Episodische Bürgerschaft, Reputation und Stereotypen

Dieses Projekt setzt an der Schnittstelle von zwei Trends an. Erstens konzentriert sich das öffentliche Management vermehrt auf die Einführung von effizienteren und effektiveren öffentlichen Dienstleistungen. Das führt dazu, dass öffentliche Dienste zunehmend durch Netzwerke verschiedener Agenturen, statt durch große monolithische Bürokratien, strukturiert werden. Dieses höhere Maß an Abgrenzung und Unabhängigkeit wird daher als Lösung für die Gewährleistung größerer Effizienz und Wirksamkeit angesehen: Die stärkere Abgrenzung und organisatorische Unabhängigkeit der Behörden und ihren öffentlichen Services führt dazu, dass sie stärker als eigenständige Einheiten erkennbar sind und dementsprechend eine eigenständige Reputation unter Bürger:innen, Organisationen, sowie politischen Entscheidungsträger:innen erwerben. Zweitens entwickelten sich Lebensweisen die durch starke (Entscheidungs-) Reflexion gekennzeichnet sind, in denen Individuen ständig mit einer Fülle von Wahlmöglichkeiten konfrontiert sind. So können Kund:innen zwischen verschiedener Versionen ähnlicher Produkte und Dienstleistungen wählen die ihre persönlichen Bedürfnissen und Vorlieben am besten entsprechen. Auch für Arbeitnehmer:innen hat die Flexibilität bei der Berufswahl, sowie Angebote für internationale Mobilität, Weiterbildung oder Work- Life-Balance-Programmen zugenommen. Wesentlich für dieses Projekt ist aber vor allem die wachsende Bandbreite an Beteiligungskanälen für Bürger:innen. Infolgedessen gibt es eine Fülle von Möglichkeiten sich als Bürger:in gesellschaftlich einzubringen und Überzeugungen kundzutun - ob durch Slacktivismus in den sozialen Medien, über projektbasiertes Engagement in einmaligen Kampagnen, bis hin zur direkten Beteiligung an der Entscheidungsfindung und der Koproduktion öffentlicher Dienstleistungen. Die Kombination dieser beiden Trends hat dazu geführt, dass die Interaktionen zwischen Bürger:innen und öffentlichen Einrichtungen unbeständiger und "episodisch" sind. Dies bedeutet, dass Beziehungen zwischen Bürger:innen und Bürokratie als eine Abfolge vieler Entscheidungen betrachtet werden kann, die entweder von einer öffentlichen Einrichtung, den Bürger:innen und/oder durch eine externe kontextuelle Veränderung initiiert werden. Die Entscheidung innerhalb eines episodischen Ereignisses soll letztlich den Bedürfnissen und Präferenzen der Bürger:innen entsprechen. Vor diesem Hintergrund erforscht dieses Projekt wie Reputationen und Stereotype über öffentliche Organisationen bei episodischen Interaktionen zwischen Bürger:innen und öffentlichen Einrichtungen eine Rolle spielen. Die entwickelten Arbeitspakete verfolgen einen gemischten Methodenansatz und zielen darauf ab, Erkenntnisse zu gewinnen, die sowohl für die wissenschaftliche Debatte, als auch für die Formulierung praktischer Empfehlungen für (politische) Entscheidungsträger:innen des öffentlichen Sektors relevant sind.