Die vielen Gesichter der Gewalt
The Many Faces of Violence
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (10%); Philosophie, Ethik, Religion (70%); Soziologie (20%)
Keywords
-
Phenomenology,
Embodiment,
Violence
Ereignisse extremer Gewalt - man denke an Selbstmordattentate, den "11. September" oder die Rückkehr einer "neuen archaischen Gewalt" - führten zuletzt zu einem verstärkten Interesse an physischer Gewalt. Interessanterweise lässt sich daneben auch mancherorts eine gesteigerte Aufmerk-samkeit für Formen sozialer Gewalt, insbesondere für "kulturelle" und "strukturelle Gewalt", ausmachen. Während all diese Formen von Gewalt im Rahmen unterschiedlicher Disziplinen thematisiert wurden, ermangelt die sich neuerdings etablierende "interdisziplinäre Gewaltforschung" weiterhin eines einheitlichen Analysezugangs. Was fehlt, ist ein Paradigma, das es uns erlaubt, die verschiedenen Formen von Gewalt als Aspekte eines Phänomens zu denken. Um dieses Defizit zu beheben und einen integrativen Gewaltbegriff zu entwickeln schlägt dieses Projekt vor, Gewalt in phänomenologischer Perspektive zu analysieren. Allgemein betrachtet fragt die Phänomenologie danach, wie wir der Welt Sinn abgewinnen. Unsere Arbeitshypothese lautet, dass Gewalt Sinn und korrelativ dazu - d.h. auf einer tieferen Fundierungsebene - unsere leibhaftigen Vermöglichkeiten der Sinngebung zerstört. Leiblichkeit verstehen wir dabei als ein mehrdimensionales Phänomen. Die letztfundierende Ebene leibhaftiger Existenz verorten wir in unserem körperlichen "Ich kann", höherstufige Ebenen finden sich in den Verkörperungen kultureller, sozialer und politischer Praxis. Im Lichte dieser Korrelation von leibhaftigem Können und tradierten Sinnzusammenhängen analysiert das Projekt Gewalt im Hinblick darauf, wie diese unsere Weisen, der Welt Sinn abzugewinnen, zerstört. Die Tatsache, dass die Sinnzu- sammenhänge, die unser Weltverständnis tragen, einander wechselseitig bedingen, erklärt, weshalb wir nicht nur für direkte, sondern auch für indirekte, d.h. symbolische, kulturelle und strukturelle Gewalt offen sind. Um diese These zu belegen und ihre Implikationen zu entfalten, analysiert das Projekt Fälle kulturellen und politischen Zusammenbruchs. "Kulturen der Gewalt", "gewaltaffine Soziotexte" und Strukturen "multipler Exklusion" dienen hierbei als Leitfäden. In diesem Kontext untersucht das Projekt weiterhin die "kreative" bzw. "poietische" Funktion von Gewalt und d.h. die Weisen, wie Gewalt zur Formierung sowohl individueller als auch kollektiver Identität eingesetzt wird. Im Lichte der traditionellen Gleichsetzung von Freiheit und Souveränität (bzw. Autonomie) impliziert der Ausdruck von Identität eine Bestimmung des Anderen in Begriffen der Irrationalität und der Bedrohung, d.h. in Begriffen, die zur Legitimierung der eigenen Gewalt verwendet werden. Indem das Projekt diese Tiefenstruktur des "Zirkels von Gewalt und Gegen-Gewalt" offenlegt, möchte es dazu beitragen, die Kategorien unseres politischen Denkens jenseits der - auf einer essentialistischen Fehldeutung unseres gemeinschaftlichen Wesens beruhenden - "Logik der Konfrontation" zu reflektieren. Ziel des Projekts ist die Erarbeitung eines integrativen Gewaltbegriffs. Diese Aufgabe löst das Projekt durch die Entwicklung einer phänomenologischen Analyseperspektive ein, in der gezeigt wird, dass die verschiedenen Formen von Gewalt darin übereinkommen, dass sie Sinn zerstören. Das Projekt überprüft diese Hypothese zudem empirisch, indem es sie an historischen, soziologischen und kulturanthropologischen Befunden testet. In dieser Perspektive leistet es einen Beitrag zur Entwicklung einer methodologischen Begründung der interdisiplinären Gewaltforschung und trägt so dazu bei, unser Verständnis zwischenmenschlicher Gewalt zu vertiefen.
