Geschichte und Epigraphik des Kaystrostales in der Antike
History and Epigraphy of the Cayster Valley in Antiquity
Wissenschaftsdisziplinen
Geschichte, Archäologie (100%)
Keywords
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Lydia,
Epigrahy,
Ancient History,
Archaeology,
Religion,
Cayster river
Das Projekt mit dem Titel "Geschichte und Epigraphik des Kastrostales in der Antike" setzt sich zum Ziel, die historische Entwicklung des südlichen Lydien zwischen dem Tmolos (Bozdag) und der Messogis (Aydin Daglari) und seinen antiken städtischen Hauptzentren (Hypaipa, Dios Hieron und den drei Siedlungen der Kilbianoi - Nikaia, Koloe und Palaiapolis) zu erforschen. Die Grundlage für diese Untersuchung werden regionale epigraphische Surveys liefern, die auf Entdeckung und Auswertung unpublizierter dokumentarischer Zeugnisse (griechische und lateinische Inschriften) und die Bestimmung des Verbleibes bereits publizierter Monumente abzielen. Brennpunkt Südlydiens ist das Tal des Kastrosflusses (mod. Küçükmenderes). In der römischen Kaiserzeit war ein Teil des unteren Kastrostales dem Territorium von Ephesos zugeschlagen, bis an und einschließlich der modernen Stadt Tire (antik Thyaira). Das Tal umfaßte die obere und untere Kilbianische Ebene und die Kastrische, wobei die Kilbianische offensichtlich östlich von Dios Hieron begann. In der Antike gehörte das Gebiet ursprünglich der lydischen Volksgruppe, doch in der Folge erhielten es griechische, persische, makedonische und römische Ansiedler. Während der Attalidenperiode gehörte die Region zu der Provinz namens topoi kat` Epheson kai Kastrou pedion kai to Kilbianon (IvEphesos 201). Der Stamm, welcher das Kilbianon bewohnte, wurde in die oberen und unteren Kilbianoi eingeteilt (Cilbianoi inferiores and superiores in römischer Terminologie: Plin. h. n. V 120). Nördlich des Flusses, an den Südausläufern des Tmolosgebirges, war die bedeutendste Stadt Hypaipa (mod. Günlüce/Datbey), berühmt für ihr Heiligtum der persischen Göttin Anahita, dessen Gründungsdatum unbekannt bleibt (einige Zeit vor Alexander). Ihr Kult offenbart dort eine ziemlich kuriose Verschmelzung persischer, lydischer und griechischer Kultureinflüsse. Geleitet von Erbpriestern (Magoi) mit einem Archimagos an deren Spitze, beteten die Göttin ihre Verehrer als Anaitis, Anaitis Artemis und Persike Artemis an. Die alljährlichen (?) Spiele, genannt Artemisia, lockten Athleten, Musiker und Dichter an. Die städtische Prägung zeigt die Göttin in ihrem Tempel mit voller Gewandung stehend; auf ihrem Kopf befindet sich hoher Kopfschmuck mit einem Schleier von körperlangen Proportionen, und sie nimmt eine starre Pose mit ausge-streckten Armen ein. Andere Siedlungen, meistens durch ihre Münzprägung aus der Römerzeit bekannt, sind Dios Hieron (mod. Birgi), Nikaia (mod. Türkönü/Ayazurat), Koloe (mod. Kiraz/Keles) und Oumyrota (mod. Suludere/Yagas) nördlich des Flusses, und Palaiapolis (Beydag/Balyambolu), Potamia (Bademli), Dideiphyta (mod. Kireli), Savenda (mod. Yegenli) südlich von ihm. Jüngst von Prof. Dr. Hasan Malay durchgeführte Surveys ergaben ansehnliche Funde von hellenistischen Ehreninschriften in der Region von Koloe, die eine Anzahl von Toponymen vermitteln, die zum Großteil vorher nicht bezeugt waren: Kireikome, Kanateichos, Alg(e)iza, Daplata, Agreikome, Tauroukome, Saltroukome, Tarsos, Sia, Ampsyra, Dareda, Oauroa, Diginda, Oekrada. Es ist zu hoffen, daß die geplanten Surveys weitere ähnliche Funde erbringen werden. In Ergänzung des oben skizzierten epigraphischen Surveys beabsichtigt das vorgeschlagene Projekt ein gründliches Studium der Monumente, die in den Museen von Ödemis, Tire und Izmir aufbewahrt sind. Das Gebiet Südlydiens war selten das Objekt wissenschaftlichen Interesses. Am Ende des 19. Jhdts. wurde es von K. Buresch erforscht, dessen Resultate posthum publiziert wurden. Am Anfang des 20. Jhdts. schlossen es J. Keil und A. v. Premerstein in ihre ausgedehnten Surveys des lydischen Territoriums ein, und in ihren Fußstapfen folgten C. Foss und das deutsche Team, das an den Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien arbeitet. Prof. Dr. H. Malay (Ägäische Universität) hat in jüngster Zeit einen wesentlichen Beitrag zum epigraphischen Material dieser Region geleistet. Die Ergebnisse des vorgeschlagenen Projektes sollen in Monographieform in einer der Serien erscheinen, welche von der Kleinasiatischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften publiziert werden (ETAM oder VKK).
