Sensorische Ökologie tropischer Grillen
Sensory ecology of tropical crickets
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (60%); Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (40%)
Keywords
-
Acoustic Communication,
Tropical Rainforest,
Crickets,
Resource Partitioning,
Sensory System
Die Artenvielfalt von Grillen im tropischen Regenwald hat u.a. zur Folge, dass Kommunikation zwischen den Geschlechtern mit Hilfe von Schallsignalen sehr erschwert ist. Denn durch die gleichzeitige Gesangsproduktion durch viele Individuen verschiedener Arten auf rel. engem Raum kommt es zur Überlagerung der benutzten Frequenzen, und damit zur Störung auf Seiten der Empfänger (in der Regel die Weibchen). Ziel des vorliegenden Projekts ist die Untersuchung der ökologischen, sinnesphysiologischen und Verhaltensanpassungen, die es diesen Grillenarten erlauben, unter diesen Bedingungen dennoch arteigene Partner von artfremden zu unterscheiden und zu lokalisieren Wir testen speziell drei verschiedene Hypothesen für solche Anpassungen: 1) Die verschiedenen Grillenarten und -individuen verteilen sich in Raum und Zeit so, dass es zu keiner nennenswerten Maskierung der jeweiligen Signale kommt. 2) Es haben sich in der Evolution sensorische Anpassungen entwickelt, die in einer Konzentrierung der Gesangsenergie auf ein schmales Frequenzband, sowie einem entsprechend eng abgestimmten Empfangssystem bestehen. Diese Hypothese wird neurophysiologisch vergleichend an einer identifizierten Nervenzelle untersucht, die bei allen Grillenarten vorkommt. Die Ergebnisse werden verglichen mit der Situation bei zwei einheimischen Grillenarten, wo eine fehlende Kompetition für den akustischen Sendekanal keine derartigen Anpassungen erwarten lässt. 3) In zentralen Neuronen der Hörbahn von Grillen wurden Innenkanäle mit Eigenschaften beschriebe die dazu führen, dass ein Empfänger in einer Hörsituation mit vielen Sendern jeweils nur die lautesten hört ("selektive Wahrnehmung"). Die Eigenschaften dieses neuronalen Mechanismus und ihre ökologischen, verhaltens- und neurophysiologischen Konsequenzen werden an ausgewählten Grillenarten untersucht.
Akustische Kommunikation in artenreichen Lebensräumen wie dem tropischen Regenwald ist besonders erschwert durch das Problem der Signalüberlappung und Maskierung unterschiedlicher Sender. Als Folge ist die Erkennung, Unterscheidung und Lokalisation artspezifischer akustischer Signale erheblich beeinträchtigt. Daher sollte der akustische Raum (der Übertragungskanal für Schall) effizient zwischen den jeweiligen Arten/Sendern aufgeteilt werden. In dem abgeschlossenen Projekt wurde am Beispiel einer artenreichen tropischen Grillengemeinschaft untersucht, welche physiologischen und verhaltensrelevanten Mechanismen dazu beitragen, eine innerartliche Kommunikation unter der hohen Geräuschkulisse anderer Arten zu gewährleisten.Mittels neurophysiologischer Experimente konnten wir drei Mechanismen auf der Ebene der Sinnesorgane und des Zentralnervensystems (ZNS) aufdecken, die zu einer erheblichen Verbesserung der neuronalen Repräsentation von arteigenen Signalen unter hohen Lärmbedingungen des Regenwaldes führen: (i) ein auf die Gesangsfrequenzen scharf abgestimmtes Empfängersystem, (ii) eine Verminderung der Maskierung in Folge des räumlichen Hörens, sowie (iii) ein richtungsunabhängiger Mechanismus der selektiven Wahrnehmung, der lautere gegenüber leiseren Signalen favorisiert. Der akustische Raum wird durch die Grillengemeinschaft so aufgeteilt, dass es zu keiner nennenswerten Maskierung der jeweiligen Signale kommt. Dies wird hauptsächlich durch eine deutliche Reduzierung der Überlappung der Gesangsfrequenzen zwischen den Arten realisiert. Zum anderen zeigte sich auch, dass das räumlich-zeitliche Aktivitätsmuster der Arten zu einer weiteren Reduzierung des Maskierungspotentials und zur Aufteilung der Ressource akustischer Raum beiträgt.Eine weitere wichtige Funktion des Hörsystems der Grille ist die Lokalisation von Signalquellen. Richtungshören wird durch ein umgestaltetes Tracheensystem ermöglicht, somit dienen die Tympanalorgane als Druckgradientenempfänger. Anhand einer umfangreichen morphologischen Vergleichsstudie wurde versucht nachzuvollziehen, wie ein solch ausgeklügeltes biophysikalisches System im Laufe der Evolution entstanden sein könnte.
