Gina Kaus - Edition und Textanalyse
Gina Kaus - edition and text-analysis
Wissenschaftsdisziplinen
Rechtswissenschaften (10%); Soziologie (10%); Sprach- und Literaturwissenschaften (80%)
Keywords
-
Gina Kaus,
Text-Collection And -Edition,
Textsammlung und -edition,
Inter-War Period,
Zwischenkriegszeit
Gina Kaus (1893-1985), eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen der Zwischenkriegszeit, wurde von wissenschaftlicher Seite lange Zeit stiefmütterlich behandelt, da ihre Texte als Unterhaltungsliteratur kategorisiert wurden, was ihnen eine Aufnahme in den Literaturkanon verwehrt(e). Diese Kategorisierung überschattet jedoch das literarästethisch anspruchsvolle Schaffen einer Autorin, die tiefgründige psychische Vorgänge in spannenden Erzählformen literarisiert und damit die vieldiskutierte Dichotomie von Kunst- und Unterhaltungsliteratur auflöst. Weiters gilt es, Gina Kaus als scharfsichtige Beobachterin und Kritikerin von in den 1920er- und 1930er-Jahren aktuellen Themen, wie z.B. der Genderfrage, dem Bild der "Neuen Frau" oder sozialen und gesellschaftspolitischen Missständen, zu entdecken. Im Zuge des Projekts sollen sämtliche in diversen Archiven und Institutionen verstreuten Materialen gesammelt sowie ihre in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten Artikel, Feuilletons, Romane, Kurzgeschichten und Novellen ermittelt werden. Diese Texte, die bisher nur verstreut publiziert waren, sollen als CD-ROM editiert werden. Zusätzlich zu dieser Textsammlung soll eine eingehende Analyse aller Texte vorgenommen werden, die als längst überfällige Monographie zu Gina Kaus publiziert werden soll. Ziel des vorliegenden Projekts ist es, Gina Kaus` Bedeutung und Relevanz für die Literatur- und Kulturgeschichte des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts zu erschließen. Da sich Kaus in ihren Texten besonders für anthropologische Grundthemen wie Liebe, Körperlichkeit, Geschlechterrollen, zwischenmenschliche Kontakte und Konflikte etc. interessiert, wirken diese als Teil der Gesamtkultur an der Konstitution, Tradierung und Veränderung von kulturellen Sinn- und Zeichenbildungen mit. Die Texte sollen dabei weniger als Quellen oder Dokumente für alltagsgeschichtliche Phänomene gelesen werden, sondern als Formen der kulturellen Selbstwahrnehmung und - thematisierung, als eine Möglichkeit, Kultur zu beobachten. Die Bedeutung dieses Projekts ist auf verschiedenen Ebenen angesiedelt. Zum einen gilt es, wissenschaftliche Lücken in der Grundlagenforschung zu Gina Kaus zu schließen und sie als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Autorinnen der Zwischenkriegszeit zu erkennen. Die Basis hierfür ist eine vollständige Bibliographie all ihrer Texte, die im Zuge dieses Projekt erstmals erstellt wird. Damit wird das bereits vorhandene Wissen über diese Schriftstellerin zum einen komplettiert, aber genauso der Blick auf neue, in der Forschung bisher noch nicht berücksichtigte Texte geöffnet. In diesen Prosaskizzen und Essays schildert, kommentiert und analysiert Kaus das gesellschaftliche Leben der zwanziger und dreißiger Jahre kritisch. Kaus` literarisches Talent, das über kommerzielles Schreiben am Fließband hinausgeht, ist anzuerkennen. Gleichzeitig soll aber auch dem Erfolg ihrer Romane in der zeitgenössischen Rezeption Rechnung getragen werden. Bezüge zwischen Kaus` Erzähltexten und ihren journalistischen Arbeiten leisten einen weiteren Beitrag, diese Schriftstellerin aus dem Umfeld trivialer Unterhaltungsliteratur herauszulösen. Indem der Schwerpunkt auf jene Texte gelegt wird, die Kaus in den 1920er- und 1930er-Jahren verfasste, wird ein Aspekt im Schaffen dieser Schriftstellerin erschlossen, der bisher in der Forschung noch keine Beachtung gefunden hat.
