Entwicklung eines pharmakokinetischen Hautabsorptionsmodells
Development of a pharmacokinetic model for skin absorption
Wissenschaftsdisziplinen
Medizinisch-theoretische Wissenschaften, Pharmazie (100%)
Keywords
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Physiologically-based pharmacokinetic model,
Raman spectroscopy,
Topical drug bioavailability,
Tape stripping,
Topical drug bioequivalence,
In vitro - in vivo correlation
Die Bewertung der Äquivalenz zwischen topischen Arzneizubereitungen stellt eine große Herausforderung dar. Im Gegensatz zur oralen Applikation sind die Zusammenhänge zwischen kritischen Qualitätsmerkmalen und dem in vitro Effekt sowie der Sicherheit, Effektivität und klinischen Wirksamkeit in vivo bei dermaler Anwendung unzureichend definiert. Die zentrale Hypothese des Projektes Entwicklung eines pharmakokinetischen Hautabsorptionsmodells ist daher die Aufklärung des komplizierten Zusammenspiels zwischen Produktmerkmalen und den Patientenergebnissen in vivo mit Hilfe eines entsprechenden physiologie-basierten Absorptions- und Pharmakokinetikmodells (PBPK Modell). Topische Arzneiformen sind komplexe Vielstoffgemische, deren Eigenschaften sich nach dem Auftragen auf die Haut beträchtlich ändern. Denkt man zum Beispiel an ein klassisches, wässriges Vehikel oder eine Creme, dann beinhalten diese Formulierungen neben dem Wirkstoff noch Wasser, Lösungsvermittler, einen Gelbildner, flüchtige Lösungsmittel, Emulgatoren zur Stabilisierung sowie andere Inhaltsstoffe um die Formulierung kosmetisch und pharmazeutisch akzeptabel zu gestalten. Deshalb ist die Absorptionskinetik eines Wirkstoffes mittels mathematischer Modelle nur sehr schwer zu simulieren. Das vorrangige Ziel ist daher den Wirkstoffeintrag in die Haut mittels eines einfachen experimentellen Ansatzes zu charakterisieren. Bekannte Freisetzungsraten von transdermalen Pflastern sollen zur Validierung, Weiterentwicklung und Optimierung dieses experimentellen Ansatzesverwendetwerden. Einekorrekte Bestimmung des Wirkstoffeintrages würde somit den Einsatz des Modells zur Untersuchung eines breiten Spektrums von komplexen topischen Arzneiformen erlauben. Ein weiteres Ziel ist daher mittels der optimierten Methode den Wirkstoffeintrag in die Haut nach Applikation von typischen Produkten, wie Cremen, Salben und Gelen, zu bestimmen. Im Gegensatz zu transdermalen Pflastern konnte der Wirkstoffeintrag in die Haut von klassischen topischen Formulierungen nie akkurat bestimmt werden, da bisherige Modelle nie die Realität der Metamorphose des Produkts während des Auftragens und Einmassierens in die Haut widerspiegelten. Deswegen ist es wichtig diese Veränderung der Formulierung nach dem Auftragen auf die Haut genau zu verstehen. Wichtige Informationen über diese Metamorphose vom fertigen Produkt zum verbleibenden Film auf der Hautoberfläche sollen daher im Zuge dieses Projektes mittels der nicht-invasiven Methode der Raman Spektroskopie gewonnen werden. Im Endeffekt würde die Entwicklung, Validierung und Anwendung eines aussagekräftigen PBPK Modells für die dermale Wirkstoffabsorption einen großen Fortschritt in der Produktzulassung bedeuten und zu einer deutlichen Senkung oder sogar zum Wegfall der Abhängigkeit von Tiermodellen und Studien am Menschen führen. Weiters würde der Prozess der Arzneimittelentwicklung beschleunigt werden und somit eine schnellere und wirtschaftlichere Markteinführung von Produkten ermöglichen.
Es ist eine Herausforderung vorauszusagen ob Arzneistoffe, die in Form von Cremen, Salben oder Gelen auf die Haut aufgetragen werden, auch wirklich eine wirksame Konzentration in der Haut erreichen. Um seinen Wirkort in der lebenden Haut zu erreichen, muss ein Arzneistoff zuerst die äußerste Hautschicht, das Stratum corneum, überwinden. Die toten Hautzellen dieser Schicht können mittels Klebestreifen, in einem Prozess genannt Tape-Stripping, Schicht für Schicht entfernt werden. Es ist mit dieser Technik möglich zu bestimmen wie viel Arzneistoff von der aufgetragenen Formulierung in die Schicht des Stratum corneums aufgenommen wird. Wiederholt man diesen Prozess nach einer bestimmten Zeit nach dem Entfernen der Formulierung von der Haut, sollte es auch möglich sein abzuschätzen, wie viel des Arzneistoffes aus dieser Schicht über einen definierten Zeitraum in die tieferen lebenden Hautschichten diffundiert. Das Ziel dieses Projektes war es diese Hypothese zu überprüfen. Dafür wurde der Wirkstoffeintrag von Nikotin und Lidocain in die lebende Haut nach der Applikation von am Markt befindlichen transdermalen Pflastern mittels Tape-Stripping in vivo bestimmt. Obwohl transdermale Pflaster den Arzneistoff nicht an die Haut, sondern in die Blutbahn liefern sollen, bieten sie wertvolle Information über den Transport eines Arzneistoffes von der Hautoberfläche in die systemische Zirkulation. Da der Wirkstoffeintrag in den Körper für alle vermarkteten transdermalen Systeme bekannt ist, konnte diese Information verwendet werden um die Methode des Tape-Strippings zu validieren. Die mittels Tape-Stripping ermittelten Wirkstoffeinträge von Nikotin und Lidocain stimmten sehr gut mit den bekannten Werten überein. Weiters konnten mit Hilfe der entwickelten Methode Unterschiede im Wirkstoffeintrag von Lidocain zwischen einer am Markt befindlichen Creme und dem Pflaster festgestellt werden. Alle in vivo am Menschen ermittelten Werte wurden mit jenen konventioneller in vitro Experimente an Schweinehaut verglichen. Die unterschiedlichen Wirkstoffeinträge wurden sowohl qualitativ als auch quantitativ durch die in vitro Versuche bestätigt. Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Bestimmung des Wirkstoffeintrags war die erfolgreiche Anwendung der nicht-invasiven Raman Spektroskopie zur Messung der Reduktion der Arzneistoffmenge im Stratum corneum nach Entfernen einer Formulierung von der Haut. Die Ergebnisse dieser Versuche unterstützen die Hypothese, dass der Wirkstoffeintrag in die Haut nach Auftragen und Entfernen einer Formulierung mittels Tape-Stripping bestimmt werden kann. Die experimentell ermittelte Information über den Wirkstoffeintrag soll nun in einem mathematischen Modell verwendet werden um Wirkstoffkonzentrationen in den lebenden Hautschichten zu berechnen. Vorhersage und Bestimmung der Wirkstoffkonzentration am Wirkort ist von großer Wichtigkeit um die Wirkstoffentwicklung und die Zulassung von sicheren und effektiven Produkten zu beschleunigen.
- University of Bath - 100%
- Deb Roy, MIT - Massachusetts Institute of Technology - Vereinigte Staaten von Amerika
- Sam Raney, The US Department of Health and Human Services - Vereinigte Staaten von Amerika
- Audra L. Stinchcomb, University of Maryland - Vereinigte Staaten von Amerika