- Universität Graz - 100%
- Elisabeth Kalko, Universität Ulm - Deutschland
- Daniel Robert, University of Bristol - Vereinigtes Königreich
Research Output
- 512 Zitationen
- 14 Publikationen
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2021
Titel Neurophysiology goes wild: from exploring sensory coding in sound proof rooms to natural environments DOI 10.1007/s00359-021-01482-6 Typ Journal Article Autor Römer H Journal Journal of Comparative Physiology A Seiten 303-319 Link Publikation -
2019
Titel Insect acoustic communication: The role of transmission channel and the sensory system and brain of receivers DOI 10.1111/1365-2435.13321 Typ Journal Article Autor Römer H Journal Functional Ecology Seiten 310-321 Link Publikation -
2015
Titel Matched Filters in Insect Audition: Tuning Curves and Beyond DOI 10.1007/978-3-319-25492-0_4 Typ Book Chapter Autor Römer H Verlag Springer Nature Seiten 83-109 -
2015
Titel No phenotypic signature of acoustic competition in songs of a tropical cricket assemblage DOI 10.1093/beheco/arv141 Typ Journal Article Autor Schmidt A Journal Behavioral Ecology Seiten 211-218 Link Publikation -
2014
Titel Directional hearing: from biophysical binaural cues to directional hearing outdoors DOI 10.1007/s00359-014-0939-6 Typ Journal Article Autor Römer H Journal Journal of Comparative Physiology A Seiten 87-97 Link Publikation -
2012
Titel Probing Real Sensory Worlds of Receivers with Unsupervised Clustering DOI 10.1371/journal.pone.0037354 Typ Journal Article Autor Pfeiffer M Journal PLoS ONE Link Publikation -
2011
Titel Solutions to the Cocktail Party Problem in Insects: Selective Filters, Spatial Release from Masking and Gain Control in Tropical Crickets DOI 10.1371/journal.pone.0028593 Typ Journal Article Autor Schmidt A Journal PLoS ONE Link Publikation -
2013
Titel Asymmetry in cricket song: female preference and proximate mechanism of discrimination DOI 10.1242/jeb.083774 Typ Journal Article Autor Hirtenlehner S Journal Journal of Experimental Biology Seiten 2046-2054 Link Publikation -
2013
Titel Masking by Noise in Acoustic Insects: Problems and Solutions DOI 10.1007/978-3-642-41494-7_3 Typ Book Chapter Autor Römer H Verlag Springer Nature Seiten 33-63 -
2014
Titel Ecology of acoustic signalling and the problem of masking interference in insects DOI 10.1007/s00359-014-0955-6 Typ Journal Article Autor Schmidt A Journal Journal of Comparative Physiology A Seiten 133-142 -
2012
Titel Acoustic signal perception in a noisy habitat: lessons from synchronising insects DOI 10.1007/s00359-012-0718-1 Typ Journal Article Autor Hartbauer M Journal Journal of Comparative Physiology A Seiten 397-409 Link Publikation -
2012
Titel Spectral niche segregation and community organization in a tropical cricket assemblage DOI 10.1093/beheco/ars187 Typ Journal Article Autor Schmidt A Journal Behavioral Ecology Seiten 470-480 Link Publikation -
2011
Titel High background noise shapes selective auditory filters in a tropical cricket DOI 10.1242/jeb.053819 Typ Journal Article Autor Schmidt A Journal Journal of Experimental Biology Seiten 1754-1762 Link Publikation -
2013
Titel Diversity of acoustic tracheal system and its role for directional hearing in crickets DOI 10.1186/1742-9994-10-61 Typ Journal Article Autor Schmidt A Journal Frontiers in Zoology Seiten 61 Link Publikation