Conventazzo (Torrenova, Italien): Archäologie und Geschichte
Conventazzo (Torrenova, Italy) - Archaelogy and History
Wissenschaftsdisziplinen
Geschichte, Archäologie (45%); Kunstwissenschaften (15%); Sprach- und Literaturwissenschaften (40%)
Keywords
-
BYZANTINE STUDIES,
MONASTERIES,
BYZANTINE,
SICILY,
MEDIEVAL,
VAL DEMONE,
SICILY,
ARCHAEOLOGY,
MEDIEVAL,
BYZANTINE
Sizilien erbrachte im ausgehenden 19. Jahrhundert pionierhaft Erkenntnisse zur Archäologie und Siedlungsforschung des byzantinischen Raumes, Diese Vorreiterrolle fand bedauerlicherweise seitdem keine Fortsetzung, verkehrte sich sogar ins Gegenteil. Auch die Mittelalter-Archäologie, welche in den vergangenen drei Jahrzehnten auf Westsizilien mehrfach Stätten des lateinischen und arabischen Kulturkreises dokumentierte, verabsäumte es bislang, analoge Studien im stark griechisch geprägten Ostteil der Insel zu initiieren. Das beantragte Projekt "Conventazzo (Torrenova, Italien): Archäologie und Geschichte" will über einen ersten Beitrag in diesem Bereich (für den die sizilianische Denkmalbehörde erstmalig eine fünfjährige Grabungskonzession erteilt hat) hinaus mittels eines dreifach interdisziplinären Ansatzes impulsgebend für weitere Studien dieses Typs sein. Kernvorhaben ist die von modernster Prospektionsmethodik (Erdradarverfahren) unterstützte Ausgrabung einer klösterlichen Wirtschaftseinheit im chronologischen Längsschnitt von den spätantiken Wurzeln (Villa einer Latifundie) bis ins ausgehende Mittelalter, welche eingebettet ist in die wissenschaftliche Betrachtung des kommunikativ umgebenden Siedlungsraumes (zentrales Val Demone). Historisch-topographische Bestandserfassung nach dem bewährten, vielfach FWF-geförderten Konzept der Tabula Imperii Byzantini und Surveytechnik werden hierzu kombiniert; die architektonisch-kunsthistorische Analyse des auf dem Grabungsareal erhaltenen Oktogons rundet das Studienensemble von Byzantinistik, Mittelalter-Archäologie und Kunstgeschichte ab.
Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Byzantinistik zur universitären Wissenschaftsdisziplin wurde, war Sizilien einer der ersten Regionen des einstigen Reiches, aus der Studien zur historischen Geographie und zu archäologischen Kleinfunden vorgelegt wurden. Diese Tradition nach langer Unterbrechung fortzuführen und neue Impulse zu setzten war das gegenständliche Projekt bemüht. Es untersuchte das ehemalige Kloster von S. Pietro di Deca (Gemeinde Torrenova, Provinz Messina), das schriftlich vom 12. Jahrhundert an dokumentiert ist, wobei zufällige Funde ringsum aber frühere Anfänge schon in der Spätantike nahelegten. Den Grabungskampagnen von 2002-2004 gelang es diese Vermutung zu verifizieren. Es konnten zwei aufeinander folgende Kirchenbauten mit Apsiden freigelegt werden. Das Bindeglied zu einem früheren, bis ins 7. Jahrhundert genutzten Wohn- und Wirtschaftskomplex nahebei (festgestellt durch eine Georadar-Analyse 2001, ergraben ansatzweise 2002), bei dem es sich wahrscheinlich originär um einer römische villa rustica handelt, bildete der sogenannte Conventazzo. So wird ein außen oktogonales, innen rundes Bauwerk mit acht Nischen und Kuppel bezeichnet, dass bis heute erhalten geblieben ist. Die architektonische und photogrammetrische Analyse ergab dort mehrere Bauphasen, in deren Verlauf das Oktogon mit der Klosterkirche baulich verbunden wurde. Insgesamt trifft man in S. Pietro di Deca eine Siedlungs- und Kultkontinuität von der Antike bis ins 17. Jahrhundert an, die ein reiches Fundspektrum hinterlassen hat. In seiner Abfolge samt den quantitativen und qualitativen Höhen und Tiefen gewährt es wissenschaftlichen Einblick in die historisch-ökonomische Entwicklung an einem einzigen Ort als selten gut erhaltenes Musterbeispiel für andere derartige Anlagen, welche die einstigen Lebensstrukturen im provinziellen Raum gemeinhin wesentlich mitprägten.
- Universität Wien - 100%