Der Blick gen Osten: US-Identität, Westliche Werte und Russische Verletzliche Körper
Looking Eastward: US-Identity, Western Values, and Vulnerable Russian Bodies
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Soziologie (20%); Sprach- und Literaturwissenschaften (60%)
Keywords
-
American Cutlure,
Russia,
Gender,
Media,
Disability,
Body
Die intersektionelle Diskursanalyse untersucht US-amerikanische Diskurse zu Russland und dessen StaatsbürgerInnen auf Konstruktionen (nationaler) kultureller Werte, kultureller Repräsentationen und Identitäten. In den letzten Jahren fokussierten US-Medien, besonders Tageszeitungen, häufig auf die Verletzlichkeit russischer Frauen, Queers und Menschen mit Behinderung gegenüber dem russischen Staat, der Orthodoxen Kirche und der Mehrheitsgesellschaft. Auch die Populärkultur adressierte russische Feministinnen, Queers und Menschen mit Behinderung; Populäre Figuren wie Sängerin Madonna traten häufig in Solidarität mit russischen Schwulen und Lesben oder der Gruppe Pussy Riot auf, TV-Serien (The Americans 2013) und Hollywood Filme (Salt 2010) führten russische ProtagonistInnen ein etc. Das Forschungsprojekt fragt nach den Gründen, der kulturellen Signifikanz und den Zielen des wachsenden Interesses an russischen Subjekten und Körpern. Aufbauend auf Arbeiten zu Verkörperung und Verletzlichkeit (Butler, Grosz etc.), wird nach der Verortung russischer verletzlicher Körper und BürgerInnen vor dem Hintergrund des wachsenden ideologisch-politischen Auseinanderdriftens Russlands und den USA innerhalb medialer Diskurse gefragt. Die Kernhypothese ist, dass Russland innerhalb US-Mainstream sowie gegenkultureller Diskurse als Paradebeispiel für Intoleranz und Autoritarismus dient, demgegenüber sich die USA als tolerantestes, fortschrittlichstes Land der Welt konstruieren lässt. Die Referenzfiguren oder punkte für diese binäre Konstruktion sind die Opfer des Regimes sexuelle und geschlechtliche Minderheiten, Frauen und Menschen mit Behinderung. Mit den USA wird der gesamte Westen als positives Modell, in Abgrenzung zum anti-modernen, rückständigen und orthodoxen Russland. Darüber hinaus wird die Idee von Modernität oder Postmoderne, wie deren Kernkonzepte Toleranz, Freiheit und Fortschritt in Opposition zu Russland entwickelt. Innerrussische (auch gegenkulturelle) Diskurse partizipieren in der Konstruktion des Westens als fortschrittlich und tolerant und werden deshalb in die Analyse eingebunden. Das Projekt baut auf dem massiven Corpus an Arbeiten zum Kalten Krieg (Whitfield, Lipsitz, Nadel, Fousek etc.) auf. Darüber hinaus schließt es an frühere Arbeiten an, die die Position Russlands und Osteuropas innerhalb des Konzeptes von Aufklärung und Moderne (Wolff, Neumann) untersuchen. Es verbindet diese Arbeiten mit den wichtigen zeitgenössischen Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen der Anrufung von Modernität in Abgrenzung zu rassialisierten Anderen aus dem Bereich der Amerikanistik, der Postkolonialen Forschung sowie der Gender und Queer Theorie (Puar, Reddy, Ferguson and Hong). Diese Debatten, die innerhalb der Amerikanistik geführt werden, werden durch Analysen zu Homosexualität, (Un)Versehrtheit und sexualisierter Gewalt aus dem Bereich der Slawistik und Russistik (Essig, Healey, Baer etc.) sowie Arbeiten zur Konstruktion der Ost/West Opposition (Kulpa, Mizielinska etc.) ergänzt, um ein möglichst genaues und umfassendes Bild über die Konstruktion verletzlicher Russischer Körper in US-, russischen und internationalen Kontexten zu erlangen.
