Zweisprachige Edition der Dioptra
Bilingual Edition of the Dioptra
Wissenschaftsdisziplinen
Medien- und Kommunikationswissenschaften (5%); Sprach- und Literaturwissenschaften (95%)
Keywords
-
Dioptra,
Middle Bulgarian,
Byzantine Theology and Natural History in Slavonic,
Church Slavonic Lexikology,
Digital Edition,
Morphological Annotation
Die Dioptra ist ein umfangreiches griechisches Lehrgedicht von über 7.000 Versen, das im Jahre 1095 von einem Mönch namens Philippos verfasst wurde. Das Werk besteht aus fünf Büchern. Das erste davon, das auch das mit Abstand kürzeste ist, bildet einen in sich abgeschlossenen Teil. In ihm wendet sich ein Mönch an seine Seele und ruft sie angesichts des Todes und der zu erwartenden Bestrafung oder Belohnung im Jenseits zu Reue und Buße auf. Die restlichen vier Bücher haben die Form eines Dialogs von Fleisch und Seele, wobei das Fleisch die Fragen der Seele beantwortet. Hier werden Themen behandelt wie Glaube und Buße, das Wesen von Körper und Seele sowie deren Verhältnis, das Kommen des Antichrist und die Auferstehung der Toten. Aufgrund ihrer thematischen Breite und Diversität stellt die Dioptra ein regelrechtes Kompendium des theologischen, aber auch des naturkundlichen Wissens ihrer Zeit dar. Dies machte sie zusammen mit der unterhaltsamen Darstellung als versifizierter Dialog offensichtlich insbesondere für Menschen ohne hohe theologische Bildung interessant. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Dioptra ins Kirchenslawische mittelbulgarischer Ausprägung übersetzt. Die slawische Version ist typisch für diese zweite Blütezeit der älteren bulgarischen Literatur. Sie imitiert das griechische Original möglichst exakt, wobei eine Sprache verwendet wird, die ein hohes Maß an schriftsprachlicher Reglementierung zeigt; die Entwicklungen, die die gesprochene Sprache durchgemacht hatte, kommen hingegen nur in geringem Ausmaß zum Vorschein. Jedoch war trotz der altertümlichen und am Griechischen orientierten Sprache der Inhalt des Werks für die slawischsprachige Leserschaft von so hohem Interesse, dass es rasch verbreitet und über lange Zeit händisch abgeschrieben wurde. Von der Popularität der slawischen Dioptra zeugen über 200 Abschriften, die im Laufe eines halben Jahrtausends in Bulgarien, Serbien, in der Moldau sowie im Gebiet der heutigen Ukraine, der Belarus und Russlands angefertigt wurden. Während der Text anfangs insbesondere in höheren Gesellschaftsschichten, sogar von Herrschern, gelesen wurde, interessierten sich ab dem 17. Jahrhundert Menschen aus dem einfachen Volk, Handwerker, Soldaten und insbesondere die von der Amtskirche abgespaltenen Altgläubigen, für das Werk. Gegenstand unseres FWF-Projekts ist die Herausgabe des gesamten slawischen Textes zusammen mit einem griechischen Vergleichstext, der der Vorlage der Übersetzung möglichst genau entspricht. Die Edition wird in gedruckter Form und digital erfolgen. Der erste Band der Druckversion wurde bereits publiziert. Die digitale Version wird online verfügbar gemacht, und das in einer annotierten Form, die eine Suche nach Wörtern und nach grammatischen Kategorien ermöglicht.
- Universität Innsbruck - 100%
- Heinz Miklas, Universität Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
- Eirini Afentoulidou, Österreichische Akademie der Wissenschaften , nationale:r Kooperationspartner:in
- Alek Keersmaekers - Belgien