Demokratische Bürgerschaft und Lebensmittellandschaften
Democratic food citizenship and community food environments
Wissenschaftsdisziplinen
Andere Agrarwissenschaften (40%); Humangeographie, Regionale Geographie, Raumplanung (35%); Soziologie (25%)
Keywords
-
Food environments,
Food citizenship,
Food democracy,
Ethnographic approach,
Urban food systems,
Case study
Unsere Ernährungssysteme von der Produktion über die Verarbeitung, den Handel, den Konsum und drüber hinaus tragen nicht nur zum Klimawandel und zum Verlust der biologischen Vielfalt bei, sondern führen auch zu gravierenden sozialen Ungleichheiten. Angesichts des Ausmaßes dieser Herausforderungen betonen Wissenschaftler*innen die Notwendigkeit gemeinschaftlichen Handelns, die die Entwicklung nachhaltiger Ernährungssysteme unterstützen. Von vielen Seiten wird behauptet die Beteiligung der Bürger*innen an der Ernährungspolitik sei utopisch. Anderen hingegen argumentieren, dass Beteiligung und Engagement dem/der Einzelnen ein Gefühl der Zugehörigkeit, der Verantwortung und der Befähigung vermittelt. Das könne dazu ermutigen, sich für die ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Ernährungssysteme einzusetzen. Das Konzept der demokratischen Ernährungsbürgerschaft verlagert den Fokus weg vom individuellen Verhalten der Einzelnen (z. B. Konsum) hin zur Einbeziehung dieser in gemeinschaftliche Strukturen und Maßnahmen für nachhaltigere Ernährungssysteme. Die Möglichkeiten des Einzelnen, sich in Ernährungssysteme einzubringen, werden jedoch von seinem sozialen und physischen Lebensmittelumfeld beeinflusst. Lebensmittelumfelder sind Orte, an denen wir Lebensmittel erhalten, essen, kochen, über Lebensmittel sprechen oder allgemein Wissen über Lebensmittel sammeln - also Orte, an denen Menschen in direkten Kontakt mit Lebensmitteln und Lebensmittelthemen kommen. Dieses Forschungsprojekt konzentriert sich auf die Beziehungen zwischen Stadtbewohner*innen und ihren Nachbarschaften, in denen sie sich mit Ernährungssystemen befassen (so genannte gemeinschaftliche Lebensmittelumfelder). Es untersucht unterschiedliche Nachbarschaften und wie diese die demokratische Ernährungsbürgerschaft also Beteiligung und Engagement der Bürger*innen beeinflussen können. Anhand der Stadt London werden in dieser Studie verschiedene Methoden (z.B. teilnehmende Beobachtung, Interviews und visuelle Daten) kombiniert, um die Interaktionen der Stadtbewohner*innen mit ihrem Lebensmittelumfeld in der Nachbarschaft zu untersuchen. Mit diesem Ansatz sollen die folgenden Wissenslücken geschlossen werden: Welche Möglichkeiten und Hindernisse gibt es für Bürger*innen, die sich an Ernährungssystemen beteiligen wollen? Lebensmittelumfelder sollen über individualistische, konsumorientierte Ansätzen hinaus untersucht werden. Das heißt: Welche Rolle spielt die Nachbarschaft für Bürger*innen, die sich am Ernährungssystem beteiligen wollen? Ein analytischer Rahmen, der die Konzepte Ernährungsbürgerschaft und Lebensmittelumfeld miteinander verbindet, soll auf der Grundlage umfangreicher beobachteter Falldaten entwickelt, getestet und verbessert werden. Die Ergebnisse sollen einen Beitrag zur entstehenden Forschungs- und Politikagenda rund um die Transformation von Ernährungssystemen in Richtung Nachhaltigkeit, insbesondere soziale Eingliederung und Gleichberechtigung, leisten.
