Wissenschaftsdisziplinen
Soziologie (100%)
Keywords
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Sociology Of Money,
Economic Sociology,
Social Embeddedness Of Money,
Payment Diversity,
Payment Methods
In den letzten Jahren ist in den meisten Ländern der Europäischen Union ein rascher Wandel des alltäglichen Zahlungsverhaltens zu beobachten. Bargeld wird mehr und mehr durch unbare, digitale Zahlungsmethoden (Debit- und Kreditkarten, Bezahlapps) verdrängt. Hingegen ist in Österreich bislang kein vergleichbarer Rückgang von Bargeld als alltäglichem Zahlungsmittel zu beobachten. Im Unterschied zu weniger entwickelten europäischen Ländern kann die weiterhin hohe Verbreitung von Bargeldzahlungen gemessen an Häufigkeit und Volumen in Österreich jedoch nicht auf eine unzureichende technologische Infrastruktur für digitale Zahlungssysteme zurückgeführt werden. Im Rahmen dieses FWF-Forschungsprojektes soll deswegen aus der Perspektive der Wirtschafts- und Geldsoziologie untersucht werden, wovon die verbreitete Präferenz für Bargeld gegenüber unbaren Zahlungsmethoden abhängt. Um diese Frage empirisch zu erforschen, wird eine qualitative Vorstudie mit Fokusgruppen durchgeführt, auf deren Basis ein standardisierter Fragebogen entwickelt wird. In Kooperation mit dem Institut für Empirische Sozialforschung (IFES, Wien) wird sodann eine repräsentative Primärerhebung (N = 2000) zur alltäglichen sozialen und kulturellen Einbettung barer und unbarer Zahlungsmethoden für die Wohnbevölkerung Österreichs durchgeführt. Die Erhebung fokussiert insbesondere auf drei Untersuchungsdimensionen, um den alltäglichen Umgang der Bevölkerung mit unterschiedlichen Zahlungsmethoden soziologisch zu erforschen. Erstens werden die Einstellungen zu baren und unbaren Zahlungsmethoden erhoben. Zweitens werden die subjektiven Liquiditätserwartungen barer und unbarer Zahlungsmethoden in verschiedenen Zahlungssituationen untersucht. Hierbei geht es um die Erwartungssicherheit, dass bestimmte Zahlungsmethoden auch tatsächlich akzeptiert werden (z.B. Kartenzahlung auf dem Bauernmarkt). Schließlich wird drittens der Einfluss unterschiedlicher institutioneller Zahlungsanlässe (Kauf von Produkten auf Märkten, Teilen oder Spenden von Geld in Gemeinschaften, Aufforderung zur Begleichung einer Geldstrafe oder Steuerschuld) analysiert. Um die sich gegenseitig beeinflussenden Untersuchungsdimensionen (Einstellungen gegenüber unterschiedlichen Zahlungsmethoden, subjektive Liquiditätserwartungen und institutionelle Zahlungsanlässe) und ihre Auswirkung auf die Präferenz von Zahlungsmitteln zu untersuchen, soll ein Strukturgleichungsmodell berechnet werden. Vor diesem Hintergrund erwarten wir substanzielle Forschungsergebnisse zu den sozialen und kulturellen Bedingungen des Wandels alltäglicher Zahlungspraktiken. Zugleich erhoffen wir uns weiterführende soziologische Erkenntnisse über die sozialen Grundlagen moderner Geldordnungen.
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