Das Projekt wurde konzipiert zur Erforschung der historischen Entwicklung der antiken kleinasiatischen Landschaft Südlydien, zwischen dem Tmolos-Gebirge und der Bergkette der Messogis gelegen, mit den wichtigsten städtischen Zentren Hypaipa, Dios Hieron (Heiligtum des Zeus) und drei städtischen Siedlungen der "oberen und unteren Kilbianoi" - Nikaia, Kolo und Palaiapolis. Als Ausgangspunkt des Projektes wurden regionale epigraphische Feldforschungen besorgt, die darauf abzielten, unveröffentlichtes Dokumentationsmaterial aufzufinden und näher zu bestimmen sowie den Verbleib der bereits publizierten Monumente festzustellen. In Ergänzung zur Feldarbeit schloß das Projekt ein Studium jener epigraphischen Monumente mit ein, welche in den Lokalmuseen von Tire und Ödemis verwahrt sind. Während der drei Jahr für Jahr im Territorium von mehr als 120 Städten und dörflichen Siedlungen durchgeführten Feldforschungen wurden 108 neue griechische Steininschriften gefunden. Wie immer ist der größte Teil der neuen Inschriften auf Grabdenkmälern (Epitaphien) angebracht, die meist aus der römischen Kaiserzeit datieren. Um nur einige zu nennen: Wir haben nun Epitaphien von einem Herakleides, dem Sohn eines Menogenes, von einer namentlich unbekannten Tochter eines Alexander (48/49 oder 85/86 n. Chr.), von einer Thalia, Tochter eines Midas und einer Zos, von einem Basileides, dem Sohn eines Papias, von einem Herodes, dem Sohn eines Apollonios und einer Meltine (233/234 oder 270/271 n. Chr.) etc. Einer der wertvollsten Funde ist eine hellenistische Stele (aus der Mitte des 2. Jhdts. v. Chr.) mit einem Relief, welche einst die letzte Ruhestätte eines Menekrates, Sohn eines Menekrates, und seines Sohnes Neoptolemos bezeichnete. Das Monument, im griechischen Text Glyphé genannt, wurde von der Ehefrau Aristobula und einem anderen Sohn des Menekrates, Emmenides, in Auftrag gegeben. Menekrates hatte neben anderen nicht näher bestimmten Ehrenstellungen und öffentlichen Funktionen den Posten eines Kavalleriekommandanten (Hipprches) in Nikaia inne. Der zweite Teil derselben Inschrift enthält einen Fluch gegen Grabschänder, ein frühes Beispiel des weithin während der römischen kaiserzeitlichen Periode bezeugten Typus. Der Fluch droht mit hoher Strafe bei einer Beschädigung von Grabreliefs und bei Entfernung der Toten (?) aus ihren Gräbern; daher werden sowohl die Toten als auch das Grab unter den Schutz der Göttin Demeter Thesmophoros gestellt. Unter den bemerkenswerteren öffentlichen Inschriften befindet sich eine lange, aber dürftig erhaltene hellenistische Liste von Männernamen, die auf einer hohen Marmorstele eingraviert ist; gesehen wurde sie in der Hügelregion nordwestlich von Hypaipa in Richtung auf den Berg Tmolos. Die Spitze der Stele ist abgebrochen und die ersten zehn erhaltenen Zeilen sind verwittert und nahezu unlesbar. Einer der Namen in der Nähe des Endes der Stele scheint sich auf einen Logistés zu beziehen. Eine interessante Inschrift, datiert auf 233/234 oder 270/271 n. Chr., berichtet von der Zahlung eines Honorars von 5000 Denaren für das Amt eines Komrches (Ortsvorstehers) in Dideiphyta (diese Dorfgemeinde gehörte möglicherweise zum Territorium von Hypaipa). Neue, die Religion betreffende Inschriften-texte stammen von den Kulten der Artemis von Ephesos, Dionysos, Zeus Soter Karpodtes (Zeus Retter und Früchtespender), Zeus Keraunios (Blitzeschleuderer Zeus), Kybele, Hekate und Nemesis. Mehrere neugefundene Grab- und Weihinschriften gehören der frühbyzantinischen Periode an. Alle diese Texte liefern reiches Material für das Studium der Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, Religion und Kultur im Kastros- Tal vom mittleren Hellenismus (2. Jhdt. v. Chr.) bis zur frühbyzantinischen Epoche (6.-7. Jhdt. n. Chr.).
- Marijana Ricl, University of Belgrade - Serbien