Veränderung von Genexpressionsprofilen bei Nierenalterung
Changes in gene expression profiles concerning renal ageing
Wissenschaftsdisziplinen
Klinische Medizin (100%)
Keywords
-
Ageing,
Transplantation,
Kidney,
Gene expression profile,
Microarray,
Biological Pathways
Über altersabhängige Änderungen von Genexpressionsprofilen in Nierengeweben ist nach wie vor wenig bekannt. Zusätzlich fehlen Informationen über das Nierenkompartiment, in welchem diese Veränderungen stattfinden; ebenso wurde die Rolle spezifischer, biologischer pathways noch nicht ausreichend untersucht. Das primäre Ziel dieses Projekts ist eine Identifizierung von individuellen Genexpressionsmustern in der alternden Niere. Zur Untersuchung werden Nierenbiopsien von Organspendern im Alter von 20-80 Jahren gesammelt. Aus diesem Gewebe wird RNA isoliert und amplifiziert. Humane Oligonukleotid-Microarrays werden zur Bestimmung der Genexpression verwendet. Die experimentell erhaltenen Microarraydaten werden verschiedenen statistischen Methoden unterworfen um statistisch signifikante, unterschiedlich regulierte Gene innerhalb der verschiedenen Altersgruppen und ihre Genannotation in öffentlich zugänglichen biologischen Datensammlungen zu erhalten. Darauffolgende bioinformatische Analysen dienen der funktionellen Gruppierung von Genen und werden für Co- Regulations-, Pathway- und Promotoranalysen eingesetzt. Schließlich werden die Expressionspofile mit den klinischen Daten korreliert. In einer zusätzlichen Studie erfolgt eine Dissektion der Glomerula vom Tubulointerstitium für seperate Microarray Experimente. Somit wird eine Identifizierung des Kompartiments ermöglicht, in welchem vorwiegend die Veränderungen in der Genexpression stattfinden. Die Validierung der Microarray-Experimente wird an ausgewählten Genen mittels Real Time PCR durchgeführt. Das Projekt sollte zu einem besseren Verständnis der Physiologie der Nierenalterung beitragen. Mögliche klinische Anwendungsbereiche und Konsequenzen unserer Ergebnisse sind unterschiedlichst. Eine Korrelation von Transplantatfunktion und ausgewählten Genexpressions-levels vor einer Transplantation könnte eine Bestimmung des "biologischen" Organalters mittels Microchip oder PCR-Kit - unabhängig vom chronologischen Spenderalter - ermöglichen. Weiters könnten die generierten Daten zur Entwicklung neuer Biomarker beitragen. Bioinformatische Analysen liefern eine Liste potentieller sekretorischer Proteine (codiert von unseren Marker-Genen), welche - falls im Serum nachweisbar - die Etablierung eines einfaches Blutscreenings gestatten, das sowohl in der Transplantatmedizin als auch bei der Risikoabwägung von notwendigen nephrotoxischen therapeutischen Interventionen (z.B. Kontrastmittel, Medikamenten) genutzt werden könnte. Eine Reproduzierbarkeit unserer Ergebnisse auch in anderen Organen und damit ein weiterer Einsatz dieser Biomarker wäre durchaus denkbar.
Das primäre Ziel dieses Projekt war es, die Änderungen der Genexpression (ermittelt durch Microarrayexperimente als genome wide gene expression Ansatz) im Rahmen der Alterung der Niere zu erfassen. Dazu wurden Organe, die von 20 bis 80 Jahre alten Personen für eine Transplantation entnommen wurden (Modell der gesunden Niere) vor der Implantation biopsiert. In Zusammenarbeit mit Univ. Prof. Dr. R. Margreiter (Universitätsklinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie, Medizinische Universität Innsbruck), Prim. Univ. Prof. Dr. R. Oberbauer (KH der Elisabethinen, Linz), Univ. Prof. Dr. A. Wiecek (Department of Nephrology, Endocrinology and Metabolic Diseases, Medical University of Silesia, Katowice, Polen) und Univ. Prof. Dr. G. Steurer (Universitätsklinik für Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland) konnten insgesamt 200 Proben gesammelt werden, 91 davon wurden in die Studie eingeschlossen. Zur RNA Isolierung aus den Biopsien wurden verschiedene Protokolle getestet. Als Maß für die Integrität der RNA wurde schließlich der RIN-Wert (RNA Integrity Number)(Schroeder, Mueller et al. 2006) herangezogen, wobei es sich zeigte, dass für eine Vergleichbarkeit der Microarraydaten weniger der absolute RIN Wert als vielmehr die Ähnlichkeit desselben zwischen den Proben entscheidend war. Es wurde beschlossen, dass Proben mit einem RIN-Wert von 5-8 