionen in europäischen und kolonialen Bergbaustätten. Es soll herausgestellt werden, wie die Geschichte lokaler und sogenannter nachhaltiger bottom-up Lösungen in Bergbaugemeinschaften die Abhängigkeiten zwischen natürlichen Landschaften und menschlichen Körpern in der frühen modernen Welt prägte. Das Projekt möchte zu einem disziplinenübergreifenden und global vergleichenden Verständnis der Rohstoffgewinnung in der Frühen Neuzeit beitragen. Dazu werden verschiedene methodische Ansätze aus der Wissenschaftsgeschichte, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der Arbeitergeschichte und der Geschlechtergeschichte genutzt, um die Arbeit und das Wissen von Männern und Frauen zu erforschen und das gemeinschaftsbezogene Bewusstsein zu beleuchten, das zu lokalen Diskussionen und Maßnahmen zur Nachhaltigkeit führte.
- Universität Wien - 100%
- Raquel Gil Montero - Argentinien
- Lyndal Roper, University of Oxford - Großbritannien