Wissenschaftsdisziplinen
Andere Geisteswissenschaften (25%); Kunstwissenschaften (60%); Philosophie, Ethik, Religion (15%)
Keywords
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Spatialising Composition Systems,
Interculturality,
Non-Dichtotome Approach,
Relation Image-Text-Space,
Non-Anthropocentric Models Of Subjectivity,
Transhistoric Approach
Wie kann Orientierung im 21. Jahrhundert verstanden werden? ORIENTATION AS GARDENING denkt den Begriff der Orientierung eher als transformativen Wandel denn als starre Konstruktion. Das Projekt nimmt als eine essenzielle Gemeinsamkeit seiner vielfältigen Elemente eine Infragestellung dualistischer Paradigmen, wie sie vor allem die westliche Erkenntnisgeschichte hervorgebracht hat, vor. Gerade in letzter Zeit entwickeln sich im westlichen Wissenschaftsbetrieb jedoch auch vielfältige Ansätze für alternative Subjektkonstellationen, nachhaltige Gestaltungssysteme, die Nachhaltigkeit dabei als vorrangig ethisches Konzept begreifen. ORIENTATION AS GARDENING reiht sich in diese Bestrebungen von Wissensgenerierung plus Selbstüberprüfung ein. Der im Projekt entwickelte Assemblage Board mit seinen Zonen und experimentellen Ansätzen bietet ein zentrales Instrument, unseregesammelten undentwickeltenDenkmodelleund -bemühungen zu veranschaulichen. Er übersetzt, sich gleichzeitig an ihnen orientierend, die Vorstellungen der Gestaltungssysteme, ihre räumlichen Vermittlungen und Vorgaben in ein Jetzt. Der Board ist ein abstrakter Garten, wobei Garten hier im erweiterten Sinn von menschlichem Gestaltungssystem gesehen wird. Er verknüpft das asiatisch elementare Konzept der gegenseitigen Bedingtheiten und sukzessiven Ortszuweisungen von Handlungen mit zeitgenössischen performativen und architektonischen Praxen. Der Assemblage Board ein Garten, eine Bühne, ein Speicher wird in Wien, London und Tokyo im öffentlichen Raum vor den Kooperationsinstitutionen jeweils ortsbezogen eingerichtet und agieren, die BewohnerInnen einbeziehen und genauso durch die dem Raum und den AktantInnen innewohnenden Verfasstheiten selbst Prägung erfahren. ORIENTATION AS GARDENING ist ein interkulturell angelegtes philosophisches und künstlerisches Projekt. Mit einem erweiterten Erfahrungsbegriff, der sich methodisch an einer Phänomenologie der Erfahrung orientiert, soll das bisherige westliche Subjektverständnis relativiert werden, gerade hinsichtlich seiner kategorialen Selbstverständigung. Das asiatische Denken hat grundlegende Philosophien der Erfahrung ausgearbeitet, dessen Ansätze werden mit aktuellen phänomenologischen Theorien des Posthumanism, Vital Materialism, Plant Thinking bzw. der Object Oriented Ontology konfrontiert. Der Begriff der Materialität wird hier nicht mehr als etwas verstanden, das dem Subjekt gegenübersteht. Dieser interkulturell philosophischen Lektüre stellen wir drei angewandte historische Gestaltungssysteme zur Seite: Den Sakuteiki, ein japanisches Gartenmanual aus dem 11.Jh., die Gartenschule des Epikur aus dem 3.Jh. v.u.Z. und die Kunst- Philosophie des chinesischen Malers Shitao aus dem 17. Jh. Ein Gardening, wie im Projekttitel verwendet, verweist dabei eher auf ein aktives Gestalten dieser Erfahrungszusammenhänge denn auf einen Garten im buchstäblichen Sinn. Wir sehen unser Projekt ORIENTATION AS GARDENING als eine Figur von diffizilen Ermächtigungspotenzialen, das in einer noch nicht vorgenommenen Weise transhistorische, interkulturelle und künstlerische Verknüpfungen leistet, die noch dazu auf verschiedenen Ebenen stattfinden, also einer Kreuz- und Querverschaltung gleichen einer Orientierungsmatrize.
