Marginalisierung und subkulturelle Gruppen in Byzanz (6. - 12. Jh.)
Marginalization and subculture groups in Byzantium (6th - 12th century)
Wissenschaftsdisziplinen
Psychologie (10%); Soziologie (20%); Sprach- und Literaturwissenschaften (70%)
Keywords
-
Marginalization,
Subculture Groups,
Self And Social Identity,
Deviant Behavior,
Everyday Life,
Hagiography
Forschungsziel ist es, die Phänomene sozialer Marginalisierung und subkultureller Gruppen im Kontext einer vor-modernen Gesellschaft an der Schnittstelle zwischen Ost und West und zwischen Spätantike und Mittelalter, nämlich im Byzanz des 6. bis 12. Jahrhundert, zu untersuchen, indem drei verschiedene, aber funktionell und räumlich verwandte Berufsbilder, das sind Gastwirte, Prostituierte und Mimen analysiert werden. Auf der Basis dieser speziellen Gruppen wird angestrebt, eine Reihe zentraler Fragen sozialgeschichtlicher Untersuchungen über Außenseiter und Randgruppen zu beantworten. Arbeitshypothese: Im Rahmen einer vielseitigen und umfassenden Annäherung an das Phänomen der Marginalisierung in Byzanz soll dieses Projekt die besagten Randgruppen im Licht von vier thematischen Untereinheiten, die unter folgenden Überschriften subsumiert werden können, erforschen: 1) Mechanismen der Marginalisierung; 2) soziale Interaktionen zwischen Normalen und Außenseitergruppen; 3) Typologische Kategorien des Verhaltens von Außenseitern; 4) Wahrnehmung und Identität von Randgruppen Die Arbeitsmethode basiert auf einer analytischen Lektüre aller relevanten schriftlichen Quellen vom 6. bis zum 12. Jahrhundert, zu der bildliche Quellenaussagen (und die wenigen relevanten Sachgüter) ergänzend verwendet werden. Das gesammelte Material wird sodann in einer komparativen Synthese und Interpretation der Informationen aufbereitet. Hierbei werden die Quellenaussagen mit Hilfe soziologischer, sozialpsychologischer und sozialanthropologischer Forschungsansätze bearbeitet und bewertet. Die Ergebnisse werden Neuland auf dem Gebiet der Byzantinistik erschließen und die Sozialgeschichte des östlichen Mittelmeerraumes in Spätantike und frühem Mittelalter befördern, unter einem streng interdisziplinären Fokus auf Applikation analytischer Mittel und Methodik moderner soziologischer Studien. Das Projekt durchleuchtet zentrale Aspekte sozialer Einstellungen und Wahrnehmungen in Byzanz sowie der Mentalitätsgeschichte im Mittelalter. Es schafft eine solide Basis an Quellenmaterial, terminologischen Definitionen und Interpretationen von sozialen Strukturen, Verhaltensweisen und Regeln, welche die Beziehung zwischen sozialen Randgruppen und der Hauptmasse der Gesellschaft samt ihrer politischen, intellektuellen und religiösen Eliten bestimmen. Eine quellenorientierte Analyse von Gastwirten, Prostituierten und Mimen, wie sie in diesem Projekt intendiert ist, ergibt zudem erweiterte Einsichten in den Bereich der byzantinischen Amüsements und Vergnügungen als einem wichtigen Aspekt byzantinischer Lebenswelt. Die erzielten Erkenntnisse lassen sich in das breitere Feld von Untersuchungen zu Mentalitäten, Denkweisen und Alltagsleben in Südosteuropa, im östlichen Mittelmeerraum und christlichen Nahen Osten einbetten.