für dieses Projekt verwendet werden (Skala 1-10, 1=sehr schlecht, 10=sehr gut). Zur Validierung der Microarraydaten wurde die Expression bestimmter Gene zusätzlich mittels real time PCR bestimmt. Um Probenmaterial zu sparen wurde ein Präamplifikationsverfahren für TaqMan-Primer etabliert mit dem es möglich war die spezifische cDNA um den Faktor 100 - 400 zu amplifizieren und trotzdem bei 90% der verwendeten TaqMan Probes und Primers eine verlässliche Linearität und Reproduzierbarkeit zu erreichen. Die Expression von ausgesuchten Genen zeigte schließlich eine gute Korrelation zwischen Array und PCR (83 % Übereinstimmung). Des Weiteren wurde überprüft, ob das Material mittels Keil- oder Nadelbiopsie entnommen werden sollte. Nachdem sich ein deutlicher Unterschied in der Genexpression zwischen diesen beiden Methoden fand (wahrscheinlich weil eine Keilbiopsie vorwiegend Nierenrindengewebe, eine Nadelbiopsie aber Rinden- und Nierenmarkgewebe enthält) wurde eine SOP erstellt und für die Studie ausschließlich Gewebe verwendet, welches durch Keilbiopsien gewonnen wurde. Trotzdem dieser Vorkehrungen zeigte die primäre Auswertung der Array-Daten, dass sich das Expressionsprofil der Proben aus Polen signifikant von jenem der anderen Zentren unterschied, weshalb diese nicht weiter analysiert wurden und damit insgesamt 71 Biopsien in die Studie einbezogen wurden. In einem nächsten Schritt wurde in Zusammenarbeit mit der emergentec biodevelopment GmbH in Wien eine zentralisierte Online Array Datenbank etabliert, in welche die Microarray Daten eingespielt wurden. Diese Datenbank ermöglicht nicht nur eine Speicherung der immensen Datenmengen, die Arrayprojekte naturgemäß mit sich bringen, sondern sie erlaubt auch die dezentrale Nutzung der Rohdaten zur Filterung und Analyse der Genexpression.Projekt 1: Änderung der Genexpression während der renalen Alterung: Fokus des ersten Projekts war es, die Genexpression zu bestimmen und mit dem chronologischen Alter der Spender in Beziehung zu setzen. Dazu wurden Daten von 77 Microarrays präprozessiert, normalisiert und in 5 Altersgruppen eingeteilt (Gruppe 1: 18-29, Gruppe 2: 30-39, Gruppe 3: 40-49, Gruppe 4: 50-59, Gruppe 5: >60). Nach Quantil-Normalisierung (Bolstad, Irizarry et al. 2003) der Arraydaten wurde mittels ANOVA, SAM (Significance Analysis of Microarrays) (Tusher, Tibshirani et al. 2001) und linearer Korrelation nach Unterschieden in der Genexpression zwischen den 5 Altersgruppen gesucht. Die SAM Analyse ergab eine Liste von 124 signifikant differentiell regulieren Genen, wobei die +/- ? units auf 0,012 und die false discovery rate auf < 5% gesetzt wurden. Die ANOVA Analyse ergab bei einem Overall Threshold p-Wert von 0,001 103 signifikant regulierte Gene. Außerdem wurden jeweils die 150 Gene mit den höchsten und niedrigsten Korrelationskoeffizienten für weitere Analysen übernommen. Nach Ausschluß von Redundanzen wurden 453 Features identifiziert, die in zumindest einer der drei Analysemethoden als signifikant reguliert gefunden wurden. Mittels K-means Algorithmen zur Clusteranalyse wurden konnte ein Cluster mit 17 Genen isoliert werden, deren Expression im Alter zunimmt. 14 der 17 Gene in diesem Cluster sind Isoformen der Metallothionein (MT)-Genfamilie. Um den Effekt eines akuten Nierenversagens auf die Genexpression zu eliminieren wurden aus dem gesamten Datensatz jene Spender ausgewählt, die zum Zeitpunkt der Organentnahme eine normale Nierenfunktion aufwiesen und die Lebendspender ausgeschlossen, was zu einer Gruppe von n=37 Proben führte. Diese wurden in drei Altersgruppen eingeteilt: Altersgruppe 1: < 40 Jahre, Altersgruppe 2: 40-59 Jahre, Altersgruppe 3 > 60 Jahre. Die Unterschiede in der Genexpression wurden mittels ANOVA, SAM (Significance Analysis of Microarrays)(Tusher, Tibshirani et al. 2001) und linearer Korrelation ermittelt. In Altersgruppe 3 waren im Vergleich zu Altersgruppe 1 13 Transkripte signifikant hochreguliert: Metallothionein 1 mit den Isoformen A, B, E, G, H, L, M; Metallothionein 2A; Immunglobulin lambda-like polypeptide 5; immunoglobuline heavy constant gamma 1 sowie zwei unbekannt Transkripte. Zwischen diesen altersabhängig differentiell regulierten Genen und den klinischen Parametern Geschlecht, Todesursache, Katecholamingabe zur Kreislaufstabilisierung