Wer bin ich in Bezug zu dem, was mich umgibt? Ziel des zweijährigen, interkulturellen Forschungsprojektes ist eine Untersuchung des Begriffes Orientierung als nachhaltige, gestaltende Tätigkeit (Gardening) mit künstlerischen Mitteln, die die Dichotomie von Subjekt und Objekt hinterfragt und versucht, eine anthropozentrische Perspektive zu verlassen. Ausgangspunkt der Recherche waren drei nachhaltige historische Gestaltungssysteme: das Sakuteiki, ein japanisches Garten-Manual aus dem 11. Jahrhundert, die Kunst-Philosophie des chinesischen Malers Shitao (17. Jh.) und die Gartenschule des Epikur (300 v Chr.), die auf unterschiedliche Weise bestimmend für die Realisierung waren. Ein wörtliches orientieren, eine Ausrichtung nach Osten, richtete zunächst den Blick nach Japan: Strukturgebend wurde die Strategie der Acht Ansichten, die, aus der chinesischen Malerei kommend und nach Japan importiert, eine Landschaft aus acht unterschiedlichen Perspektiven beschreibt acht Ansichten stellvertretend für unendlich viele mögliche. Auf dieser Basis wurden acht Assemblage Boards entwickelt inspiriert von japanischen Shohin-Regalen für Bonsai und Steine und vergrößert auf menschliches Maß , die zum Ausgangspunkt für einen anderen Blick auf die Welt wurden. Als Untersuchungswerkzeug und gegenstand in einem, sowohl Bühne, Rahmen und Plattform, als auch Skulpturen wurden sie im öffentlichen Raum von Tokyo, London und Wien jeweils bearbeitet und angepasst. So wurden die Assemblage Boards selbst zu Subjekten und folgten ihrer eigenen Geschichte, die sich in den Titeln der einzelnen Boards vor Ort verdichteten. Transformiert zu unabhängigen Entitäten, die auf ihre Umwelt reagieren, konnten sie sich verändern und somit wieder eine Veränderung im Blick ihrer Betrachter hervorrufen. War es in Japan noch relativ leicht, sich anzubinden an eine non-anthropozentrische Sicht, die in der buddhistischen und shintoistischen Tradition wurzelt, wurde es im dichten Stadtgebiet von Kings Cross in London schwieriger, damit in Kontakt zu kommen und die in Japan gemachten Erfahrungen in den westlichen Kontext zu tragen. Hier begannen die Boards zu verschwinden, wurden unerreichbar oder wechselten das Medium. In Wien als drittem Teil des Projektes traten die acht Assemblage Boards in Dialog mit acht künstlerischen Positionen aus Japan, Großbritannien, Singapur und Österreich, die den Blick ebenso auf Orientierung und Kultivierung, Fürsorge und Beziehung, Autonomie und Abhängigkeit richteten, darauf, wie wir uns in unserer Mit-Welt verorten. Jeder Projektteil wurde begleitet mit Performances, Walks, Gesprächen, Führungen und Vorträgen. Das Projekt fand in Kooperation mit der Akademie der bildenden Künste Wien, dem Youkobo Art Space, Tokyo und der Central St Martins University of Arts, London, statt und wird begleitet von zwei Publikationen. Support: Austrian Cultural Forum, Tokyo and Austrian Cultural Forum, London www.orientationasgardening.net
- Christian Teckert Keindlsdorfer, Akademie der bildenden Künste Wien , nationale:r Kooperationspartner:in
- Anne Eggebert, University of the Arts London - Vereinigtes Königreich
Research Output
- 1 Publikationen
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Titel Die Lehre des Gartens. Gespräche in Japan. Typ Other Autor Platzek C