Forschungsziel war es, die Phänomene sozialer Marginalisierung und subkultureller Gruppen in Byzanz vom 6. bis zum 12. Jahrhundert zu untersuchen, indem drei verschiedene, aber funktionell und räumlich verwandte Berufsbilder, das sind Gastwirte, Prostituierte und Mimen analysiert werden. Auf der Basis dieser speziellen Gruppen wird angestrebt, eine Reihe zentraler Fragen sozialgeschichtlicher Untersuchungen über Außenseiter und Randgruppen zu beantworten. Die Forschungsarbeit fokussierte, basierend auf einer systematischen Analyse der Quellen, auf 1) Mechanismen der Marginalisierung; 2) sozialen Interaktionen zwischen Normalen und Außenseitergruppen; 3) Typologischen Kategorien des Verhaltens von Außenseitern; 4) Wahrnehmung und Identität von Randgruppen. Den Ausgangspunkt zur Untersuchung der Marginalisierung von Außenseitern in Byzanz bildete der Marginalisierungsprozess. In Hinblick auf den Marginalisierungsprozess von Randgruppen in Byzanz und anderen Gesellschaften können wir zwischen zwei Ebenen unterscheiden. Die erste umfasst offizielle Einstellungen, die in Äußerungen, Urteilen und Verordnungen von weltlichen oder kirchlichen Autoritäten zum Ausdruck kommen, d.h. von den beiden Hauptpfeilern, auf denen die staatlichen Institutionen sowie der kulturelle und politische Zusammenhalt der byzantinischen Gesellschaft beruhten; sie wirkten meinungsbildend für die allgemeine Einstellung gegenüber Außenseitern. Die zweite Ebene fußt auf sozialen Konventionen und Verhaltensmustern, die sich bei normalen Menschen reaktiv herausbildeten und dominant wurden. Die Definition dieser Faktoren führt uns zu einem besseren Verständnis der Mechanismen, die die byzantinische Gesellschaft auf offizieller und informeller Ebene einsetzt, um vorherrschende soziale Normen durchzusetzen und verschiedene Kategorien von Randgruppen auszuschließen. Die verfügbaren Texte unterstreichen nach den Ansichten und Einstellungen der säkularen und kirchlichen Autoritäten die Existenz klar erkennbarer sozialer und räumlicher Unterschiede zwischen normalen Menschen und Außenseitern und betonen die mentale Trennung zwischen den Sphären des Reinen und des Unreinen. Ein weiteres Ziel des Projekts war es, die sozialen Interaktionen zwischen normalen und Außenseitern sowie den Reintegrationsprozess von Randgruppen in die Gesellschaft zu untersuchen. In der täglichen Praxis war die Wiedereingliederung von Prostituierten in die Gesellschaft kompliziert. Die Texte bezeugen, dass viele Menschen die Bekehrung von Randgruppen in Frage stellten. Die byzantinische Gesellschaft zögerte, ihre neuen Mitglieder als gleichberechtigt anzuerkennen und deren Vergangenheit zu vergessen. Jeder Fehltritt bis Rückfall konnte das bislang Erreichte schnell zunichtemachen. Aus soziologischer Sicht war das Erlernen der neuen Verhaltensmuster für ehemalige Prostituierte also keineswegs einfach, und sie erlebten während des Integrationsprozesses viele Schwankungen, bis sie Festigung erlangten oder mitunter auch scheiterten. Byzantinische Autoren entwickelten eine bestimmte Typologie von wiederkehrenden Merkmalen und Verhaltensmustern, die im Kontext der drei fraglichen Außenseitergruppen auftrat und uns ermöglicht, umfassende Informationen über die in den narrativen Darstellungen dieser Gruppen verwendete Terminologie und über vorherrschende gesellschaftliche Stereotype, Klischees und Vorurteile zu sammeln, die in den verfügbaren Quellen artikuliert sind. Diese Merkmale spiegeln teilweise die Wahrnehmung zeitgenössischer sozialer Realitäten wider oder erwachsen aus literarischen Konventionen, die auf der christlichen patristischen Tradition oder der spätantiken Rhetorik beruhen.
- Universität Wien - 100%
Research Output
- 1 Zitationen
- 3 Publikationen
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2017
Titel Coming of Age in Byzantium, Adolescence and Society DOI 10.1515/9783110576498 Typ Book Verlag De Gruyter Link Publikation -
2017
Titel Soziale Identitätsbildung im Jugendalter in Byzanz DOI 10.1515/9783110576498-007 Typ Book Chapter Autor Ariantzi D Verlag De Gruyter Seiten 117-140 -
2017
Titel Introduction: Approaches to Byzantine Adolescence (6th–11th centuries) DOI 10.1515/9783110576498-001 Typ Book Chapter Autor Ariantzi D Verlag De Gruyter Seiten 1-18 Link Publikation