Propriozeption in den äußeren Augenmuskeln der Säugetiere
Proprioception in Extraocular Muscles of Mammals
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (80%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (20%)
Keywords
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Oculomotor system,
Proprioception,
Extraocular muscles,
Palisade endings,
Molecular analyses,
Physiological analyses
Die Augen gehören zu den komplextesten Organen des menschlichen Körpers und erlauben uns Objekte in Farbe, Form und Detail wahrzunehmen. Zusätzlich erlaubt binokulares Sehen abzuschätzen wo sich Objekte im Raum befinden. Das ist die Vorrausetzung um zielgerichtet nach ihnen zu greifen oder Hindernissen auszuweichen. Für die räumliche Lokalisation von Objekten benötigt das Gehirn sowohl visuelle Information als auch Kenntnis in welche Richtung die Augen blicken. Die Augen werden von drei Augenmuskelpaaren bewegt. Es wird angenommen, dass Rückmeldung über die aktuelle Augenposition von speziellen Sensoren (Propriozeptoren) in den Augenmuskeln kommt. Überraschenderweise fehlen klassische Propriozeptoren in den Augenmuskeln der meisten Säugetiere und stattdessen findet man sogenannte Palisadenendigungen. Palisadenendigungen sind spezialisierte Nervenendigungen, die mit Ausnahme der Nagetiere in allen anderen Säugetieren inklusive des Menschen vorkommen. Jahrelang herrschte Einigkeit darüber, dass die Palisadenendigungen Sensoren sind und das Gehirn über die Augenposition informieren. Diese sensible Funktion der Palisadenendigungen wurde in Frage gestellt nachdem unsere Untersuchungen zeigten, dass Palisadenendigungen molekulare Merkmale motorischer Nervenendigungen besitzen und ihr Ursprung in einem motorischen Areal des Hirnstamms liegt. Diese Befunde haben die Diskussion über Palisadenendigungen neu entfacht und bis heute ist ihre Funktion nicht geklärt. Das beantragte Projekt setzt unsere Untersuchungen an Palisadenendigungen fort und umfasst eine internationale Kooperation mit den Professoren Angel Pastor und Rosa de la Cruz von der Universität Sevilla. Ein Teil des Projektes soll prüfen ob die Entwicklung der Palisadenendigungen genetisch determiniert oder von äußeren (epigenetischen) Faktoren beeinflusst wird. Der Schwerpunkt des Projektes befasst sich mit der Funktion der Palisadenendigungen. Ausgehend von zwei Hypothesen sollen geklärt werden ob Palisadenendigungen eine sensible oder motorische Funktion haben. Für unsere Analysen werden wir Techniken verwenden, die gegenwärtig state oft the art sind und molekulare und elektrophysiologische Experimente beinhalten. Die Ergebnisse in diesem Projekt werden dazu beitragen die lang anhaltende Debatte über die Funktion der Palisadenendigungen zu beenden. Darüber hinaus kommen Palisadenendigungen auch in den Augenmuskeln des Menschen vor und werden oftmals bei Schieloperationen verletzt. Deshalb ist das Wissen über die Funktion der Palisadenendigungen auch für Schielchirurgen von Bedeutung.
