Betriebliche Krankheitsprävention
Workplace disease prevention
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Sozialwissenschaften (30%); Soziologie (70%)
Keywords
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Sociology Of Work,
Occupational Health And Safety,
Individualisation,
Psychosocial Risks,
Subjectification Of Work,
Welfare State Institutions
Immer schneller, weiter, mehr! Was bedeuten zunehmende Leistungsanforderungen für unseren Arbeitsalltag? Welche Vorstellungen von Individuum und Kollektiv sind mit dieser Entwicklung verbunden, welche Möglichkeiten und Risiken daran geknüpft? Diese Fragen und mehr diskutiert Marie Jelenko vor dem Hintergrund eines wachsenden Problemdrucks durch Stress, Burnout und Co. Während Arbeitsunfälle als klassische Gefahren der Erwerbsarbeit in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen sind, erhöhten sich arbeitsbezogene Gesundheitsrisiken in Zusammenhang mit psychosozialen Belastungen und Bewegungsmangel. Gleichzeitig wurde durch erschwerte Zugangsregelungen zu staatlichen Sozialleistungen der Druck auf Arbeitnehmer*innen verschärft, ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit langfristig zu erhalten. Hier könnte Prävention als gesellschaftliche Aufgabe zur Vorbeugung von arbeitsbezogenen Gefahren einen wichtigen Beitrag leisten. Ihre sozialstaatlichen Wurzeln reichen zurück in die Zeit der Industrialisierung. Damit verbundene Orientierungen an Unfallverhütung, männlicher Industriearbeit, Ingenieurwesen und staatlicher Überwachung sind in Österreich weiterhin ausgeprägt. Das steht in Kontrast zu einer digitalisierten Arbeitswelt mit geringen körperlichen, aber stark erhöhten psychischen Arbeitsanforderungen, die individuellen Einsatz, Flexibilität und Anpassungsbereitschaft von Arbeitnehmer:innen verlangen. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Anforderungen lastet verstärkt auf den Schultern des Individuums. Traditionelle Präventionsansätze für arbeitsbezogene Gesundheitsrisiken laufen daher Gefahr, wachsende Teile der Erwerbsbevölkerung aus vorbeugenden sozialstaatlichen Leistungen auszuschließen. Die vorliegende Publikation greift diese Problemstellung auf. Sie führt soziologische Debatten zu Individualisierung und Arbeit mit Entwicklungslinien arbeitsbezogener Prävention und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Krankheitsrisiken in der Erwerbsarbeit zusammen. Die sozialpolitische Einbettung von arbeitsbezogener Prävention untermauert die Autorin anhand von Denktraditionen des Wohlfahrtsstaates und der Entwicklung ihrer gesetzlichen Grundlagen. Mit Fokus auf die Arbeitsinspektion und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt als die zentralen staatlichen Vermittlungsinstanzen zwischen Gesetz und betrieblicher Umsetzung werden aktuelle Präventionsdiskurse empirisch untersucht. Qualitative Expert*innen-Interviews und eine große Anzahl an Dokumenten bilden die Grundlage der Analyse. Die Ergebnisse zeigen konkrete Ansatzpunkte für eine bessere Integration von psychosozialen Risiken in die Präventionsarbeit auf. Allerdings stehen überlieferte Präventionsvorstellungen einer solchen Entwicklung nach wie vor entgegen. Zusätzlich tragen individualisierte und flexibilisierte Arbeitsbedingungen sowie eine verstärkte Marktorientierung dazu bei, dass psychosoziale Risiken der Arbeit eine gesellschaftliche Herausforderung bleiben.
- Wirtschaftsuniversität Wien - 100%