des Spenders vor der Organentnahme, dem Serumkreatinin und der kalten Ischämiezeit konnte keine Assoziation festgestellt werden. Metallothioneine sind zytoplasmatische Proteine die Schwermetalle binden können, im Zink-Haushalt eine Rolle spielen, unter oxidativem Stress induziert werden und als Antioxidantien dienen(Thirumoorthy, Shyam Sunder et al. 2011; Babula, Masarik et al. 2012). Mittels quantitativer real-time PCR haben wir Isoformen von MT1 und MT2A vor allem in der Niere, Herz, Lunge, Leber, Skelettmuskel, Pankreas und im Dünndarm nachgewiesen und daraufhin die genaue Lokalisation der Metallothionein-mRNA sowie von MT Proteinen in der Niere ermittelt. Sowohl auf mRNA Ebene als auch auf Proteinebene werden Metallothioneine hauptsächlich in den Epithelzellen von proximalen Tubuli exprimiert. Für weiterführende funktionelle Analysen wurden zwei proximale Tubuluszelllinien (HK-2 und hTERT-RPTEC) etabliert und Metallothionein 2A als Zielgen ausgewählt weil es im Körper weit verbreitet und in der Literatur sehr gut beschrieben ist(Xue, Liu et al. 2009; Kayaalti, Aliyev et al. 2011; Kim, Kim et al. 2011; Chen, Li et al. 2012; Haynes, Connor et al. 2013). In beiden Zelllinien konnte mittels viraler Transduktion eine stabile Überexpression von MT2A etabliert werden. Derzeit noch laufende Versuche sollen zeigen, ob Zellen, die MT2A überexprimieren weniger anfällig für Hypoxie sind. Dies wird überprüft indem Strangbrüche der mitochondrialen DNA quantitativ ermittelt werden.Projekt 2: Molekular Genexpressionsmuster in der Niere beeinflussen die mittel- bis langfristigen Ergebnisse nach Nierentransplantation. Das Alter des Spenders ist ein wesentlicher Faktor, der die Funktion eines Organs in der späten Phase nach der Transplantation bestimmt. Zur Analyse der Folgedaten wurden wiederum jene Spender ausgewählt, die zum Zeitpunkt der Organentnahme eine normale Nierenfunktion aufwiesen und die Lebendspender ausgeschlossen. Die Probe von einer Niere die nicht zur Transplantation kam wurde ebenfalls nicht in die Berechnungen einbezogen, was zu einer Gruppe von n=36 Proben führte. In diesem Kollektiv konnte das chronologische Alter des Spenders die Varianz des Serum-Kreatinin-Wertes 2 bzw. 3 Jahre nach der Transplantation zu 10,77 % (p-Wert 0,0374) und 17,7 % (p-Wert 0,0148) voraussagen. Aus den Microarray-Daten wurden nun jene molekularen Marker ermittelt, die den prädiktiven Wert des Spenderalters signifikant erhöhen.Dies war für die quantitativen Expressionswerte der Marker NEMF (nuclear export Mediator Faktor) und EEF1A1 (eukaryotische Übersetzung Elongationsfaktor 1?) für die Organfunktion nach 24 Monaten der Fall (Erklärung von 32,89 % der Variabilität des Serumkreatinins und damit signifikant besser (p<0,002579) als für das Alter alleine). Die Serumkreatininwerte 36 Monate nach der Transplantation konnten zu 53,13 % vorhergesagt werden, wenn die Marker ARFGAP1 (ADP-Ribosylierungsfaktor GTPase aktivierendes Protein 1), PHKB (phosphorylase Kinase ?) und EEF1A1 zusammen mit dem Alter berücksichtigt werden (signifikant besser als durch das Alter alleine, p=0.0002054).In nachfolgenden Studien werden nun diese Marker in der weiteren unabhängigen Kohorte von Biopsien validiert (n=109) und anschließend in der Niere lokalisiert und einer funktionalen Analyse unterzogen.
- Günther Steurer, Universität Tübingen - Deutschland
- Andrzej Wiecek, University of Silesia - Polen
- Timothy W. Meyer, University of Stanford - Vereinigte Staaten von Amerika
Research Output
- 25 Zitationen
- 3 Publikationen
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2016
Titel Metallothioneins and renal ageing DOI 10.1093/ndt/gfv451 Typ Journal Article Autor Leierer J Journal Nephrology Dialysis Transplantation Seiten 1444-1452 Link Publikation -
2018
Titel Validation of systems biology derived molecular markers of renal donor organ status associated with long term allograft function DOI 10.1038/s41598-018-25163-8 Typ Journal Article Autor Perco P Journal Scientific Reports Seiten 6974 Link Publikation -
2011
Titel Laser-Capture Microdissection of Renal Tubule Cells and Linear Amplification of RNA for Microarray Profiling and Real-Time PCR DOI 10.1007/978-1-61779-163-5_21 Typ Book Chapter Autor Noppert S Verlag Springer Nature Seiten 257-266