Die Jugend des Dionysos. Die Ampelos-Episode i. d. Dionysiaka
The Youth of Dionysus. The Ampelus-Episode in the Dionysiaca
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (20%); Sprach- und Literaturwissenschaften (80%)
Keywords
-
Classics,
Late Antique poetry,
Greek epic,
Literary Studies,
Nonnus of Panopolis,
Dionysiaca
Nonnos aus dem oberägyptischen Panopolis (heute Akhmim) verfasste im 5. Jh. n. Chr. das letzte und mit 48 Büchern zugleich umfangreichste antike Epos, die Dionysiaka. Er tritt außerdem mit seiner Hexameter-Paraphrase des Johannesevangeliums in 21 Büchern in einen gelehrten, poetischen Dialog mit dem zu seiner Zeit bereits weitgehend etablierten Christentum. In beiden Dichtungen spiegeln sich dieselben poetischen Techniken und Wirkabsichten einer hellenischen gesellschaftlichen Elite wider, die in den spätantiken urbanen Zentren des östlichen Mittelmeerraums beheimatet war, über Jahrhunderte tradierte Kultur- und Erzählformen adaptierte und diesen neue literarische Ausdrucksformen zur Seite stellte. Die vorliegende Arbeit gewährt einen Einblick in die Konzepte spätantiken Literaturschaffens. Hierfür wird exemplarisch die Episode um den Satyrn und Dionysos-Liebling Ampelos, die Nonnos in den Büchern zehn, elf und zwölf der Dionysiaka darbietet, einer eingehenden stilistischen, inhaltlichen und kompositionellen Analyse unterzogen, mit dem Ziel einer umfassenden Darstellung der von Nonnos angewandten literarischen Technik. Gegenstand der Untersuchung ist die Ampelos-Figur, der der Dichter durch eine Vielzahl an mythischen Vergleichsfiguren ein unverwechselbares Profil verleiht und die er so zur Schlüsselfigur zum Verständnis seines Epos macht, obgleich Ampelos in der antiken Literatur vor Nonnos von geringem Stellenwert und in der bildenden Kunst nur schwer greifbar ist. Die Integrierung dieser alten-neuen Ampelos-Figur in die mythische Erzählung um die Etablierung des neuen Gottes innerhalb der alten olympischen Götterwelt darf Nonnos als eigene künstlerische Leistung angerechnet werden: Tod und Metamorphose des jungen Satyrs in den Weinstock sind die narrativen Voraussetzungen für Dionysos Ausstattung mit seinen Hauptattributen Weinstock und Wein, die in den folgenden Büchern der Dionysiaka zum wesentlichen Erzählelement und für viele Einzelepisoden handlungsbestimmend werden. Die Eigenheiten von Sprache, Stil, Komposition und das narrative Ziel der Ampelos-Episode zeugen einerseits von einer Rückbesinnung auf die Ideale der klassisch-griechischen Literatur, andererseits von der Einbindung neuer, zeitgenössischer Inhalte sowie der Umsetzung einer höchst innovativen spätantiken Darstellungs- und Formensprache. Durch die kreative Auseinandersetzung mit Dichtern wie Homer, Pindar oder den Hellenisten, durch die Übernahme von rhetorischen Techniken, überkommenen poetischen Motiven und topischen Figuren sowie durch das gelehrte Spiel mit traditionellen Genera wird die Ampelos-Episode zum Kumulationspunkt spätantiker Dichtung.
- Universität Wien - 100%