Geometrisch/archaische Keramik vom Artemisheiligtum, Lousoi
Geometric/Archaic Pottery from the Artemis Sanctuary, Lousoi
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Naturwissenschaften (25%); Geschichte, Archäologie (70%); Veterinärmedizin (5%)
Keywords
-
Geometric/Archaic pottery,
Functional Analysis Of Pottery,
Greek cult practice,
Ceramic Archaeometry,
Sanctuaries Of Artemis,
Cult And Polis
Dieses Projekt ist der Abschluss der über 100-jährigen Forschungstätigkeit österreichischer Archäologen zu den frühen Phasen des Heiligtums der Artemis Hemera im nordwestlichen Arkadien. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen die Keramikgefäße aus einer Votivdeponierung der spätgeometrischen und archaischen Zeit. Diese wurde bei der Ausgrabung ungestört angetroffen und gibt daher unmittelbaren Einblick in das Kultgeschehen vom 8. Jh. bis zum Anfang des 5. Jh. v. Chr. In der Deponierung fanden sich neben der Keramik, die den Hauptteil ausmacht, auch die Knochen der geopferten Tiere, Werkzeuge sowie verschiedene Votivgaben, vor allem Terrakottafiguren und Schmuck aus Metall, Knochen, Elfenbein und Bernstein. Der Großteil der Gefäße wurde bei den Kultmählern verwendet, bei denen man das Fleisch der Opfertiere gemeinschaftlich verzehrte. Manche wurden der Göttin als Weihgeschenke dargebracht. Die kombinierte funktionale Analyse aller Fundgattungen liefert uns wertvolle Einblicke in die Rituale und die anderen Vorgänge im Heiligtum während der frühgriechischen Epoche, aus der wir kaum schriftliche Zeugnisse besitzen. Der Vergleich der Funde aus dem extraurbanen Heiligtum der Artemis mit zeitgleichen Fundkomplexen aus dem Stadtzentrum von Lousoi erlaubt unmittelbare Rückschlüsse auf Unterschiede zwischen sakralen und profanen Sitten im frühen Arkadien. Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes liegt auf archäometrischen Analysen mittels Petrographie und Röntgenfluoreszenz, durch die Herkunft und Herstellungstechnik der Keramik bestimmt werden sollen. In Zusammenarbeit mit anderen archäometrischen Projekten auf der Peloponnes und am Golf von Korinth wird es möglich sein, importierte Gefäße in Lousoi zu identifizieren. Dadurch erhalten wir eine Vorstellung von der Ausstrahlung des Artemis-Heiligtums und von seiner Position innerhalb des regionalen und überregionalen Netzwerkes, in das es eingebunden war. Das charakteristische Profil des Artemis-Kultes in Lousoi soll durch den Vergleich mit anderen Heiligtümern derselben Göttin herausgearbeitet werden. In geometrischer und archaischer Zeit war die griechische Religion stark durch lokale und regionale Wesenszüge geprägt, die anhand der archäologischen Evidenz identifiziert werden sollen. Diese kontrastieren mit panhellenischen Elementen, die seit den Dichtungen von Homer und Hesiod immer stärker an Bedeutung gewannen. Mit dem Abschluss dieses Projektes wird das Heiligtum der Artemis von Lousoi die einzige Kultstätte der geometrischen und archaischen Zeit im nordwestlichen Arkadien sein, deren archäologische Evidenz vollständig analysiert und publiziert vorliegt. Damit wird das Projekt einen grundlegenden Beitrag zur Archäologie, Religions- und Kulturgeschichte der Peloponnes leisten.
