Provenienzstudien zu Keramik im zentralen Mittelmeerraum
Provenance Studies on Pottery in the Central Mediterranean
Wissenschaftsdisziplinen
Geowissenschaften (10%); Geschichte, Archäologie (50%); Informatik (40%)
Keywords
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Greek pottery,
Provenance Studies,
Magna Grecia,
Archaeometry,
Central Mediterranean,
Open Acciss Publication
Die Bestimmung der Herkunft von antiker Keramik gehört heute zu den vordringlichen Problemen moderner Keramikforschung, da die Provenienz eines bestimmten Objekts als Indikator für kulturelle Kontakte, wirtschaftliche Beziehungen oder Änderungen in den politischen Machtverhältnissen gewertet werden kann. Während der letzten 20 Jahre wurden in der archäologischen Forschung sowohl auf theoretischer als auch auf praktischer Ebene funktionale Instrumentarien entwickelt, um diesen Anforderungen nachzukommen. Dabei entstand eine Klassifikation der Keramik nach dem Scherbentyp, der gleichsam ein Leitfossil für geographische Regionen darstellt. Ziel des vorliegenden Projektes ist es, ein gut fundierte Grundlage für zukünftige Provenienzforschungen im zentralen Mittelmeerraum zu schaffen, die sowohl die Keramik der Griechen in Unteritalien und Sizilien als auch der Karthager mit ihrem bedeutendem Zentrum Karthago an der nordafrikanischen Küste umfaßt, die von archaischer bis in hellenistische Zeit durch ein komplexes Beziehungssystem verbunden waren. Die Forschungen werden sich dabei auf export-orientierte Waren konzentrieren, wie die Glanztonware, vor allem jene aus kolonialen Produktionszentren von übergeordneter Bedeutung, wie etwa Poseidonia, oder auf die Produktion von sgn. Campana A-Ware. Ein weiteres Thema werden griechische und punische Transportamphore aus Großgriechenland, Sizilien und Nordafrika darstellen. Grundlage dieses Projekts ist eine große Sammlung von über 950 Proben von mehr als 30 Produktionsorten im zentralen Mittelmeerraum, die am Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien beheimatet ist. Sie wird ergänzt durch eine beachtliche Gruppe von Proben punischer Keramik aus Karthago und dem punischen Teil Siziliens, die durch die Vakgroep Archeologie & Oude Geschiedenis van Europa der Universität von Gent eingebracht wird. Die Ergebnisse dieser Forschungen werden in einem webbasierten Informationssystem vorgestellt, das den Anforderungen der heute von verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen präferierten open access policy entspricht. Diese Publikation wird aus Textbeiträgen bestehen, die den Textkapiteln in gedruckten Büchern entsprechen, sowie einem Katalog von Scherbentypen, der als Datenbank gestaltet wird. Durch die Wahl dieser Publikationsform hoffen wir Probleme zu vermeiden, die üblicherweise mit der Publikation großer Datensammlungen in konventioneller Print-Form verbunden sind und ein kontinuierliches Wachsen des Wissens zu ermöglichen, indem in Zukunft weitere Scherbentypen von neuen Produktionsorten von KollegInnen hinzugefügt werden können.
Das Projekt stellt einen Beitrag zur Erforschung von wirtschaftlichem und kulturellem Austausch im zentralen Mittelmeerraum vom 5. bis zum 2. Jh. v. Chr. dar, als dieser Raum von griechischen Kolonien (in Süditalien) und punischen Siedlungen (in Nordafrika, Spanien, Sardinien und Teilen Siziliens) dominiert wurde. In der Archäologie stellen Keramikartefakte eine der wichtigsten Quellen für die Rekonstruktion von politischen, kulturellen und ökonomischen Beziehungen dar und helfen uns, die Mechanismen und die Intensität dieses Austauschs besser zu verstehen. Ziel unseres Projekts war es daher, Methoden zu entwickeln, mit denen die Herkunft von Handelsgütern aus Keramik, wie Tafelgeschirr oder Transportamphoren für Wein und Öl, besser erfasst werden kann, indem wir ihre Tonstruktur (fabric) beschreiben. Die dabei erfassten Daten wurden in einer webbasierten Publikation namens FACEM (=Fabrics of the Central Mediterranean, www.facem.at) öffentlich zugänglich gemacht und erlauben nun einen Überblick über Produktionsorte und ihre Charakteristika. Gleichzeitig wird durch verschiedene Suchmöglichkeiten der Vergleich und die Bestimmung neu gefundener Objekte erleichtert.
- Universität Wien - 100%
- Roald Docter, Ghent University - Belgien