Das Auge ermöglicht uns die Umwelt wahrzunehmen. Die Funktion des Sehens ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn wir wissen in welche Richtung unsere Augen blicken. Die Information über die Augenposition ist Voraussetzung um die Position von Objekten im Raum zu bestimmen. Im täglichen Leben ist es wichtig zu wissen ob sich ein Objekt vor oder neben mir befindet. Ist es vor mir, muss ich ausweichen, ist es neben mir, kann ich meinen Weg fortsetzen. Die Augen werden durch Muskeln (Augenmuskeln) bewegt und es wird angenommen, dass spezielle Sensoren in den Augenmuskeln Information über die Augenposition liefern. Kandidaten, für die Wahrnehmung der Augenposition, sind spezialisierte Nervenendigungen (Palisadenendigungen), die sich am Muskel-Sehnen-Übergang der Augenmuskeln befinden. Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe haben jedoch gezeigt, dass Palisadenendigungen molekulare Merkmale von motorischen Nervenendigungen besitzen und in motorischen Hirnarealen ihren Ursprung haben. Diese Untersuchungen haben die Frage nach der Funktion der Palisadenendigungen neu eröffnet und es nicht klar ob sie Sensoren oder Effektoren sind. Palisadenendigungen fehlen bei Geburt und entwickeln sich in den ersten Monaten nach der Geburt. Dieses Projekt hatte 2 Ziele. Erstens, zu untersuchen ob die Entwicklung der Palisadenendigungen durch äußere Faktoren beeinflusst werden kann und zweitens, durch molekulare und physiologische Experimente die Funktion dieser Strukturen zu klären. Im ersten Projektziel (Entwicklung der Palisadenendigungen) wurden Tiere nach der Geburt für mehrere Wochen in Dunkelheit aufgezogen. In einer anderen Tiergruppe wurden die Augenbewegungen gehemmt. Es zeigte sich, dass Lichtentzug keinen Einfluss auf die Entwicklung der Palisadenendigungen hat während eine Blocke der Augenbewegungen die Entwicklung der Palisadenendigungen verzögert. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Augenbewegungen und nicht visuelle Erfahrungen für die Entwicklung der Palisadenendigungen wichtig sind. Im zweiten Projektziel (Funktion der Palisadenendigungen) konnte mit Hilfe von molekularen Markern gezeigt werden, dass Palisadenendigungen Schlüsselproteine für die Abgabe von Neurotransmitter (Azetylcholin) besitzen. Überaschenderweise wurden keine Rezeptoren für den abgegebenen Neurotransmitter gefunden. Die Ergebnisse müssen dahingehend interpretiert werden, dass Palisadenendigungen zwar Acetylcholin abgeben, der Neurotransmitter jedoch entweder an bisher unbekannte Rezeptoren bindet oder eine rezeptorunabhängige modulierende Funktion hat. In einem weiteren Experiment wurde den die Augenmuskeln am Muskel Sehnen Übergang (Ort der Palisadenendigungen) elektrisch stimuliert und gemessen ob Signale von den Palisadenendigungen im Gehirn ankommen. Es zeigte sich, dass keine Signale von den Palisadenendigungen das Gehirn erreichen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass molekulare und physiologische Untersuchungen eine effektorische und keine sensorische Funktion der Palisadenendigungen favorisieren. Obwohl die genaue Funktion der Palisadenendigung noch unklar ist, deuten Befunde darauf hin, dass sie bei Konvergenzbewegung der Augen wie sie zum Beispiel für die Fokussierung nahgelegener Objekte oder beim Lesen notwendig sind, eine Rolle spielen. Es sind weitere Untersuchungen notwendig um die genaue Funktion der Palisadenendigung zu klären.
- Johannes Streicher, Karl Landsteiner Priv.-Univ. , assoziierte:r Forschungspartner:in
Research Output
- 10 Zitationen
- 5 Publikationen
- 1 Methoden & Materialien
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2024
Titel Sensory and Motor Features of the Oculomotor System Typ PhD Thesis Autor Genova Carrero-Rojas -
2021
Titel MIF versus SIF Motoneurons, What Are Their Respective Contribution in the Oculomotor Medial Rectus Pool? DOI 10.1523/jneurosci.1480-21.2021 Typ Journal Article Autor Carrero-Rojas G Journal The Journal of neuroscience : the official journal of the Society for Neuroscience Seiten 9782-9793 -
2020
Titel Palisade Endings Have an Exocytotic Machinery But Lack Acetylcholine Receptors and Distinct Acetylcholinesterase Activity DOI 10.1167/iovs.61.14.31 Typ Journal Article Autor Blumer R Journal Investigative Ophthalmology & Visual Science Seiten 31-31 Link Publikation -
2022
Titel Eye Movements But Not Vision Drive the Development of Palisade Endings. DOI 10.1167/iovs.63.11.15 Typ Journal Article Autor Calvo Pm Journal Investigative ophthalmology & visual science Seiten 15 Link Publikation -
2023
Titel Proprioceptors in extraocular muscles DOI 10.1113/ep090765 Typ Journal Article Autor Blumer R Journal Experimental Physiology Seiten 17-26 Link Publikation
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0
Titel whole mount staining of muscle tissue Typ Antibody Öffentlich zugänglich