Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750 bis 1850
Michael Pfurtscheller and the Stubai Valley 1750 to 1850
Wissenschaftsdisziplinen
Geschichte, Archäologie (100%)
Keywords
-
Saddle Period,
Microhistory,
Tyrol,
19th century,
Modern History,
Bürgertum
Die hundert Jahre zwischen 1750 und 1850 waren geprägt von großen Veränderungen, die mit noch größeren Schlagworten in Verbindung gebracht werden. Von nicht weniger als vom Beginn der Neuzeit sprach Reinhart Koselleck gar, als er für diese Jahre den Begriff Sattelzeit prägte. Diese tiefgreifenden Umwälzungen werden in dieser Untersuchung aus einem besonderen Blickwinkel betrachtet, aus der Perspektive einer Peripherie, die landläufig als nicht typisch für die Transformationsprozesse der Sattelzeit angesehen wird. Was geschah auf dem Land, in einem Alpental, während sich in den städtischen Zentren Europas das Bürgertum aufschwang, das 19. zu seinem Jahrhundert zu machen? Das ist nur eine der großen Fragen, denen in dieser Untersuchung nachgegangen wird. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht dabei eine Person: Michael Pfurtscheller (17761854), ein Metallwarenverleger und Wirt aus dem Tiroler Stubaital, der bislang vor allem aufgrund seiner führenden Beteiligung am Tiroler Aufstand im Jahr 1809 den Weg in einige Geschichtsbücher fand. Er nahm eine soziale, politische und vor allem ökonomische Sonderstellung in der Region ein, lässt sich einer ländlichen Elite zuordnen. Dies machte ihn zu einem Kristallisationspunkt für eine nahezu alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betreffende Vielfalt von Quellen. Ausgehend von dieser breiten Quellenbasis wird anhand der Person dieses Michael Pfurtscheller aus großer, mikrohistorischer Nähe den Entwicklungen der Sattelzeit nachgespürt Pfurtscheller ist es, der wie es im Titel heißt im Verdacht steht, ein Bürger unter Bauern zu sein. Es zeigt sich aus der Untersuchung einer Vielzahl von Quellen einerseits, wie die Lebenswelten Pfurtschellers und seines Umfeldes von der großen Geschichte von den aufklärerisch inspirierten bildungspolitischen Reformen des 18. Jahrhunderts über die Napoleonischen Kriege bis hin zu den sozioökonomischen Auswirkungen der beginnenden Industrialisierung spannt sich dabei der Bogen beeinflusst wurden, andererseits jedoch auch, welche Handlungsspielräume sich für die Zeitgenossen eröffneten und wie diese genutzt wurden. Durch die mikrohistorische Herangehensweise ergeben sich dabei Einblicke in Zusammenhänge beziehungsweise die jeweiligen Aushandlungsprozesse, individuelle Logiken und Rationalitäten, die aus einer Fernsicht der Makroperspektive im Verborgenen bleiben. Diese Untersuchung regt somit also nicht zuletzt Korrekturen oder zumindest weitere Ausdifferenzierungen gängiger Erzählungen und Bilder zur Geschichte ländlicher Regionen an der Schwelle zur Moderne an. Dabei bewegt sich die Darstellung stets nahe an den zur Verfügung stehenden Quellen. Nicht im Glauben, auf diese Weise sagen zu können wie es eigentlich war, sondern vielmehr, um dem Vetorecht der Quellen eine möglichst große Chance einzuräumen.
- Universität Innsbruck - 100%