Massive Umwandlung - Experimente und Simulationen
Massive Transformation - experiments and simulations
Wissenschaftsdisziplinen
Maschinenbau (20%); Physik, Astronomie (80%)
Keywords
-
Diffusion,
Dilatometer Tests,
Thermodynamics,
Ab-Initio Methods,
Transmission Electron Microscopy,
Transformation Kinetics
Obwohl in der Vergangenheit zahlreiche einschlägige Untersuchungen durchgeführt wurden, gibt es zum Themenkreis "Massive Umwandlungen" immer noch offene Fragen, insbesondere solche die die massive a m Umwandlung in Titanaluminiden betreffen. Der dem Wachstum der neuen Phase bei einer massiven Umwandlung zugrunde liegende Mechanismus soll aufgeklärt werden. Weiters ist noch unklar, ob eine Anreicherung in Form einer Molenbruch- bzw. Konzentrationsspitze vor der Umwandlungsfront ("Spike") eine massive Umwandlung charakterisiert. Außerdem fehlt es an detailliertem Wissen, um die makroskopisch beobachtbare Umwandlungskinetik beschreiben zu können. Diffusionsprozesse in massiven Umwandlungen treten nur in der Phasengrenzfläche ("Interface") und /oder in ihrer unmittelbaren Umgebung, also bei Metallen im Nano- und Subnanometerbereich, auf. Diffusion in massiven Umwandlungsprozessen kann zu Phänomenen führen wie Transinterface-Diffusion, Anreicherung einer oder mehrerer Komponenten in der bewegten Grenzfläche oder Diffusion in einem Spike im Bulk-Material vor der Umwandlungsfront. Hochentwickelte experimentelle Techniken (z.B. Energiedispersive Röntgenstrahlenspektroskopie (EDS) und Elektronenenergie-Verlustspektroskopie (EELS) im Transmissionselektronenmikroskop (TEM)) werden benötigt, um die Zusammensetzung in der Grenzfläche und im grenzflächennahen Bereich zu untersuchen. Obwohl sich die Grenzflächengeschwindigkeit direkt aus TEM-Studien abschätzen läßt, sind doch diese Experimente auf einen sehr kleinen Beobachtungsraum beschränkt. Dilatometerversuche sollen daher ausgeführt werden, um den Volumenanteil der neuen Phase als Funktion von Umwandlungszeit und Temperatur zu bestimmen. Wenn die Topologie der Phasenanordnung während der Umwandlung abgeschätzt werden kann, und die Triebkraft für die Umwandlung bekannt ist, kann die Geschwindigkeit des Fortschreitens der Phasengrenzfläche berechnet werden. Es ist noch nicht Stand der Technik, und sicherlich eine herausfordernde Aufgabe, die oben erwähnten Diffusionsprozesse und die gleichzeitig auftretende Bewegung einer inkohärenten Phasengrenzfläche im Rahmen eines mikromechanischen Modells zu beschreiben. Die Triebkraft für die massive Umwandlung muss aus den temperatur- und zusammensetzungsabhängigen Gibbsenergien der Phasen gewonnen werden. Die Berechnung dieser Gibbsenergien kann eine nicht-triviale Aufgabe sein, und ein atomistischer Ansatz soll helfen, den Wissensstand zu erhöhen. Mit Hilfe des mikromechanischen Modells können schließlich die zeitabhängigen Molenbruchprofile und die Geschwindigkeit der Phasengrenzfläche berechnet werden. Das Studium der massiven Umwandlung umfasst mehrere Größenskalen (z. B. Atomabstände und den makroskopisch feststellbaren Fortschrittsdistanzen der Grenzflächen) sowie Zeitskalen (z. B. die schnelle Bewegung der Grenzfläche und die langsame Diffusion substitutionell gelöster Komponenten). Nur die Verknüpfung theoretischer Modelle auf der atomistischen Ebene mit verschiedenen Experimenten kann einen tieferen Einblick in die zugrunde liegende Physik ermöglichen. Die Eigenschaften einiger technisch bedeutender Materialien (z. B. niedrig-legierte Stähle, Titanaluminide) werden durch massive Umwandlungen bestimmt und die Untersuchungen sind daher sowohl von wissenschaftlichem als auch von technischem Interesse.