Gina Kaus (1893-1985) ist heute eher als Freundin bedeutender Männer denn als eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen der 1920er- und 1930er-Jahre bekannt. Von wissenschaftlicher Seite wurde sie lange Zeit ignoriert, da ihre Texte als Unterhaltungsliteratur kategorisiert wurden und aus dem Literaturkanon ausgeschlossen blieben. Weitgehend unbekannt ist auch ein Großteil ihres Werkes, das neben ihren Romanen auch Dramen sowie zahlreiche Kurzgeschichten, Feuilletons, Rezensionen und Artikel zu pädagogischen und psychologischen Themen umfasst. Im Zuge dieses Projektes wurden viele dieser Texte in Archiven sowie Publikationsorganen der Zwischenkriegszeit wiederentdeckt und in einer Auswahl in Buchform ediert. Zusätzlich wurde in monographischer Form eine vollständige Bestandsaufnahme und Analyse von Kaus literarischem und publizistischem Schaffen innerhalb literar- und kulturgeschichtlicher Kontexte der deutschen Weimarer Republik und der österreichischen Ersten Republik vorgenommen. So ist der breite Erfolg von Kaus Romanen nicht als Gradmesser für deren literarische Qualität zu sehen, sondern muss als Zeitphänomen betrachtet werden, denn es entspricht den Forderungen der Neuen Sachlichkeit, der sich Kaus poetologisch verbunden zeigt, rezeptionsästhetische Aspekte beim Schreiben miteinzubeziehen. Zeittypisch ist auch ihre Themenwahl, die mentalitäts- und gesellschaftsgeschichtlich relevante Sujets der Zwischenkriegszeit in Österreich und Deutschland reflektiert. So verhandelt Kaus in ihren TextendenVerfallmonetärer und moralischer Werte, dasgewandelte Geschlechterrollenverständnis,den gelockerten Ehediskursundversachlichte Liebesbeziehungen oder basierend auf der in den 1920er-Jahren in Wien boomenden IndividualpsychologieAlfredAdlers auch psychologischeundpädagogische Fragestellungen. Kaus gelingt es, verschiedenartige Phänomene der Zwischenkriegszeit symbiotisch zu verbinden, sie verknüpft individualpsychologische Theoreme und neusachliche Postulate: Ihre Artikel und Kurzgeschichten, in denen sie Aspekte der kindlichen Entwicklung, Erziehungsfragen oder neurotische Phänomene erörtert, erscheinen auch außerhalb pädagogischer und psychologischer Fachorgane in internationalen Tageszeitungen und mondänen Magazinen, wo sie von einem großen Laienpublikum rezipiert werden können. Sie versteht Sachlichkeit über poetologische Programmatik hinaus auch als auf moralischen und ethischen Grundsätzen basierende Lebenshaltung, die ihr reales soziales und kulturpolitisches Engagement motiviert. Kaus verbindet ihre Kritik an Kapitalismus, Finanz- und Wirtschaftspolitik, Spekulationsgeschäften und Korruption, sozialer Ungerechtigkeit und aktuellen gesellschaftspolitischen Problemen wie Wohnungsnot und Mietzinswucher mit Einflüssen der sozial orientierten Individualpsychologie und ihrer sachlichen Lebenshaltung, die einen kritisch-engagierten Standpunkt in Literatur und Praxis postuliert.
- Universität Wien - 100%
Research Output
- 2 Publikationen
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2009
Titel Aus der neusachlichen Beziehungskiste - Facetten der Eifersucht in Gina Kaus' kleiner Prosa. Typ Journal Article Autor Hofeneder V Journal Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik -
2011
Titel Denn Sachlichkeit ist ein Ausdruck des Gemeinschaftsgefühls, und der taktlose Mensch ist ein als was immer kostümierter Egoist.' - Dimensionen der (Neuen) Sachlichkeit bei Gina Kaus. Typ Book Chapter Autor Hofeneder V