Lebensmittel sind mehr als nur eine Quelle der Nahrung; es spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Gemeinschaften und verbindet Menschen mit der Welt um sie herum. Dieses Projekt untersucht, wie die Einbeziehung von Gemeinschaften in Entscheidungsprozesse rund um das Thema Ernährung zu demokratischeren und sozial gerechteren Ernährungssystemen führen kann. Durch die Untersuchung von gemeinschaftlichen Ernährungsinitiativen in Ost-Zentral-London mittels Interviews, teilnehmender Beobachtung und Fokusgruppen zeigt die Forschung, wie lokale Bemühungen Menschen dazu befähigen können, die Kontrolle über ihre Ernährungssysteme und städtischen Räume - sogenannte "Lebensmittelumfelder" - zurückzugewinnen und so Möglichkeiten für mehr Inklusion und Zusammenarbeit zu schaffen. Eine der zentralen Erkenntnisse des Projekts ist das Potenzial gemeinschaftlicher Ernährungsinitiativen, demokratische Prozesse zu fördern. Diese Initiativen bieten Plattformen, auf denen die Bewohner*innen vor Ort an Entscheidungen über die Produktion und den Konsum von Lebensmitteln teilnehmen können. Sie schaffen Räume, in denen Menschen zusammenkommen, um ihre Bedürfnisse zu besprechen, Wissen auszutauschen und gemeinsam die Zukunft ihrer Ernährungssysteme zu gestalten. Doch obwohl diese Initiativen die Teilhabe fördern, stehen sie weiterhin vor Herausforderungen in Bezug auf Repräsentation und Gerechtigkeit. Inklusion ist daher ein weiterer wichtiger Schwerpunkt dieser Forschung. Das Projekt betont die Notwendigkeit, dass Ernährungsinitiativen sicherstellen, dass alle Stimmen gehört werden, insbesondere jene, die normalerweise von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen sind. Es zeigt, dass die Schaffung wirklich inklusiver Ernährungssysteme erfordert, kulturelle und strukturelle Barrieren wie den Zugang zu Ressourcen, Sprache und sozialen Status zu überwinden. Obwohl die Gemeinschaftsinitiativen in Ost-Zentral-London Fortschritte machen, bleibt die Überwindung dieser Barrieren, insbesondere im Mainstream-Ernährungssystem, eine bedeutende Herausforderung. Die Forschung zeigt auch, dass gemeinschaftliche Ernährungsinitiativen das Potenzial haben, städtische Räume für die öffentliche Nutzung zurückzugewinnen, indem sie diese in Gebiete verwandeln, in denen Lebensmittel angebaut, geteilt und gefeiert werden. Dies verbessert nicht nur die lokale Ernährungssicherheit, sondern stärkt auch soziale Bindungen. Durch die Umwandlung ungenutzter oder vernachlässigter Räume in lebendige Zentren für ernährungsbezogene Aktivitäten bringen diese Initiativen Menschen zusammen und schaffen ein Gefühl von Eigenverantwortung und Zugehörigkeit. Das Projekt verdeutlicht auch die Bedeutung von kollektivem Handeln und Bildung zur Stärkung von Gemeinschaften. Durch Workshops, Kompetenztrainings und gemeinsames Lernen erlangen die Beteiligten das Wissen und das Selbstbewusstsein, aktiver an der Gestaltung ihrer lokalen Ernährungsumfelder mitzuwirken. Die Ernährungsumfelder in Ost-Zentral-London sind vielfältig, lebendig und dynamisch. Sie beherbergen eine breite Palette von Initiativen, die die dominierenden Strukturen des städtischen Lebens und des allgemeinen Ernährungssystems in Frage stellen. Diese Initiativen verfolgen Strategien, die von radikalen Basisprinzipien bis hin zu kollaborativeren Ansätzen reichen, die von der Zusammenarbeit mit formalen Institutionen geprägt sind. Dennoch stehen auch diese Initiativen vor Herausforderungen. Eingeschränkte Repräsentation, strukturelle Ungleichheiten und Machtverhältnisse bleiben bedeutende Hürden. Um sicherzustellen, dass Ernährungsumfelder wirklich inklusiv und demokratisch werden, müssen diese Herausforderungen, die oft mit breiteren gesellschaftlichen Problemen verbunden sind, überwunden werden.
- University of Surrey - 100%
- Universität für Bodenkultur Wien - 100%
Research Output
- 40 Zitationen
- 4 Publikationen
- 3 Disseminationen
- 1 Wissenschaftliche Auszeichnungen
- 1 Weitere Förderungen
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2024
Titel Food democracy and the right to the city: Re-assembling urban food environments in East-Central London DOI 10.1016/j.cities.2024.105319 Typ Journal Article Autor Cifuentes M Journal Cities Seiten 105319 Link Publikation -
2024
Titel Transforming the food environment: An assemblage-based research approach DOI 10.1016/j.eist.2024.100874 Typ Journal Article Autor Cifuentes M Journal Environmental Innovation and Societal Transitions Seiten 100874 Link Publikation -
2024
Titel Connecting the dots: Integrating food policies towards food system transformation DOI 10.1016/j.envsci.2024.103735 Typ Journal Article Autor Edwards F Journal Environmental Science & Policy Seiten 103735 Link Publikation -
2024
Titel Democratising our food: Experiences from community initiatives in East-Central London Typ Other Autor López Cifuentes M. Link Publikation
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2023
Titel Konsumdialogue Typ Personally asked as a key note speaker to a conference Bekanntheitsgrad National (any country)
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2023
Titel Rückenwind-Förderbonus Typ Travel/small personal Förderbeginn 2023 Geldgeber Alpha+ Stiftung