Archäometrische Analyse von römischen Ziegeln aus Noricum
Archaeometric analysis of Roman bricks from Noricum
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Naturwissenschaften (40%); Geschichte, Archäologie (60%)
Keywords
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Archaeometry,
Archaeology,
Material Analysis,
History,
Building Materials
Ein Ziegel ist nur ein Ziegel könnte man behaupten, nämlich ein einfaches Stück Ton, das überhaupt nicht attraktiv und von Interesse ist, es sei denn, es gehört zu einem beeindruckende n Gebäude. Dennoch sind Ziegel seit Tausenden von Jahren Teil der Bautechnik und zum Markenzeichen der römischen Architektur geworden. Ziegelmauern haben nicht nur Ohren, sondern erzählen auch eine Geschichte. Durch Ziegel lässt sich ein weites Spektrum von wertvollen Hinweisen zur Vergangenheit erfahren. Manchmal sind absichtliche Stempel und Inschriften zu finden, die zur Datierung des Gebäudes und zur Identifizierung des Erbauers verwendet werden können. Gelegentlich kommen auf noch plastischem Ton zufällig hinterlassene Pfoten- und Fingerabdrücke vor, die einen eingefrorenen Moment des normalen Alltags in der Vergangenheit darstellen und daher eine gewisse Bedeutung zur historischen Rekonstruierung haben. Was können wir aber tun, wenn wir nicht so viel Glück haben, diese Spuren zu finden oder wenn wir auf der Suche nach weiteren Evidenzen sind? In solchen Fällen sind Materialanalysen hilfreich. Durch chemische und mineralogische Analysen lassen sich Informationen über die Rohstoffe, Rezepturen und Brennverfahren herausfinden. Mechanische und physikalische Analysen werden angewendet, um die Widerstandsfähigkeit, Verwitterungsrate und Aufbaueignung zu bestimmen. Leider reicht es nicht aus, nur ein paar Ziegel zu untersuchen, denn sie sind trotz dem ähnlichen Aussehen nicht alle gleich. Unterschiede und Ähnlichkeiten hängen von den Rohstoffen, den Herstellern, den Herstellungstechnologien, dem Verwendungszweck und der Weiterentwicklung der Herstellungsverfahren ab. In der römischen Provinz Noricum wurde die Ziegeltechnik vom Militär eingeführt und lokal weiterentwickelt. Diese lokale Herstellung erforderte gewisse Voraussetzungen und eine neue Organisation, um die geeigneten Tongruben zu finden, die Rohstoffe zu transportieren und aufzubereiten, die Brennöfen zu bauen und die Brennverfahren zu kontrollieren, usw. Alle diese Tätigkeiten involvierten lokale Arbeitskräfte und Expertise und wurden an die Bedürfnisse, Ressourcen, Traditionen jedes Ortes angepasst, was sich nicht nur auf die Architektur, sondern auch auf die Wirtschaft und die Landschaft auswirkte. Ziel dieses Projekts ist es, die Entwicklung der Ziegeltechnologie im Noricum nachzuvollziehe n. Dazu werden Ziegelproben aus unterschiedlichen Phasen, Strukturen und Stätten analysiert und verglichen, wobei archäologische Daten sowie historische und epigraphische Quellen integriert werden. Der letzte Schritt ist der Vergleich mit den Materialien aus Aquileia, der Stadt aus der viele Soldaten rekrutiert wurden und wo sozusagen alles anfing. Die Kombination von archäologischem, architektonischem, historischem und chemisch-physikalischem Wissen ist von grundlegender Bedeutung, um nachzuweisen, dass ein Ziegel nicht nur ein Ziegel ist.
Habt ihr euch jemals gefragt, ob es möglich ist, archäologische Objekte zu analysieren, ohne sie zu berühren oder Proben zu nehmen? Dank neuer Analysetechniken und tragbarer Instrumente ist dies möglich geworden. Die Genauigkeit der mit diesen Methoden erzielten Ergebnisse ist jedoch nicht immer so zuverlässig wie bei den klassischen, eher zerstörerischen Methoden. Um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten, ist ein Vergleich zwischen den beiden analytischen Ansätzen erforderlich. Untersucht wurde keramisches Baumaterial, insbesondere römische Ziegel aus den archäologischen Stätten von Celje (Slowenien), Lauriacum (Enns) und Albing-St. Pantaleon, wo die Legio II Italica zwischen dem 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. ihre Militärlager errichtete. Mit minimalinvasiven Instrumenten konnte ich Marker identifizieren, mit deren Hilfe die Rezepturen der Ziegel rekonstruiert und die Brenntemperatur bestimmt werden konnten. Wie war dies möglich? Durch den Brennvorgang zersetzt sich der Ton und bildet je nach Temperatur neue Mineralphasen. Die berührungslose Infrarot-Reflexionsspektroskopie ermöglicht es, das Vorhandensein dieser Phasen zu überprüfen, indem die Form einer Bande beobachtet wird, die den Schwingungsbewegungen bestimmter atomarer Bindungen entspricht. Um genauere Daten über die Zusammensetzung zu erhalten, muss die Röntgenbeugung eingesetzt werden. Diesmal müssen wir ein wenig an der Oberfläche des Objekts kratzen, aber es lohnt sich, denn mit nur wenigen Milligramm der Probe können wir feststellen, welche Rohstoffe für die Herstellung verwendet wurden und wo sie gewonnen wurden. Weitere Informationen erhält man, wenn man die Porosität des Objekts mit der Röntgenmikrotomografie untersucht. Diese Methode ermöglicht eine 3D-Darstellung des Objekts und ist entscheidend für die Identifizierung von Schwachstellen, die zu Brüchen führen könnten. Darüber hinaus liefern die Größe, Form und Ausrichtung der Poren wertvolle technologische Hinweise. Dies sind nur einige Beispiele für minimalinvasive Analysen, aber mit diesen und anderen Messungen konnte ich den Verlauf der Ziegelproduktion in Noricum nachvollziehen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zu Beginn der Produktion in Celje die Ziegel hart und mit unregelmäßigen Teigen hergestellt wurden, während sich die Rezepturen in Lauriacum leicht änderten: die Teige waren immer noch reich an Einschlüssen, aber glatter. Allerdings wurden die Ziegel hauptsächlich bei niedrigeren Temperaturen oder ungleichmäßig gebrannt. In der Spätantike (St. Pantaleon) schließlich wurden die gleichen Rezepte beibehalten, aber die Brenntemperaturen wurden höher und gleichmäßiger, was auf eine Verbesserung der Brenntechnik hinweist. Diese Ergebnisse ermutigen uns, den Weg der zerstörungsfreien Analyse weiterzugehen, auch wenn es sich nicht um eine Statue, sondern um einfache Ziegel handelt.
Research Output
- 8 Zitationen
- 1 Publikationen
- 1 Datasets & Models
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2023
Titel Designing a ‘yellow brick road’ for the archaeometric analyses of fired and unfired bricks DOI 10.1016/j.culher.2022.12.007 Typ Journal Article Autor Fragnoli P Journal Journal of Cultural Heritage Seiten 231-246