Hellenistisch-römischer Stadtmauerbau in Kleinasien.
Hellenistic-Roman City Fortifications in Asia Minor
Wissenschaftsdisziplinen
Bauwesen (20%); Geschichte, Archäologie (80%)
Keywords
-
City Walls,
Gates,
Asia Minor,
Urbanism,
Pottery Typology,
Contextual Analysis
Das Osttor von Side gehört zu einem durchdachten Befestigungssystem, das aus einer Landmauer, einer Seemauer, dem Haupttor und dem Osttor besteht. Das Bauwerk wirkt zunächst sehr einheitlich und kompakt konzipiert, sodass die vom ersten Ausgräber Arif Müfid Mansel festgesetzte Datierung in hellenistische Zeit von den nachfolgenden Forschern nie angezweifelt wurde. Das Institut für Archäologie der Universität Graz unter der örtlichen Leitung der Antragstellerin führt seit 2011 in Side Untersuchungen am östlichen Stadttor bzw. Osttor durch. Im Rahmen von mehrwöchigen archäologischen Ausgrabungen wurden innerhalb und außerhalb des Tores insgesamt acht Sondagen angelegt, die Aufschluss über die Stratigraphie, Bauphasen und Struktur der Anlage geben sollen. Die Ergebnisse der Ausgrabungen ergaben, dass die von A.M. Mansel vorgeschlagene Datierung für die sichtbare Toranlage nicht bestätigt werden kann, sondern mit einer Erbauungszeit ab frühestens augusteischer Zeit zu rechnen ist. Die spätere Datierung in römische Zeit erfordert nun eine Neubetrachtung des gesamten Befestigungssystems von Side. Es ist zu hinterfragen, ob die gesamte Befestigungsanlage mit Haupttor, Osttor und Landmauer bzw. Seemauer gleichzeitig geplant wurden und gleichzeitig entstanden sind. Arif Müfid Mansel führte als Anlass für den Bau der Anlage den Frieden von Apameia 188 v. Chr. an. Dieser historische Anlass ist allerdings mit dem archäologischen Befund aus dem Osttor von Side keinesfalls aufeinander abzustimmen. Ob der Bau der Anlage mit dem Wirken des Amyntas in Pamphylien zusammen hängt oder in Anlehnung an die Befestigungsanlagen der benachbarten pamphylischen Städte wie z. B. Perge oder Sillyon entstanden ist, ist unter anderem ein Ziel der Untersuchung. Außerdem werden die Aufarbeitung der stratigraphischen Grabungen am Osttor sowie die Erarbeitung der Nutzungsgeschichte des Osttores in Hinblick auf die Stadtgeschichte von Side wichtige Forschungsziele sein. Ein zusätzlicher Punkt ist die Eingliederung des Osttores in die Reihe der bekannten Hoftore und in weiterer Folge die Erstellung einer neuen Chronologie und Typologie der sogenannten hellenistischen Hoftore und spätere Entwicklungen. Bemerkenswert ist hier vor allem die Änderung in der Nutzung des Tores, das offensichtlich konzipiert für einen öffentlichen Raum zu einem Bau für private Nutzung mutierte. Wie dieser Vorgang in Hinblick auf eine Änderung in der gesamten Stadtstruktur zu bewerten ist und welche Konsequenzen dadurch entstehen sind Teile der Untersuchungen. Die Vorlage des Grabungsbefundes und des Fundmaterials soll als Grundlage für weitere vertiefende Forschungen auch für die umliegenden Städte herangezogen werden können. Die Bedeutung des Osttores Tores über Side hinaus liegt darin, dass durch die Erstellung einer genauen Chronologie und der einzelnen Bauphasen die Stellung des Tores innerhalb Architekturlandschaft Kleinasiens bewertet werden kann. Diese Fragestellungen werden mit der Bearbeitung des Grabungsbefundes, mit einer detaillierten Bauanalyse und Fundaufarbeitung in Zusammenarbeit mit Spezialisten für Kleinfunde und Münzen verfolgt.
