Paratextuelles ´Life Writing´ in englischen Gedichtsammlungen von 1598 bis 1806
A Study of Paratextual Life Writing in English Poetry Books, 1598 to 1806
Wissenschaftsdisziplinen
Sprach- und Literaturwissenschaften (100%)
Keywords
-
Paratexts,
Single-Author Poetry Collections,
Seventeenth Century,
British literature,
Eighteenth Century,
Life Writing
Love the author, and me for bringing you acquainted schreibt John Marriot am Ende seiner Epistel The Booke-Seller to the Reader, die den Poems (1633) von Robert Gomersall vorangestellt ist, nachdem er rudimentär Auskunft über das Leben des Autors gegeben hat. Gomersalls Poems erschienen in einer Zeit, für die Literaturhistoriker einen Mangel an Biographien englischer DichterInnen feststellen. Doch während es im siebzehnten Jahrhundert in der Tat nur wenige Biographien und Büchern vorangestellte Viten von DichterInnen gibt, werden viele Informationen über Person und Leben in anderen Teilen des Paratexts gegeben. Die Wichtigkeit des Paratextes als Schnittstelle zwischen AutorInnen und deren Werk ist in der Forschung anerkannt und in einzelnen Fallstudien behandelt worden, doch bis dato gibt es keine umfassende Studie, die die Verknüpfung von Paratext und life writing über einen längeren Zeitraum untersucht, gattungsgeschichtliche Konventionen über Fallstudien hinaus umfassend betrachtet und der Fülle des paratextuellen Materials im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert gerecht wird. Dieses Projekt strebt eine systematische diachrone Studie des paratextuellen life writing an, in der mehr als 200 Gedichtsammlungen untersucht werden. Zeitlicher Ausgangspunkt ist das späte 16. Jahrhundert, in dem die erste Vita eines englischsprachigen Dichters den gesammelten Werken von Chaucer vorangestellt wurde (1598); Endpunkt ist das frühe 19. Jahrhundert, als vorangestellte Viten sich als fixer Bestandteil von posthumen Gedichtpublikationen etabliert hatten. Ziel des Projekts ist es zu zeigen dass 1. der Paratext von Gedichtsammlungen (inklusive Titelseite, Autorenporträts, Widmungen, Einleitungen, Lobgedichten etc.) in seiner Gesamtheit eine Form des multi-perspektivischen und multi-generischen life writing darstellt; 2. paratextuelles life writing ein Forum für die kritische Diskussion von Form und Inhalt biographischer Texte darstellt und 3. paratextuelles life writing eine enge Verknüpfung zwischen dem Leben des Dichters/der Dichterin und deren Werk erzeugt, die in Folge zentral ist für die Annahme, dass das Leben des Dichters / der Dichterin relevant für die Interpretation des Werks ist. Methodisch verknüpftdas Projekt Theorien und Konzepteaus der rezenten Biographieforschung und der Analyse von Paratexten mit gattungstheoretischen Ansätzen, close reading und Erkenntnissen aus der Buchgeschichte. Die diachrone Betrachtung soll zu neuen Erkenntnissen über die diskursive (Selbst-)Konstruktion von BiographInnen (life writers), DichterInnen und der Verknüpfung zwischen DichterInnen und deren Werk im Rahmen des Paratextes führen. Darüber hinaus soll das Projekt Aufschluss über die Vermarktung von DichterInnen mithilfe des Paratextes geben. Durch die Einführung der Konzepte der impliziten und expliziten Intraparatextualität wird außerdem ein übertragbares Analysekonzept für die Rezeption von Paratexten aller Zeitperioden entwickelt.
Dieses literaturwissenschaftliche Projekt hat sich der systematischen Erforschung der biographischen Informationen, die in den Paratexten von englischen Gedichtbänden, die zwischen dem Ende des 16. und dem Ende des 18. Jahrhunderts erschienen sind, gewidmet. Der Begriff 'Paratext' bezeichnet alle den Haupttext eines Buches begleitenden Elemente, wie z.B. die Titelseite, Widmungen oder Einleitungen. Für alle biographischen Informationen, die im Paratext in verschiedenen Formen und von unterschiedlichen Beiträgern zur Verfügung gestellt werden, wurde von der Projektleiterin der Begriff 'paratextual life writing' eingeführt. 'Life writing' meint auto/biographisches Schreiben, das nicht auf die klassischen Gattungen der Auto/biographie beschränkt ist. Die aus dem Projekt resultierende Monographie stellt die erste Studie in Buchlänge dar, die sich dem Phänomen des paratextuellen life writings über einen längeren Zeitraum und auf der Basis eines großen Textkorpus widmet. In diesem Projekt wurden die Paratexte von mehr als 600 Gedichtbänden untersucht. Es wurde gezeigt, dass 1. der Paratext von Gedichtsammlungen (inklusive Titelseite, Autorenporträts, Widmungen, Einleitungen, Lobgedichten etc.) in seiner Gesamtheit eine Form des multi-perspektivischen und multi-generischen life writing darstellt; 2. paratextuelles life writing ein Forum für die kritische Diskussion von Form und Inhalt biographischer Texte darstellt und 3. paratextuelles life writing eine enge Verknüpfung zwischen dem Leben des Dichters/der Dichterin und deren Werk herstellt, die in Folge zentral ist für die Annahme, dass das Leben des Dichters / der Dichterin relevant für die Interpretation des Werks ist. Es wurde gezeigt, dass eine ausführliche paratextuelle Behandlung nicht den DichterInnen, die auch heute noch Teil des Kanons bilden, vorbehalten war, sondern auch heute gänzlich unbekannte AutorInnen durch ausführliche biographische Paratexte den potentiellen LeserInnen vorgestellt wurden. Biographische Informationen wurden auch mehr und mehr zum Verkaufsargument. Die Betrachtung des Phänomens über mehr als zwei Jahrhunderte hinweg führte zu der Erkenntnis, dass paratextuelles life writing nicht nur, wie bisher angenommen, vor allem durch Formelhaftigkeit geprägt war, sondern auch durchaus Platz für Innovationen auf dem Gebiet der biographischen Präsentation von AutorInnen bot. Die Rolle der Buchhändler (die sich in den Paratexten oft selbst zu Wort meldeten) wurde als zentral für die Entwicklung des paratextuellen life writings identifiziert.
- Universität Salzburg - 100%
- Clare Brant, King´s College London - Vereinigtes Königreich
Research Output
- 1 Zitationen
- 1 Publikationen
- 1 Wissenschaftliche Auszeichnungen
-
2017
Titel Teaching Life Writing in a Blended Learning Environment DOI 10.1080/08989575.2018.1390042 Typ Journal Article Autor Herbe S Journal a/b: Auto/Biography Studies Seiten 221-229 Link Publikation
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2018
Titel Helene Richter Award Typ Research prize Bekanntheitsgrad Continental/International