Ereignisse extremer Gewalt - man denke an Selbstmordattentate, den "11. September" oder die Rückkehr einer "neuen archaischen Gewalt" - führten zuletzt zu einem verstärkten Interesse an physischer Gewalt. Interessanterweise lässt sich daneben auch mancherorts eine gesteigerte Aufmerksamkeit für Formen sozialer Gewalt, insbesondere für "kulturelle" und "strukturelle Gewalt", ausmachen. Während all diese Formen von Gewalt im Rahmen unterschiedlicher Disziplinen thematisiert wurden, ermangelt die sich neuerdings etablierende "interdisziplinäre Gewaltforschung" weiterhin eines einheitlichen Analysezugangs. Was fehlt, ist ein Paradigma, das es uns erlaubt, die verschiedenen Formen von Gewalt als Aspekte eines Phänomens zu denken. Um dieses Defizit zu beheben und einen integrativen Gewaltbegriff zu entwickeln schlägt dieses Projekt vor, Gewalt in phänomenologischer Perspektive zu analysieren. Allgemein betrachtet fragt die Phänomenologie danach, wie wir der Welt Sinn abgewinnen. Unsere Arbeitshypothese lautet, dass Gewalt Sinn und korrelativ dazu - d.h. auf einer tieferen Fundierungsebene - unsere leibhaftigen Vermöglichkeiten der Sinngebung zerstört. Leiblichkeit verstehen wir dabei als ein mehrdimensionales Phänomen. Die letztfundierende Ebene leibhaftiger Existenz verorten wir in unserem körperlichen "Ich kann", höherstufige Ebenen finden sich in den Verkörperungen kultureller, sozialer und politischer Praxis. Im Lichte dieser Korrelation von leibhaftigem Können und tradierten Sinnzusammenhängen analysiert das Projekt Gewalt im Hinblick darauf, wie diese unsere Weisen, der Welt Sinn abzugewinnen, zerstört. Die Tatsache, dass die Sinnzusammenhänge, die unser Weltverständnis tragen, einander wechselseitig bedingen, erklärt, weshalb wir nicht nur für direkte, sondern auch für indirekte, d.h. symbolische, kulturelle und strukturelle Gewalt offen sind. Um diese These zu belegen und ihre Implikationen zu entfalten, analysiert das Projekt Fälle kulturellen und politischen Zusammenbruchs. "Kulturen der Gewalt", "gewaltaffine Soziotexte" und Strukturen "multipler Exklusion" dienen hierbei als Leitfäden. In diesem Kontext untersucht das Projekt weiterhin die "kreative" bzw. "poietische" Funktion von Gewalt und d.h. die Weisen, wie Gewalt zur Formierung sowohl individueller als auch kollektiver Identität eingesetzt wird. Im Lichte der traditionellen Gleichsetzung von Freiheit und Souveränität (bzw. Autonomie) impliziert der Ausdruck von Identität eine Bestimmung des Anderen in Begriffen der Irrationalität und der Bedrohung, d.h. in Begriffen, die zur Legitimierung der eigenen Gewalt verwendet werden. Indem das Projekt diese Tiefenstruktur des "Zirkels von Gewalt und Gegen-Gewalt" offenlegt, möchte es dazu beitragen, die Kategorien unseres politischen Denkens jenseits der - auf einer essentialistischen Fehldeutung unseres gemeinschaftlichen Wesens beruhenden - "Logik der Konfrontation" zu reflektieren. Ziel des Projekts ist die Erarbeitung eines integrativen Gewaltbegriffs. Diese Aufgabe löst das Projekt durch die Entwicklung einer phänomenologischen Analyseperspektive ein, in der gezeigt wird, dass die verschiedenen Formen von Gewalt darin übereinkommen, dass sie Sinn zerstören. Das Projekt überprüft diese Hypothese zudem empirisch, indem es sie an historischen, soziologischen und kulturanthropologischen Befunden testet. In dieser Perspektive leistet es einen Beitrag zur Entwicklung einer methodologischen Begründung der interdisiplinären Gewaltforschung und trägt so dazu bei, unser Verständnis zwischenmenschlicher Gewalt zu vertiefen.
Research Output
- 40 Zitationen
- 3 Publikationen
-
2012
Titel From the “metaphysics of the individual” to the critique of society: on the practical significance of Michel Henry’s phenomenology of life DOI 10.1007/s11007-012-9226-9 Typ Journal Article Autor Staudigl M Journal Continental Philosophy Review Seiten 339-361 Link Publikation -
2011
Titel Racism: On the phenomenology of embodied desocialization DOI 10.1007/s11007-011-9206-5 Typ Journal Article Autor Staudigl M Journal Continental Philosophy Review Seiten 23-39 Link Publikation -
2013
Titel Towards a Relational Phenomenology of Violence DOI 10.1007/s10746-013-9269-x Typ Journal Article Autor Staudigl M Journal Human Studies Seiten 43-66 Link Publikation