Marine Plattwürmer mit chemoautotrophen Symbionten
A marine flatworm/chemoautotrophic bacteria symbiosis
Wissenschaftsdisziplinen
Biologie (100%)
Keywords
-
Symbiosis,
Bacteria,
Platyhelminthes,
Chemoautotrophy,
Sulphide,
Mesopsammon
Alle bisher bekannten Arten der marinen Platyhelminthen-Gattung Paracatenula (Catenulida) besitzen keinen Mund und der Darm ist zu einem Gewebestrang, der intrazelluläre Bakterien enthält, umgewandelt. Die Art P. ruetzleri aus karibischen Korallensanden enthält chemoautotrophe Schwefel-oxidierende Alphaproteobakterien, die nahezu 50 % der Biomasse des symbiotischen Konsortiums ausmachen. Paracatenula-Arten wurden in einer Vielzahl von Probenorten in warm-temperierten bis tropischen Meeren gefunden. In diesem Projekt soll die Diversität, Verbreitung und Aspekte der Ökologie und Evolution dieser Symbiose in der Karibik, dem Roten Meer, dem Indopazifik und dem Mittelmeer untersucht werden. Der Wirt und die bakteriellen Symbionten sollen mit konventioneller Lichtmikroskopie, TEM und den Sequenzen ausgewählter Gene charakterisiert werden. Über die Aufnahme von anorganischem 14C soll möglicher Transfer organischer Substanz von den chemoautotrophen Mikroorganismen zu den mundlosen heterotrophen Wirten untersucht werden. Die Weitergabe der Symbionten innerhalb des Trophosoms und an die nächste Wirtsgeneration soll mit in-situ Hybridisierung und immunozytochemischen Methoden erforscht werden.
Seichte marine Sandböden wirken oberflächlich oft wüstenhaft leer, ihr Lückenraumsystem ist jedoch von Bakterien, Einzellern und einer vielfältigen mikroskopischen Tierwelt bewohnt. Vertreter dieser Sandlückenfauna sind wenige Millimeter lange, mund- und darmlose Plattwürmer der Gattung Paracatenula, die sowohl in tropischen Meeren als auch im Mittelmeer vorkommen. Schon bei der Entdeckung von Paracatenula in den frühen 1970er Jahren war es ein Rätsel, wie sie sich ohne Mund und Darm ernähren können. Ähnlich wie bei den über einen Meter großen mundlosen Riesenröhrenwürmern, die man an heißen Quellen in der Tiefsee entdeckt hatte leben alle Arten von Paracatenula jedoch in einer Symbiose mit intrazellulären Bakterien, die Schwefelverbindungen oxidieren und mit Hilfe der daraus gewonnenen Energie anorganischen Kohlenstoff binden und so Biomasse aufbauen können. Durch die hohe Produktivität der Symbionten können sich ihre Wirte komplett von ihnen ernähren. Seither hat man bei Vertretern verschiedener Tiergruppen Symbiosen dieser Art gefunden. Im Gegensatz zur hohen Diversität der Wirte war die Diversität der Symbionten bisher auf zwei Klassen, die Gamma- und Epsilon-Proteobakterien, beschränkt. Die Symbionten von Paracatenula sind jedoch Alpha-Proteobakterien. Zu diesen gehören wichtige intrazelluläre Symbionten, wie die Stickstoff fixierenden Knöllchenbakterien der Leguminosen oder die Mitochondrien. Jedoch auch gefährliche Krankheitserreger wie die Erreger des Fleckfiebers gehören in diese Klasse. Studien der letzten Jahre zeigten immer deutlicher, dass die Mechanismen in symbiotischen und pathogenen Beziehungen ähnlich oder sogar identisch sind. Hier könnten sich bei zukünftigen Projekten mit Paracatenula und ihren Riegeria genannten Symbionten grundlegende Einsichten ergeben, welche Mechanismen es Alpha-Proteobakterien mehrfach erlaubt haben, eine intrazelluläre Lebensweise zu etablieren. Ein weiteres faszinierendes Detail an der Paracatenula-Riegeria-Symbiose ist, dass die Bakterien, welche in spezialisierten Zellen, den Bakteriozyten, leben, bis zu 50 Prozent der Gesamtbiomasse des Tier/Mikroben-Konsortiums ausmachen. Das ist deutlich mehr als in allen anderen bekannten Symbiosen zwischen Tieren und Bakterien. Mit aus Gensequenzen der Symbionten abgeleiteten Bakterienstammbäumen konnte eine grobe Altersbestimmung der Symbiose durchgeführt werden. Diese ergab, dass die beiden Partner schon seit etwa 500 Millionen Jahren verbunden sind, länger. In dieser langen Zeit haben die Würmer nie ihre Symbionten gewechselt, wie ein Vergleich der Stammbäume von Würmern und Bakterien zeigt, die einander perfekt entsprechen. Die Weitergabe der Symbionten erfolgt im Zuge der asexuellen Vermehrung der Würmer durch Teilung (Paratomie) bei der die Symbionten nie die Zellen ihres Wirtes verlassen.
- Universität Wien - 100%
Research Output
- 221 Zitationen
- 8 Publikationen
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2012
Titel Growth in width and FtsZ ring longitudinal positioning in a gammaproteobacterial symbiont DOI 10.1016/j.cub.2012.08.033 Typ Journal Article Autor Leisch N Journal Current Biology Link Publikation -
2012
Titel Proliferation pattern during rostrum regeneration of the symbiotic flatworm Paracatenula galateia: a pulse-chase-pulse analysis DOI 10.1007/s00441-012-1426-4 Typ Journal Article Autor Dirks U Journal Cell and Tissue Research Seiten 517-525 Link Publikation -
2012
Titel Bacterial Symbiosis Maintenance in the Asexually Reproducing and Regenerating Flatworm Paracatenula galateia DOI 10.1371/journal.pone.0034709 Typ Journal Article Autor Dirks U Journal PLoS ONE Link Publikation -
2011
Titel Paracatenula, an ancient symbiosis between thiotrophic Alphaproteobacteria and catenulid flatworms DOI 10.1073/pnas.1105347108 Typ Journal Article Autor Gruber-Vodicka H Journal Proceedings of the National Academy of Sciences Seiten 12078-12083 Link Publikation -
2011
Titel Microanatomy of the trophosome region of Paracatenula cf. polyhymnia (Catenulida, Platyhelminthes) and its intracellular symbionts DOI 10.1007/s00435-011-0135-y Typ Journal Article Autor Leisch N Journal Zoomorphology Seiten 261-271 Link Publikation -
2011
Titel A new species of symbiotic flatworms, Paracatenula galateia sp. nov. (Platyhelminthes: Catenulida: Retronectidae) from Belize (Central America) DOI 10.1080/17451000.2011.574880 Typ Journal Article Autor Dirks U Journal Marine Biology Research Seiten 769-777 -
2011
Titel Sequence variability of the pattern recognition receptor Mermaid mediates specificity of marine nematode symbioses DOI 10.1038/ismej.2010.198 Typ Journal Article Autor Bulgheresi S Journal The ISME Journal Seiten 986-998 Link Publikation -
2011
Titel First detection of thiotrophic symbiont phylotypes in the pelagic marine environment DOI 10.1111/j.1574-6941.2011.01096.x Typ Journal Article Autor Heindl N Journal FEMS Microbiology Ecology Seiten 223-227 Link Publikation