Die massive Umwandlung (MaT) eines Materials von einer Ausgangsphase in eine Produktphase (z.B. von einem hexagonalen Gitter in ein tetragonales Gitter) kann als eine nahezu instantane Bewegung einer Umwandlungsfront (Grenzfläche) zwischen den beiden Phasen verstanden werden. Der lokale Umbau der atomaren Struktur erfolgt durch Nahefeld-Diffusion und nicht durch eine kooperative Bewegung der Atome wie im Falle der martensitischen Umwandlung. Obwohl die MaT während der Herstellung von vielen industriellen Werkstoffen (z.B. Stählen, Keramiken und intermetallischen Verbindungen) auftritt, existiert nach wie vor kein klares physikalisches Bild über die MaT in der verfügbaren Literatur. Daher wurde eine neue High Tech Legierung (Ti-Al-Nb), bei der im Herstellungsprozess bei der Abkühlung MaT auftritt, als Versuchswerkstoff für eine experimentelle und theoretische Studie herangezogen. Der Umwandlungsfrontbereich wurde im Nanomaßstab mit modernsten elektronenmikroskopischen Methoden untersucht. Dabei wurden sogenannte Spitzen (spikes) in der atomaren Zusammensetzung (Konzentrationsverteilung) vor der rasch bewegenden Umwandlungsfront (also im Ausgangsmaterial) gesucht, die als unmittelbarer Indikator für die MaT angesehen werden können. Zusätzlich wurde ein umfangreiches Modell zur Beschreibung der lokalen atomaren Zusammensetzung im Bereich der Umwandlungsfront entwickelt. Dieses Modell beschreibt den lokalen, thermodynamischen Nichtgleichgewichtszustand und beruht auf die Anwendung des thermodynamischen Extremalprinzips. Als Eingangsinformation werden thermodynamische Daten verwendet, die entweder aus experimentellen Arbeiten entnommen oder von sogenannten ab-initio Berechnungen bereitgestellt werden.Zum einen wurde festgestellt, dass die theoretisch ermittelten spikes an der Grenze oder auch darunter bezüglich der experimentellen Auflösung liegen, da unerwartet starke Fluktuationen der atomaren Zusammensetzung des Werkstoffes, auch in den einzelnen Körnern, festzustellen sind. Zum anderen konnte der doch relative träge Diffusionsprozess der substitutionellen Elemente (im Vergleich zu den interstitiellen Elementen) teilweise unterdrückt werden, wie dies kürzlich auch bei der Austenit-Ferrit-Umwandlung in niedrig legierten Stählen festgestellt wurde.Zusammenfassend ist festzustellen, dass nur die gemeinsame Nutzung des thermodynamischen Nichtgleichsgewichtsmodells und moderner elektronenmikroskopischer Technik die Entdeckung von MaT-spezifischen Spikes erlaubt. Diese im Projekt erarbeitete Vorgehensweise zur Feststellung der massiven Transformation ist für eine weite Klasse von Materialien anwendbar und exemplarisch für eine Ti-Al-Nb Legierung demonstriert worden.
- Montanuniversität Leoben - 100%
- Reinhold Ebner, Materials Center Leoben (MCL) , nationale:r Kooperationspartner:in
- Markus Rettenmayr, Friedrich Schiller Universität Jena - Deutschland
- Arno Bartels, Technische Universität Hamburg-Harburg - Deutschland
- Miran Ceh, Jozef Stefan Institute - Slowenien
- Saso Sturm, Jozef Stefan Institute - Slowenien
- Jiri Svoboda, Academy of Sciences of the Czech Republic - Tschechien
Research Output
- 1169 Zitationen
- 13 Publikationen
-
2013
Titel Elastoplastic buckling as source of misinterpretation of micropillar tests DOI 10.1016/j.actamat.2013.04.046 Typ Journal Article Autor Daum B Journal Acta Materialia Seiten 4996-5007 -
2012
Titel In Situ Study of ?-TiAl Lamellae Formation in Supersaturated a2-Ti3Al Grains DOI 10.1002/adem.201100272 Typ Journal Article Autor Cha L Journal Advanced Engineering Materials Seiten 299-303 Link Publikation -
2012
Titel Derivation of the phase field equations from the thermodynamic extremal principle DOI 10.1016/j.actamat.2011.09.044 Typ Journal Article Autor Svoboda J Journal Acta Materialia Seiten 396-406 -
2012
Titel Design, Processing, Microstructure, Properties, and Applications of Advanced Intermetallic TiAl Alloys DOI 10.1002/adem.201200231 Typ Journal Article Autor Clemens H Journal Advanced Engineering Materials Seiten 191-215 -
2011
Titel Thermodynamic description of niobium-rich ?-TiAl alloys DOI 10.3139/146.110514 Typ Journal Article Autor Liu Y Journal International Journal of Materials Research Seiten 692-696 -
2011
Titel Transient solute drag in migrating grain boundaries DOI 10.1016/j.actamat.2011.06.049 Typ Journal Article Autor Svoboda J Journal Acta Materialia Seiten 6556-6562 -
2011
Titel Modelling of diffusive and massive phase transformations in binary systems – thick interface parametric model DOI 10.3139/146.110518 Typ Journal Article Autor Svoboda J Journal International Journal of Materials Research Seiten 666-673 -
2010
Titel Can local hot spots induce a2/? lamellae during incomplete massive transformation of ?-TiAl alloys? DOI 10.1016/j.intermet.2010.01.017 Typ Journal Article Autor Fischer F Journal Intermetallics Seiten 972-976 -
2010
Titel Study of nanometer-scaled lamellar microstructure in a Ti–45Al–7.5Nb alloy – Experiments and modeling DOI 10.1016/j.intermet.2009.09.012 Typ Journal Article Autor Fischer F Journal Intermetallics Seiten 509-517 -
2013
Titel Diffusive and massive phase transformations in Ti–Al–Nb alloys – Modelling and experiments DOI 10.1016/j.intermet.2013.03.001 Typ Journal Article Autor Gamsjäger E Journal Intermetallics Seiten 126-138 -
2011
Titel Diffusion processes in a migrating interface: The thick-interface model DOI 10.1016/j.actamat.2011.04.020 Typ Journal Article Autor Svoboda J Journal Acta Materialia Seiten 4775-4786 -
2011
Titel Deformation mechanisms in micron-sized PST TiAl compression samples: Experiment and model DOI 10.1016/j.actamat.2011.02.016 Typ Journal Article Autor Rester M Journal Acta Materialia Seiten 3410-3421 -
2011
Titel Kinetics of diffusive phase transformations: From local equilibrium to mobility-driven migration of thick interfaces DOI 10.1351/pac-con-10-10-02 Typ Journal Article Autor Gamsjäger E Journal Pure and Applied Chemistry Seiten 1105-1112 Link Publikation