Funktionaler Entwurf biegsamer Flächen
Functional design of flexible surfaces
Wissenschaftsdisziplinen
Informatik (25%); Mathematik (75%)
Keywords
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Computational Differential Geometry,
Architectural Geometry,
Surface Deformations,
Mechanisms,
Industrial Design
Unter einer biegsamen oder transformierbaren Fläche wollen wir jegliche Objekte verstehen, deren Gestalt oder Funktion sich aufgrund geometrischer, mechanischer oder physikalischer Eigenschaften verändern lässt. Solche Flächen haben vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Architektur, bei industriellen Fertigungsprozessen und im computergestützten Entwurf. Im Rahmen dieses Projektes beschäftigen wir uns mit Datenstrukturen und Algorithmen, die den intuitiven Entwurf und die effiziente Bearbeitung solcher Flächen und der zugehörigen Transformationen ermöglichen. Die Transformation zwischen verschiedenen Flächenkonfigurationen soll dabei stets in beide Richtungen möglich sein. Aufgrund dieser Voraussetzung sind plastische Deformationen ausgeschlossen. Unter den elastischen Deformationen interessieren uns vor allem die isometrischen oder fast isometrischen Transformationen, die in der Praxis eine wichtige Rolle spielen. Als Spezialfall treten dabei die sogenannten abwickelbaren Flächen auf. Trotz ihrer Beliebtheit in vielen Anwendungsbereichen werden diese Flächen immer noch mit Techniken entworfen und bearbeitet, die ursprünglich für völlig andere Flächentypen entwickelt wurden. Ein wesentlicher Teil dieses Projekts beschäftigt sich mit der Darstellung, dem Entwurf und der Verarbeitung abwickelbarer Flächen. Dazu führen wir neue, für die Darstellung und Verarbeitung solcher Flächen angepasste Datenstrukturen und Algorithmen ein. Daraus ergibt sich ein Entwurfsverfahren, das auch für Nicht- Experten einfach zu verwenden ist. Aus dem Spezialfall abwickelbarer Flächen leiten wir entsprechende Algorithmen zur Behandlung allgemeiner (fast) isometrischer Freiformdeformationen ab. Ein wesentlicher Teil zur Lösung dieser Aufgabenstellung ist die Formulierung als restringiertes Optimierungsproblem und die Verwendung geeigneter Techniken zur Lösung solcher Optimierungsprobleme. Eine rein numerische Betrachtung führt in diesem Fall aber nicht zum Ziel. Wesentlicher Bestandteil ist eine auf die vorliegende Transformation angepasste Flächendiskretisierung, die gerade genug Freiheitsgrade bietet um die Transformation zu ermöglichen ohne die Dimensionalität des Optimierungsproblems unnötig zu erhöhen. Entsprechende Flächendiskretisierungen lassen sich mit Hilfe differentialgeometrischer Flächencharakteristika ableiten. Der Typ der betrachteten Deformation bzw. der Mechanismus der zur Realisierung verwendet wird bestimmt dabei Anzahl und Art der Nebenbedingungen der Optimierungsaufgabe.
Transformierbare Strukturen sind von großem Interesse in der Architektur und dem Industriellen Design. Da viele Produktionsprozesse von ebenem Ausgangsmaterial ausgehen, konzentriert sich dieses Projekt auf abwickelbare Flächen. Die Einschränkung auf längen-, flächen-, und winkeltreue Deformationen, sogenannte Isometrien, ermöglicht den Einsatz kostengünstiger Herstellungstechniken. Falten ist ein grundlegender und kosteneffizienter Prozess um ein ebenes Ausgangsmaterial in eine dreidimensionale Form zu überführen. Ob- wohl Falten schon seit Jahrhunderten praktiziert wird, ist dessen Anwendungen im größeren Maßstab eine Herausforderung. Dies ist hauptsächlich auf die Komplexität der Faltmuster und die schiere Anzahl der Flatlinien zurückzuführen. Dieser Umstand bedingt eine obere Schranke an die Anzahl der Faltlinien. Man kann jedoch nicht nur längs Geraden falten, sondern auch längs allgemeiner Kurven. Bei Verwendung solcher gekrümmten Faltlinien lassen sich komplizierte und ästhetisch anspruchsvolle Formen mit einer geringen Anzahl an Faltkurven realisieren. Obwohl der computergestützte Entwurf solch allgemeiner Faltmuster ein offenes Problem ist, wurde der eigentliche Faltprozess bereits erfolgreich mittels industrieller Roboter durchgeführt. Im Gegensatz zu diesem rein fertigungstechnischen Ansatz präsentieren wir einen auf Kabeln/Seilen basierenden Ansatz, der es erlaubt das Falten und Entfalten beliebig oft zu wiederholen und somit den dynamischen Charakter die Transformierbarkeit einer Struktur erhält. Zu diesem Zweck haben wir ein Flächendeformationsmodell entworfen, das speziell auf Flächen mit gekrümmten Faltlinien zugeschnitten ist. Ausgehend von einem Faltmuster wird der zugehörige kontinuierliche Faltungsvorgang bestimmt. Diese Referenzdeformation wird benutzt um ein Netzwerk aus Seilen und Kontaktpunkten auf der Fläche zu bestimmen. Durch Verkürzen der Gesamtlänge dieses Netzwerks wird die Ausgangsdeformation reproduziert. Neben der Berechnung und Simulation dieser Prozesse wurden diverse Modelle aus Papier, Kunststoff und Aluminium hergestellt, welche die rechnerischen Ergebnisse bestätigen.