Karl Tschuppik: Biobibliographische Grundlagensicherung
Karl Tschuppik - a bio-bibliographical approach
Wissenschaftsdisziplinen
Geschichte, Archäologie (50%); Medien- und Kommunikationswissenschaften (30%); Sprach- und Literaturwissenschaften (20%)
Keywords
-
Tschuppik Bibliography Journalism Interwar period
Karl Tschuppik (1876 Horovice / Horschowitz, Böhmen1937 Wien) hat drei Jahrzehnte hindurch und über drei Staatsformen hinweg österreichische Belange aus der Perspektive eines (gesellschaftspoli- tisch) liberalen Bürgerlichen hellsichtig und in einer Dichte glossiert und kommentiert, die einzigartig sein dürfte: unter anderem als Chefredakteur des Prager Tagblatts (19101917) und der Wiener Tageszeitung Die Stunde (1923 bis 1926), als leitender Redakteur des Berliner Montag Morgen (19271933) sowie als gefragter Beiträger so renommierter Periodika wie der Frankfurter Zeitung, der Literarischen Welt (Berlin), des Tage-Buchs (Berlin) und des Querschnitts (Berlin). Unter den Zeitgenossen herrschte über die herausragende Bedeutung des Publizisten Einigkeit. Und seit 1982, seit Klaus Amann 62 Artikel Tschuppiks in einem Band (Karl Tschuppik: Von Franz Joseph zu Adolf Hitler) versammelt und herausgegeben hat, ist klar, dass, wer sich mit den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Zwischenkriegszeit beschäftigt, an Tschuppik nicht vorbeikommt. Allerdings sind seine journalistischen Arbeiten zum allergrößten Teil unzugänglich, weil sie auf etwa fünfzig, teils entlegene Zeitungen und Zeitschriften verstreut sind. Motiviert war Amanns Teilsammlung als Wiedergutmachung an einem völlig zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Unbequemen, der in der Zeit zwischen den Kriegen couragiert vor der Gefährdung der Demokratie und des Parlamentarismus, vor der Zerstörung der europäischen Zivilisation gewarnt hatte. Tschuppik verortete die Bedrohung in der im Gefolge des Ersten Weltkriegs und der wirtschaftlichen Dauerkrise erodierten gesellschaftlichen Mitte, in der Rebellion des entwurzelten Bürgers, des enttäuschten Angestellten, des stellenlosen Gehilfen, des hoffnungslosen Studenten und Lehramtskandidaten; eine Rebellion, die national schrie, obwohl [sie] es sozial meinte (Tschuppik 1935). Allein die Rückbesinnung auf zivilisatorische Standards, die Tschuppik unter den Begriff Europa fasste, allein eine solidarische Koalition des Europäertums hätte dem Einhalt gebieten können, was sich Mitte der 1930er Jahre abzeichnete. Tschuppik 1936 rhetorisch fragend: Werden wir wieder durch Ströme von Blut waten? Werden wir unter Ruinen von neuem beginnen müssen? Dauerthema seiner publizistischen Arbeit: die Österreich-Idee, und das in vehementer Abgrenzung zur ständestaatlichen Ideologie der deutschen Kulturnation, innerhalb derer Österreich der zweite deutsche Staat war. Dauerthema auch: Anfeindungen von völkisch-nationalistischer Seite. Tschuppik firmierte 1933 gleich auf der ersten Schwarzen Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums. Die Personalbibliographie ist Grundlage für die wissenschaftliche Aufarbeitung des Werks eines österreichischen Journalisten von europäischem Format und Basis einer umfassenden Edition, die den Kanon um einen zentralen Publizisten der österreichisch-ungarischen Monarchie, der Ersten Republik und des Ständestaats ergänzen wird.
Ziel des Projekts war die Sicherung des über dutzende Druckorte verstreuten journalistischen Werks Karl Tschuppiks, also die Erstellung einer Personalbibliographie, die Vollständigkeit anstrebt. Dazu wurden an bereits bekannten Druckorten die Jahrgänge, in denen Publikationen Tschuppiks zu vermuten waren, komplett auf Papier, Mikrofilm und, wo möglich, digital durchgesehen. Zudem wurde extensiv nach bislang nicht bekannten Druckorten gesucht, soll heißen, es wurden an verdächtigen Periodika über große Zeiträume Stichproben gezogen. Die (vorläufige) Bilanz: 2.620 Texte an 75 Druckorten wie: Prager Tagblatt, Arbeiter-Zeitung [Wien], Montagsblatt aus Böhmen [Prag], Frankfurter Zeitung, Neues Wiener Tagblatt, Morgenzeitung und Handelsblatt [Mährisch-Ostrau], Der Friede [Wien], Der Neue Tag [Wien], Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, Die Börse [Wien], Das Tage-Buch [Berlin], Die Stunde [Wien], Der Querschnitt [Berlin], Die Literarische Welt [Berlin], Montag-Morgen [Berlin], Süddeutsche Sonntagspost [München], Der Tag [Wien] resp. Der Wiener Tag. Vier Jahrzehnte hindurch und über drei Staatsformen hinweg hat Karl Tschuppik (1876 Horovice / Horschowitz, Böhmen1937 Wien) österreichische Belange aus der Perspektive eines (gesellschaftspolitisch) liberalen Bürgerlichen hellsichtig und in einer Dichte glossiert und kommentiert, die einzigartig sein dürfte: unter anderem als Chefredakteur des Prager Tagblatts (19101917) und der Wiener Tageszeitung Die Stunde (1923 bis 1926) sowie als leitender Redakteur des Berliner Montag Morgen (19271933). In der Zeit zwischen den Kriegen warnte er couragiert vor der Gefährdung der Demokratie und des Parlamentarismus, vor der Zerstörung der europäischen Zivilisation. Er wurde nicht müde, in einer Zeit überhandnehmenden gesellschaftlichen Rigorismus und politischer Illiberalität die Demokratie als eine Form der höheren Kultur zu verteidigen und die humane Toleranz der demokratischen Republik und der Unantastbarkeit des Prinzips der geistigen Freiheit das Wort zu reden. Die Personalbibliographie ist Grundlage für die wissenschaftliche Aufarbeitung des Werks eines österreichischen Journalisten von europäischem Format und Basis einer umfassenden Edition, die längst überfällig ist.
- Universität Wien - 100%