Dieses Projekt erforschte zwei wichtige Aspekte eines frühgriechischen Heiligtums: das Kultgeschehen und die Vernetzung der Kultgemeinde. Da nur wenige schriftliche Quellen vorhanden sind, bildeten die archäologischen Funde und Befunde die Grundlage zur Beantwortung dieser Fragen. Im Zentrum standen die Tongefäße: diese können mit unterschiedlichen Methoden untersucht werden und lassen als zahlenmäßig größte Fundgruppe statistisch fundierte Schlüsse zu. Das Heiligtum der Artemis Hemera in Lousoi liegt im nördlichen Arkadien, eine entlegene Bergregion Griechenlands, die noch wenig erforscht ist. Dieses Projekt stellt nun erstmals ein frühes Heiligtum dieser Region mit allen seinen archäologischen Funden und Befunden in seiner Gesamtheit vor. Durch typo- chronologische Studien konnte gezeigt werden, dass der Kult bereits im frühen 9. Jh. v. Chr. begann wesentlich früher, als bisher angenommen. Mittels naturwissenschaftlicher Keramikanalysen wurde die Herkunft der Tongefäße untersucht, um auf diese Weise Indizien dafür zu bekommen, wie stark und wie weit das Heiligtum vernetzt war. Durch die Kombination mehrerer archäometrischer Methoden (sowohl geochemischer als auch mineralogischer) konnte erstmals die Produktion lokaler Töpfer*innen aus Lousoi nachgewiesen werden. Die wichtigsten Verbindungen nach außen bestanden mit Achaia, der nördlich angrenzenden Küstenregion. Durch diese Beziehungen erlangte des entlegene Artemis-Heiligtum schon früh überregionale Bedeutung: Die Artemis Hemera von Lousoi wurde von den Migrant*innen, die die griechische Stadt Metapont in Süditalien gründeten, als Schutzgöttin gewählt. Mit Hilfe naturwissenschaftlicher Analysen konnten nun in diesem Projekte Keramikgefäße aus der Herkunftsregion der Siedler in einer Siedlung bei Metapont nachgewiesen werden materielle Zeugnisse für die Verbindung beider Regionen im Mittelmeer. Die Formen der Tongefäße geben Aufschluss über die Aktivitäten im Heiligtum. Es herrschen Trinkgefäße vor. Das lässt darauf schließen, dass gemeinschaftliches Trinken im Rahmen der Opferfeiern für die Göttin ein wichtiges Element des Kultes war. Hingegen gibt es kaum Hinweise auf die Zubereitung und den Verzehr von Speisen, wie sie sonst typisch für frühgriechische Kulte sind: Kochtöpfe und Knochen von Opfertieren fehlen weitgehend. Unter den Votivgaben, die der Göttin geweiht wurden, um Bitten und Dank zum Ausdruck zu bringen, stechen zwei Gruppen hervor: Zum einen kleine, dosenförmige Behälter, deren Deckel allerdings nicht abnehmbar ist sie wurden symbolisch, ohne Inhalt geweiht. Zum anderen gibt es zahlreiche Miniaturgefäße, in denen symbolische Gaben dargebracht werden konnten, z.B. einige kleine Früchte, Nüsse oder etwas Getreide. Diese Aspekte unterscheiden das Artemis-Heiligtum von Lousoi von den meisten Heiligtümern dieser Göttin in anderen Teilen der griechischen Welt. Es gibt jedoch auch Gemeinsamkeiten, etwa die Weihung von Gewändern nach glücklicher Geburt. Während die Textilien vergangen sind, haben sich die angehefteten Gewandnadeln und Fibeln erhalten. Das Artemis-Heiligtum im entlegenen Lousoi zeigt somit eine Reihe von Besonderheiten, war aber durchaus innerhalb der Mittelmeerwelt vernetzt.
- Franziska Lang, Technische Universität Darmstadt - Deutschland
- Evangelia Kiriazi, British School at Athens - Griechenland
- Giorgia Alexopoulou, Ephoria Achaia Patras - Griechenland
- Anastasia Gadolou, Hellenic Republic - Ministry of Culture and Sports - Griechenland
- Mary E. Voyatzis, University of Arizona - Vereinigte Staaten von Amerika
Research Output
- 1 Publikationen
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2024
Titel Interpreting the Pottery Record from Geometric and Archaic Sanctuaries in the Northwestern Peloponnese DOI 10.1553/978oeaw91971 Typ Book Verlag Osterreichische Akademie der Wissenschaften, Verlag Link Publikation