Radikalisierungsprozesse österreichischer Jugendlicher
Youth Radicalization in Austria: Antecedents and Consequence
Wissenschaftsdisziplinen
Psychologie (100%)
Keywords
-
Radicalization,
Adolescence,
Longitudinal Study,
Extremism,
Political Extremism,
Religious Extremism
Das Thema Radikalisierung, sei sie politischer oder religiöser Natur, beschäftigt die Öffentlich- keit in regelmäßigen Abständen. Zuletzt wurden etwa im Rahmen der sogenannten Corona- Demos Fragen danach laut, inwieweit hier eine politische Radikalisierung einzelner Gruppen von Statten geht. Tatsächlich hat im Laufe der letzten Jahrzehnte international viel Forschung dazu stattgefunden, welche Ergebnisse Radikalisierung in verschiedenen Gruppen hat und welche Faktoren sie beeinflussen. Allerdings gibt es in der bisherigen Forschung mehrere Lü- cken: Zwischen vielen Faktoren werden kausale Zusammenhänge vermutet (A führt zu B), doch es fehlen Längsschnitt-Studien, um überprüfen zu können, ob das tatsächlich stimmt. Zudem deuten bisherige Studien darauf hin, dass die Adoleszenz der für Radikalisierung prä- gende Zeitraum ist, aber nahezu alle bisherigen Studien wurden mit Erwachsenen durchge- führt, die sich an diese Zeit zurückerinnern, anstatt mit Jugendlichen, die sie gerade durchle- ben. Dieses Zurückerinnern verzerrt aber die Wahrnehmung Dinge können in der Erinnerung anders sein, als sie damals tatsächlich erlebt wurden. Zudem hat bisher sehr wenig Forschung zu diesem Thema in Österreich stattgefunden, sodass keine aktuellen Daten aus Österreich vorliegen. Dieses Projekt verfolgt das Ziel, diese Lücken teilweise zu füllen: Jugendliche im Alter von 14 Jahren sollen über zwei Jahre hinweg begleitet und mehrmals zur Entwicklung politischer Einstellungen, verschiedenen Lebensereignissen und verschiedenen vermuteten Risiko- und Schutzfaktoren für Radikalisierung per Online-Fragebogen befragt werden. Dabei soll darauf geachtet werden, Schüler*innen verschiedener Schultypen mit einzubeziehen und den Kontakt mit ihnen auch aufrechtzuerhalten, falls sie während der Studie die Schule wech- seln oder verlassen. Die untersuchten Risiko- und Schutzfaktoren stammen aus den größten Forschungsströmungen der Radikalisierungsforschung in verschiedenen Disziplinen, zum Bei- spiel aus der Psychologie (zum Beispiel das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit, Gerech- tigkeitsstreben, die Suche nach existentieller Bedeutung) und der Kriminologie (zum Beispiel Impulsivität, multiple Belastungen wie sozialer Ausschluss, schulische/berufliche Perspekti- venlosigkeit, etc.). Zudem werden diese Ansätze aus der Radikalisierungsforschung mit An- sätzen aus der Sozialpsychologie im weiteren Sinne verknüpft: Es wird auch der Einfluss von Normen auf verschiedenen Ebenen (institutionelle Normen auf Schulebene, durch die Eltern gesetzte familiäre Normen und durch die Peergroup gesetzte soziale Normen) sowie von Ge- schlechterrollenverständnissen auf politische Einstellungen gemessen. Geplant ist die Befra- gung von 14 bis 16-jährigen Jugendlichen. Das Projekt startet im Mai 2023, bei einer Laufzeit von 4 Jahre.
- Universität Wien - 100%
- Kees Van Den Bos, Universiteit Utrecht - Niederlande
- Patrik Manzoni - Schweiz
- Dirk Baier, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften - Schweiz
- Sarah Marsden - Vereinigtes Königreich