Kambiumaktivität und Holzbildung in Pinus sylvestris

Jahrringanalytische (dendroklimatologische und -ökologische) Untersuchungen im Bereich des inneralpinen Trockentales westlich von Innsbruck (Oberinntal, Tirol) zeigen eine enge Beziehung zwischen den Frühjahrsniederschlägen und dem radialen Wachstum (Jahrringbreite) der Kiefer (Pinus sylvestris L.). Auf Grundlage von linearen Modellen zwischen Klimafaktoren (monatliche Mitteltemperaturen und Niederschlagssummen) und Jahrringbildung ergab sich, dass bis zu 65 % der Varianz der Jahrringzuwächse durch Klimafaktoren, insbesondere den Frühjahrsniederschlägen, erklärt werden kann. Die physiologischen Grundlagen der Kambiumtätigkeit, wie Beginn, Ende, Jahr-zu-Jahr Variabilität und Einfluss von Umweltfaktoren (Mikroklima, Bodenwasserhaushalt), wurden jedoch bis jetzt im Detail noch nicht untersucht. Im Zuge des geplanten Projektes soll deshalb der saisonale Ablauf des Stammwachstums und die Dynamik der Holzbildung an zwei Standorten, die sich im Bodenwasserhaushalt unterscheiden (flachgründiger südexponierter Hang vs. Muldenlage), verglichen werden. Um die Variabilität des Baumwachstums als Folge kleinräumig wechselnder Umweltfaktoren ermitteln zu können, werden dabei mehrere Bäume (n = 5) ausgewählt. Automatische Dickenzuwachsmessungen erfolgen mittels Banddendrometer und die Holzbildung wird durch wiederholte Entnahme von Mikro-Bohrkernen kontinuierlich während der Wachstumsperiode verfolgt und mit Mikroklima- und Bodenfeuchtemessungen sowie phänologischen Erhebungen in Beziehung gesetzt. Dieser Projektantrag beschäftigt sich somit mit der Physiologie der Jahrringbildung von P. sylvestris und zielt primär darauf ab, die Dynamik der Kambiumaktivität und Holzbildung und deren Abhängigkeit von Mikroklima und Bodenwasserhaushalt zu untersuchen. Die exakte Festlegung des Beginns und Endes der Kambiumaktivität sowie deren jährliche Variabilität ermöglichen auch eine exaktere Interpretation der in dieser Region mittels statistischer Verfahren der Dendroklimatologie bereits ermittelten Klima-Wachstums-Beziehungen sowie der Empfindlichkeit von Kiefernbeständen inneralpiner Trockentäler gegenüber Dürrestress. Weiters wird auf Basis der Ergebnisse dieses Antrages eine Optimierung des Klima-Wachstums-Modells, das für die Rekonstruktion der Frühjahrsniederschläge inneralpiner Tallagen Verwendung findet, ermöglicht.

In einem inneralpinen Trockental der östlichen Zentralalpen (750 m MH, Tirol, Austria) wurde der Einfluss von Klimavariablen (Niederschlag, Luftfeuchte, Temperatur) und des Bodenwassergehaltes auf die Jahrringbildung (Xylogenese) der Rotföhre (Pinus sylvestris L.) an zwei Standorten (flachgründiger südexponierter Hang vs. Muldenlage) untersucht. Das radiale Stammwachstum >150 jähriger Bäume wurde kontinuierlich mittels Banddendrometern und durch wiederholte Entnahme von Mikro-Bohrkernen erfasst. Der Gehalt an Stärke und löslichen Kohlenhydraten wurde mittels Anwendung enzymatischer Verfahren bestimmt. Im Zeitraum 2007-2010 setzte die Jahrringbildung zwischen Mitte April und Anfang Mai ein, unterschied sich jedoch nicht signifikant zwischen den beiden Untersuchungsstandorten. Die täglichen und saisonalen Schwankungen des Stammradius waren auf Änderungen im Stammwasserhaushalt zurückzuführen und überlagerten das radiale Wachstum insbesondere in Trockenperioden. Die zeitliche Dynamik des Radialwachstums konnte durch beide Methoden erfasst werden, sofern der Beginn der Dendrometeraufzeichnungen über die Bildung der ersten in Streckung befindlichen Xylemzellen festgelegt wurde. Die Jahrringbildung 2007-2008 endete am trockenen Hangstandort ca. 4 Wochen früher im Vergleich zur feuchteren Muldenlage, was auf einen starken Einfluss von Trockenstress auf Zelldifferenzierungsprozesse hinweist. Signifikant schmälere Frühholzzellen unter trockenen Bedingungen untermauern diese Annahme. Radiale Zuwachsraten zeigten statistisch signifikante Beziehungen mit Niederschlag und relativer Luftfeuchte, während Bodenwassergehalt und Lufttemperatur mit dem Wachstum nicht signifikant korrelierten. Der Beginn der Jahrringbildung wurde nicht durch Niederschläge oder Bodentemperatur festgelegt, sondern durch die Wärmesumme (Gradtage), wobei der Schwellenwert des Lufttemperaturminimums bei 5-6 C lag. An beiden Standorten wurden maximale Zuwachsraten bereits im Mai erreicht, bevor höhere Niederschläge und somit günstigere Witterungsbedingungen in den Sommermonaten auftraten. Die frühe Abnahme des radialen Stammwachstums steht vermutlich in Zusammenhang mit einem erhöhten unterirdischen Bedarf an Kohlenhydraten, um an diesem trockenexponierten Standort die Wasser- und Nährstoffaufnahme sicherzustellen. Es konnte auch festgestellt werden, dass unter Bedingungen extremer Bodentrockenheit während der Vegetationsperiode 2009, kein Kohlenstoffmangel in Form von Stärke und löslichen Zuckern auftrat. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass an inneralpinen Trockenstandorten die räumliche Variabilität der Jahrringentwicklung der Rotföhre durch die Wasserverfügbarkeit bedingt ist, während der Beginn der Jahrringbildung (Kambiumaktivität und Zelldifferenzierung) durch die Lufttemperatur reguliert wird.