Hellenistisch-römischer Stadtmauerbau in Kleinasien. Entwicklungslinienund Funktionswechsel im Lichte der stratigraphischen Untersuchungen am Osttor von Side Ute Lohner-Urban Das Osttor von Side an der türkischen Südküste gehört zu einem durchdachten Befestigungssystem, das aus einer Landmauer, einer Seemauer, dem Haupttor und dem Osttor besteht. Es handelt sich dabei um ein sehr monumentales Stadttor ein Hoftor nach der gängigen Terminologie, dessen Mauern und Gewölbe bis zu einer Höhe von 6-10 m erhalten sind. Das Bauwerk wirkt zunächst sehr einheitlich und kompakt konzipiert und wurde stets mit monumentalen Hoftoren aus klassisch -hellenistischer Zeit verglichen, sodass die vom ersten Ausgräber Arif Müfid Mansel festgesetzte Datierung in hellenistische Zeit von den nachfolgenden Forschern nie angezweifelt wurde. Seit 2011 laufen die archäologischen Untersuchungen am Befestigungssystem von Side. Ausgrabungen am östlichen Stadttor bzw. Osttor und an der Landmauer von Side ergaben allerdings keine Hinweise für eine hellenistische Datierung. Nach genauer Auswertung des Fundmaterials ist vielmehr mit einer Errichtung ab dem 1. Jh. n. Chr. zu rechnen. Damit ist die Errichtung der Landmauer und das Osttor direkt mit der Stadterweiterung Sides in flavischer Zeit in Verbindung zu bringen. Darauf weisen auch die Bogenarchitektur und die Verwendung von Gurtgesimsen als Fassadengliederung hin, die ihre Entsprechung in der spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Architektur in Italien finden. Die weitere Bedeutung des Osttores im urbanistischen Kontext manifestiert sich schließlich durch einen monumentalen Ausbau der Anlage im 4./5. Jh. n. Chr. Dieser Vorgang ist mit der Errichtung des Bischofspalastes in Side in Verbindung zu bringen, mit dem das Osttor auch ein orthogonales Ensemble bildet. Wesentlich für die Anfangsdatierung der Anlage war die Bearbeitung der sogenannten Cypriot Sigillata, die im Zuge der Ausgrabungen in einer repräsentativen Menge zutage trat. So konnten häufig auftretende Gefäßformen nach unterschiedlichen Fabrikaten unterteilt werden. Indem diese Keramikfragmente den stratigraphischen Einheiten zugeordnet werden konnten, ergab sich eine Anfangsdatierung der Anlage im 1. Jh. n. Chr.
- Universität Graz - 100%
- Katja Piesker, Deutsches Archäologisches Institut - Deutschland
- Ahmet Tolga Tek, Anadolu University - Türkei
- Alptekin Oransay, Anadolu University - Türkei
- Hüseyin Alanyali, Anadolu University - Türkei
Research Output
- 7 Publikationen
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2020
Titel Zwischen Bruch und Kontinuität : Architektur in Kleinasien am Übergang vom Hellenismus zur römischen Kaiserzeit : internationale Tagung an der Universität Graz, 26.-29. April 2017 = Continuity and change : architecture in Asia Minor during the transitional period from Hellenism to the Roman Empire Typ Book Autor Lohner-Urban U. editors Lohner-Urban U. Verlag Ege Yayinlari -
2020
Titel Bogenarchitektur als intendierter Eyecatcher im Stadtbild von Side; In: Akten des 17. Österreichischen Archäologentages am Fachbereich Altertumswissenschaften, Klassische und Frühägäische Archäologie der Universität Salzburg vom 26. bis 28. Februar 2018 Typ Book Chapter Autor Lohner-Urban U. Verlag Eigenverlag Universität Salzburg, Fachbereich Altertumswissenschaften Seiten 305-316 -
2020
Titel Das Osttor von Side - Entwicklungslinien der pamphylischen Hoftore am Übergang vom Späthellenisums zur römischen Kaiserzeit.; In: Zwischen Bruch und Kontinuität : Architektur in Kleinasien am Übergang vom Hellenismus zur römischen Kaiserzeit : internationale Tagung an der Universität Graz, 26.-29. April 2017 = Continuity and change : architecture in Asia Minor during the transitional period from Hellenism to the Roman Empire Typ Book Chapter Autor Lohner-Urban U. Verlag Ege Yayinlari Seiten 251-269 -
2020
Titel Hellenistic Central Anatolian Banded Ware - a sign of cultural identity in Central Anatolia during the Late Hellenistic period.; In: Exploring the Neighborhood. The Role of Ceramics in Understanding Place in the Hellenistic World. The Role of Ceramics in Understanding Place in the Hellenistic World. Proceedings of the 3rd Conference of IARPotHP Kaštela, June 2017, 1st - 4th Typ Book Chapter Autor Lohner-Urban U. Verlag Phoibos Verlag Seiten 615-622 -
2021
Titel The Art of Siege Warfare and Military Architecture from the Classical World to the Middle Ages DOI 10.2307/j.ctv13nb9q8.15 Typ Book Chapter Verlag Oxbow Books -
2019
Titel Die "Hellenistische Blüte" in Side und Tavium aus archäologischer Sicht.; In: Antiquitates variae. Festschrift für Karl Strobel zum 65. Geburtstag Typ Book Chapter Autor Lohner-Urban U. Verlag Verlag Marie Leidorf GmbH Seiten 199-209 Link Publikation -
2017
Titel Cityscapes and Monuments of Western Asia Minor - Memories and Identities DOI 10.2307/j.ctvh1dmgk.16 Typ Book Chapter Verlag Oxbow Books