Das Projekt analysierte US-Amerikanische Diskurse zu Russland im Klima des "Neuen Kalten Krieges". Von 2012 bis Anfang 2015 konzentrierten sich US-Zeitungen, Online- Nachrichten, politische und Unterhaltungsmagazine auf sexuelle Minderheiten und vulnerable Frauen, um Russland als eine Sphäre divergierender Werte zu präsentieren. Während Russland in diesem Vergleich altmodisch und konservativ erschien, trat die USA als vereinte, liberale und fortschrittliche Nation hervor. Besonders liberale Mainstream- Medien, Lesben-, Schwulen- und Transgender-Medien verglichen russische und amerikanische Werte in Artikeln rund um das sogenannte "Anti-Schwulen-Propaganda- Gesetz" oder Inhaftierung der russischen Feministinnen Pussy Riot. Russische Homophobie, Sexismus und Frauenfeindlichkeit, wurde angeführt um eine scheinbar universell liberale US- Identität und Nation zu konstruieren, und den jüngsten positiven Entwicklungen, wie etwa Legalisierung der homosexuellen Ehe usw. entgegnet. Während sich die Nachrichtenmedien zwischen 2012 und Pussy Riot Prozess und den Folgen der Olympischen Winterspiele von Sotschi 2014 auf Schwule und Feministinnen konzentrierten, brachten TV-Shows und Filme eine Reihe interessanter weiblicher Figuren, insbesondere Spione und Kriminelle, um östlichen versus westliche Werte zu diskutieren. Diese Russinnen verkörpern konservative Werte und traditionelle Versionen von Weiblichkeit gegenüber einer rassistisch, sexuell und kulturell diversen US-Kultur. Ihr russisches Erbe wird als Trauma konstruiert und dieses Trauma unterscheidet sie physisch und psychisch vom Rest der weißen US-Bevölkerung. Das Medieninteresse an Russland und kulturellen Darstellungen nahm mit der Wahl des 45. US-Präsidenten und den verschiedenen schweren politischen Vorwürfen gegen Russland deutlich zu. Themen wie die persönlichen und politischen Verbindungen zwischen dem 45. US-Präsidenten und dem russischen Präsidenten dominierten die Medien. Die Figur des russischen Präsidenten erschien als toxische Männlichkeit und Russland als "Feind Nummer Eins" und brachte Diskussionen über Populismus und populistische Strategien in (liberalen) Medien hervor. Der Machtwechsel innerhalb der USA richtete sich stärker auf die Ko- Konstruktion gefährdeter russischer Körper gegenüber dem russischen Machtapparat. Vor allem liberale Medien queeren Bilder des russischen Präsidenten als Schwuler oder Transgender um seine Macht zu delegitimieren. Diese Strategie unterminiert die liberale Haltung, die selbige Medien in der jüngsten Vergangenheit vertreten hat.
- Universität Wien - 100%
- Ann Pellegrini, New York University - Vereinigte Staaten von Amerika
Research Output
- 38 Zitationen
- 7 Publikationen
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2020
Titel Ballerina with PTSD: imagining Russia in contemporary Black Widow comics DOI 10.1080/21504857.2020.1811741 Typ Journal Article Autor Wiedlack K Journal Journal of Graphic Novels and Comics Seiten 993-1008 Link Publikation -
2016
Titel Dangerous and Moving? Disability, Russian Popular Culture and North/Western Hegemony DOI 10.3366/soma.2016.0192 Typ Journal Article Autor Wiedlack M Journal Somatechnics Seiten 216-234 Link Publikation -
2016
Titel Crip Notes on the Idea of Development DOI 10.3366/soma.2016.0187 Typ Journal Article Autor Kolov K Journal Somatechnics Seiten 125-141 Link Publikation -
2016
Titel Seeing ‘Red’ (Orange Is the New Black) – Russian Women, US Homonationalism and New Cold War Cultures DOI 10.13060/12130028.2016.17.1.253 Typ Journal Article Autor Wiedlack M Journal Gender, Equal Opportunities, Research Seiten 29 Link Publikation -
2016
Titel Queering Paradigms VI DOI 10.3726/978-1-78707-145-2 Typ Book Verlag Peter Lang, International Academic Publishers -
2018
Titel "Quantum Leap" 2.0 or the Western gaze on Russian homophobia DOI 10.11649/a.1662 Typ Journal Article Autor Wiedlack M Journal Adeptus Link Publikation -
2017
Titel Gays vs. Russia: media representations, vulnerable bodies and the construction of a (post)modern West DOI 10.1080/13825577.2017.1369271 Typ Journal Article Autor Wiedlack M Journal European Journal of English Studies Seiten 241-257 Link Publikation