Geschichtsunterricht vor der Frage nach dem Sinn
History Edcation and the search for meaning
Wissenschaftsdisziplinen
Erziehungswissenschaften (80%); Psychologie (20%)
Keywords
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Historical Consciousness,
Historical Subconsciousness,
Historical Psychology,
Meaning,
Jungian archetypes,
Historical Thinking Concepts
Geschichte ist nicht das bloße Dokumentieren des Vergangenen, sondern die Nutzung von Lebenserfahrungen aus zweiter Hand zur Bewältigung künftiger Herausforderungen. Die Welt um uns ist viel zu komplex, um sie zu verstehen, und so ist es der in ihr zu findende Sinn, der uns durch das Leben führt doch was ist dieser Sinn, und wie gelangt er in die Geschichte? Wie beeinflusst er die Vorstellungen, die wir von der Vergangenheit haben? Wie lenkt er unsere geschichtlichen Interessen? Wie verschafft er historischen Erzählungen jene Schönheit und Eingängigkeit, welche sie beim Publikum erfolgreich macht? Wie gelingt es ihm, aus Erzählungen über das Vergangene überzeugende moralische und politische Lektionen für die Gegenwart zu machen? Seitdem die Geschichtsdidaktik von einer Unterrichtslehre zur forschenden Wissenschaft geworden ist, versucht sie sich an der Beantwortung solcher Fragen. Ein verbessertes Verständnis der Bedingungen, unter denen Menschen im Zusammenhang mit Geschichte Sinn empfinden, lohnt in vielerlei Hinsicht: Unterricht kann kurzweiliger, motivierender und effizienter gestaltet werden, die historischen Orientierungsbedürfnisse der Lernenden können besser befriedigt werden, rätselhafte Erscheinungen der Geschichtskultur werden verständlicher, die hinter unseren historischen Vorstellungen wirkenden geschichtspsychologischen Mechanismen nachvollziehbarer. Allerdings beschäftigte sich die Geschichtsdidaktik bisher vor allem mit den bewussten, rationalen Denk- und Urteilsakten der historischen Sinnbildung. Emotionen, Interessen sowie die vor- und unbewussten Ebenen der Psyche, in denen Sinngefühle vorrangig entstehen, erhielten dagegen vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit; bis heute nehmen sie in den Modellen zum Geschichtsbewusstsein eine Randstellung ein. Der Band möchte einen Beitrag zur fachlichen Diskussion um Sinn im Geschichtsunterricht leisten, bei dem die Rolle des Vor- und Unbewussten stärker in den Blick gerät. Dabei wird unter Bezug auf verschiedene psychologische, erzähl- und mythentheoretische Denkansätze ein Sinnmodell vorgeschlagen, das überwiegend bewusste (zur Erfassung von Sachverhalten) von überwiegend unbewussten (zur Erfassung von Verhaltensweisen) Sinngebungsformen unterscheidet. Diese Unterscheidung wird auf das menschliche Verhältnis zur Geschichte angewandt. Zentral ist dabei die Annahme eines kollektiven Unbewussten, welches menschliche Vorstellungen und Erzählungen vorformt und auch dazu führt, dass unsere Geschichtsbilder stets von wiederkehrenden Erzählfiguren und -mustern geprägt sind. Zur Erklärung derselben werden Jungsche Archetypen vorgeschlagen. Mit Blick auf den Geschichtsunterricht (und seine Geschichte) werden schließlich die Interessen von SchülerInnen als Sinnbedürfnisse verstanden und es wird der Frage nachgegangen, inwiefern der Unterricht diese Bedürfnisse ausreichend befriedigt. Abschließend werden Möglichkeiten ausgelotet, das historische Lernen sinnerfüllter zu gestalten.
- Universität Salzburg - 100%