Grabbauten des westlichen Treverergebietes im interregionalen Kontext

Ziel des vorliegenden österreichisch-luxemburgischen Projektantrages ist die wissenschaftliche Aufnahme, Rekonstruktion sowie ganzheitliche und interdisziplinäre Auswertung von oberirdisch sichtbaren, dekorierten Grabbauten und Grabbauteilen aus dem westlichen Treverergebiet (Gallia Belgica). Im Mittelpunkt stehen die außergewöhnlich zahlreichen und aussagekräftigen, bislang aber nur unzureichend erforschten und publizierten Grabbauten in den Archäologischen Museen von Arlon (B) und Luxemburg (L). Auch der Denkmälerbestand der umliegenden Gebiete wird in die Untersuchung einbezogen, darunter Neufunde aus der römischen Siedlung auf dem Titelberg (L). Im internationalen wissenschaftlichen Austausch mit einem bei der DFG beantragten Projekt zu den Grab- bauten aus Augusta Treverorum/Trier (D) und Umgebung soll so die Materialbasis für die übergreifende Auswertung dieser Monumentgattung aus einem in der Antike zusammenhängenden Gebiet (civitas Treverorum) geschaffen werden, indem bislang bestehende, auch sprachlich bedingte forschungs-politische Grenzen überwunden werden. Angesichts der Bedeutung von Augusta Treverorum als Zentrale der Gallia Belgica und der Lage der civitas Treverorum im Grenzbereich zu den germanischen Provinzen stellt die Aufnahme, Rekonstruktion und Auswertung des außergewöhnlich reichen Bestandes an Grabdenkmälern ein dringendes Forschungsdesiderat dar. Hier bietet sich die einmalige Gelegenheit, auf einer breiten Materialbasis exemplarisch Transformations-, Assimilations und Abgrenzungsprozesse zu untersuchen. Bei der Datenerstellung kommen Methoden der Archäologie, Kunstgeschichte und Epigraphik, der Bauaufnahme und Architekturgeschichte, sowie der Geologie und Chemie zur Anwendung. So soll gewährleistet werden, dass die Monumente kontextuell, in ihrer architektonischen Gesamtform, und vor ihrem sozio-kulturellen und wirtschaftsgeschichtlichen Hintergrund betrachtet werden können. Die Dokumentation erfolgt nach innovativen und interdisziplinären Methoden und kann die humanen und technischen Ressourcen der beteiligten Projektpartner und ihrer Institutionen in optimaler Weise nutzen. Auf diese Weise wird eine Datengrundlage geschaffen, die neue Fragestellungen zum Typenspektrum römerzeitlicher Grabbauten in den Nordwestprovinzen, zur Genese und Entwicklung der provinzialen Bau- ornamentik und Ikonographie sowie zu den Datierungsmöglichkeiten provinzialrömischer Plastik erlaubt. Werkstättenzusammenhänge und die angenommene Interaktion zwischen der Metropole und dem länd- lichen Raum können untersucht werden. Lokale Charakteristika, kulturelle Einflüsse aus dem Mittelmeer- raum sowie Repräsentationsformen einer provinzialen Bevölkerung werden vor ihrem sozio-kulturellen Hintergrund herausgearbeitet. Die Provenienzanalyse der Gesteinsmaterialien liefert einen Beitrag zur Erforschung der Wirtschaftsgeschichte und der Verkehrswege im Untersuchungsraum und darüber hinaus. Durch die internationale Projektvernetzung, die interdisziplinäre methodische Vorgangsweise und das gewählte breite Spektrum der Fragestellungen werden kulturhistorische Erkenntnisse angestrebt, die in vielfältiger Weise disseminiert und genutzt werden können.

Grabbauten des westlichen Treverergebietes im interregionalen Kontext Vernetzte Auswertung einer gesellschaftsgeschichtlich relevanten Fundgattung Im Zuge des FunMonTrev-Projektes wurde eine flächendeckende Bestandsaufnahme der aus Stein gefertigten großen Grabbauten der Römerzeit im westlichen Treverergebiet vorgenommen. Gemeinsam mit einem parallel laufenden Partnerprojekt der DFG zum östlichen Treverergebiet wird damit eine prominente Fundgattung dieses römerzeitlichen Stammes- und Verwaltungsgebietes, das Anteil an vier heutigen Staaten hat, im Überblick vorgelegt und erstmals umfassend interdisziplinär ausgewertet. An der Schnittstelle zwischen dem stark militärisch geprägten Limesgebiet und dem von der Narbonensis beeinflussten zentralgallischen Raum gelegen, erweist sich die civitas Trevero-rum als produktiver Kulturraum, von dem in den drei ersten Jahrhunderten n. Chr. wichtige Impulse ausgingen. Besonders im ländlichen Hinterland der Hauptstadt Augusta Treverorum/Trier geben die aufwändig gestalteten Grabmonumente im Zusammenhang großer Villenanlagen oder in den Gräber-straßen der vici einen tiefen Einblick in die soziokulturellen Verhältnisse der wohlhabenden Provinzbevölkerung. Bereits seit tiberischer Zeit entstanden im Untersuchungsraum erste aufwändige Rundgräber und mehrstöckige Mausoleen, deren Architekturformen, Bauornamentik und Bildrepertoire sich an den mediterranen Vorbildern orientierten. Wie die petrologischen Untersuchungen zeigten, wurden neben importiertem Steinmaterial aus Lothringen schon bald auch näher gelegene lokale Stein-ressourcen erschlossen, so etwa für die Grabbauten in Bartringen, Arlon oder am Titelberg. Durch die Bauaufnahme der erhaltenen Blöcke und die detaillierte Untersuchung ihrer Zurichtung können zahl-reiche frühe Grabbauten identifiziert, teilweise zeichnerisch oder dreidimensional rekonstruiert und in ihrem historischen, topographischen und gesellschaftlichen Zusammenhang interpretiert werden. Ab dem letzten Drittel des 1. Jahrhunderts und zu Beginn des 2. Jahrhunderts machen sich Veränder-ungen sowohl in der Typologie als auch in der Ausführung und Gestaltung der Grabbauten bemerk-bar. Neue Grabbauformen lassen sich aus den erhaltenen Bauteilen erschließen, die sich im Lauf des 2. Jahrhunderts zu den für die Region typischen pfeilerförmigen Grabmonumenten herausbilden. Daneben ergeben sich auch Hinweise auf andere, bislang weniger bekannte Grabbauformen. Die meisten Grabbauten dieser Region zeichnen sich durch einen außergewöhnlichen Bilderreichtum aus, der spannende Fragestellungen zu Dekor und Wirkung der Monumente, aber auch zu den Vor-gängen in den Werkstätten und am Baupolatz sowie zu den Lebensumständen und geistigen Vor-stellungen der Auftraggeber und Grabinhaber zulässt. Durch die Auswertung des Inschriftenmaterials ergeben sich zudem punktuelle Informationen zu einzelnen Individuen der damaligen Gesellschaft. Für das Treverergebiet lässt sich so ein umfassender Überblick gewinnen über eine Fundgattung, die unsere Vorstellung der "gallo-römischen" Kultur maßgeblich geprägt hat.