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Emotionsspezifität von Placeboeffekten und deren neuronale Korrelate

Investigating the emotion specificity of placebo effects and their neuronal correlates

Anne Schienle (ORCID: 0000-0003-2173-6626)
  • Grant-DOI 10.55776/P27388
  • Förderprogramm Einzelprojekte
  • Status beendet
  • Projektbeginn 01.01.2015
  • Projektende 30.04.2017
  • Bewilligungssumme 125.790 €
  • Projekt-Website

Wissenschaftsdisziplinen

Klinische Medizin (50%); Psychologie (50%)

Keywords

    Placebo, Anxiety, Fmri, Disgust, Eye Tracking, Reappraisal

Abstract Endbericht

Das Wissen über Placeboeffekte im Kontext affektiver Verarbeitung ist immer noch sehr begrenzt. Im geplanten Projekt sollen emotionsspezifische Wirkungen einer Placebo- behandlung sowie deren neuronale Korrelate untersucht werden. Eine erste funktionelle Magnetresonanztomographie(fMRT)-Untersuchung unserer Arbeitsgruppe hatte gezeigt, dass ein Scheinpräparat zur Reduktion von Ekelsymptomen sehr effektiv war. Das Ekel- Placebo veränderte nicht nur das subjektive Erleben, sondern auch die Aktivität und Konnektivität in einem ausgedehnten neuronalen Netzwerk bestehend aus Insula, Amygdala, präfrontalen kognitiven Kontrollarealen und visuellem Kortex während der Betrachtung von Ekelbildern. Nun sollen Reaktionen auf ein Scheinpräparat zur Angstreduktion getestet werden, um diese mit denen auf ein Ekel-Placebo zu vergleichen. Die geplante fMRT-Studie, bei der die Teilnehmer Ekel und Angst induzierende sowie neutrale Bilder betrachten, erlaubt es uns, die Wirkungsweise spezifischer an ein Placebo gekoppelter affektiver Suggestionen zu analysieren. Da die fMRT-Messung mit Eye Tracking kombiniert werden soll, kann untersucht werden, ob das Placebo visuelle Aufmerksamkeitsprozesse verändern kann. Im zweiten geplanten Experiment soll die Placebobehandlung, die wir als unbewusste Emotionsregulation konzeptualisieren, mit bewusster Emotionskontrolle (Reappraisal) verglichen werden. Im Rahmen dieser fMRT-Studie durchlaufen die Teilnehmer drei Bedingungen während der Betrachtung Ekel auslösender Bilder: (a) sie erhalten ein Ekel- Placebo, (b) sie werden aufgefordert, den Inhalt der Bilder umzudeuten, so dass weniger Ekel erlebt wird, (c) sie betrachten die Bilder passiv. Diese Studie ermöglicht den direkten Vergleich neuronaler Netzwerke, die zentral für (un)bewusste Emotionsregulation sind. Das geplante Projekt hat wichtige klinische Implikationen. Von den Befunden könnten Personen profitieren, die unter sehr intensiven und schwer kontrollierbaren negative Emotionen (Ekel, Angst) leiden, insbesondere im Kontext bestimmter psychischer Störungen. 1

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden Effekte eines Ekel-Placebos (angebliches homöopathisches Präparat, das Ekelsymptome reduziert) sowie eines Ekel-Nocebos (angeblich eklig riechende Flüssigkeit, die Ekelsymptome verstärkt) während visuell ausgelösten Ekelgefühlen untersucht. Insgesamt wurden vier Experimente durchgeführt. In einer ersten Eye-Tracking-Studie betrachteten die Probandinnen affektive Bilder, einmal mit und einmal ohne Placebo. Hierbei konnten keine Placebo-Effekte auf Blickbewegungen identifiziert werden, obwohl sich der erlebte Ekel deutlich reduzierte. Deshalb wurde in einer zweiten Eye-Tracking-Studie die Bildpräsentation modifiziert mit jeweils zwei gleichzeitig am Computerbildschirm gezeigten affektiven Szenen (Ekel, Neutral). Das Placebo verstärkte die visuelle Hinwendung zum Ekelobjekt. Die dritte Studie mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) widmete sich dem direkten Vergleich von Wirkungen eines Placebos (automatische Emotionsregulation) und kognitiver Neubewertung (willentliche Emotionsregulation) auf die Ekelverarbeitung. Im Vergleich zur Kontrollbedingung (passive Bildbetrachtung) führten sowohl das Placebo als auch die Neubewertung zu Reduktion des erlebten Ekels. Durch das Placebo kam es zu einer verminderten Aktivierung der Insula und des dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC). Im Gegensatz dazu induzierte Neubewertung eine erhöhte Aktivierung in beiden Regionen. Darüber hinaus waren beide Regulationsstrategien mit entgegengesetzten neuronalen Konnektivitätsmustern assoziiert. Nur die Placebogabe führte zu einer reduzierten Kopplung zwischen Amygdala, Insula und DLPFC. Es stellt einen überaus spannenden Befund dar, dass konträre neuronale Aktivierungsmuster mit vergleichbarem Ekelerleben einhergehen. Schließlich zeigte sich in einer vierten Studie mit fMRT, dass ein Ekel-Nocebo während Betrachtung ekliger Bilder zu gesteigertem Ekelerleben führte sowie zu einer Verstärkung der Aktivierung des orbitofrontalen Kortex und dessen Konnektivität mit der Insula (Interozeption) und dem piriformen Kortex (Geruchimagination). Außerdem beeinflusste das Nocebo die Aktivität und Konnektivität im visuellen Kortex und damit die sensorische Verarbeitung der Ekelbilder. Insgesamt wurden bedeutsame subjektive und neuronale Placebo- und Noceboeffekte im Kontext affektiver Verarbeitung identifiziert. Diesen Effekten kann nun in klinischen Studien weiter nachgegangen werden mit Patienten, die unter sehr intensiven und schwer kontrollierbaren Ekelgefühlen leiden.

Forschungsstätte(n)
  • Universität Graz - 100%

Research Output

  • 67 Zitationen
  • 6 Publikationen
Publikationen
  • 2016
    Titel When opposites lead to the same: a direct comparison of explicit and implicit disgust regulation via fMRI
    DOI 10.1093/scan/nsw144
    Typ Journal Article
    Autor Schienle A
    Journal Social Cognitive and Affective Neuroscience
    Seiten 445-451
    Link Publikation
  • 2016
    Titel Testing the effects of a disgust placebo with eye tracking
    DOI 10.1016/j.ijpsycho.2016.01.001
    Typ Journal Article
    Autor Schienle A
    Journal International Journal of Psychophysiology
    Seiten 69-75
    Link Publikation
  • 2018
    Titel Investigating visual effects of a disgust nocebo with fMRI
    DOI 10.3233/jin-170041
    Typ Journal Article
    Autor Höfler C
    Journal Journal of Integrative Neuroscience
    Seiten 1-9
    Link Publikation
  • 2017
    Titel Emotion-specific nocebo effects: an fMRI study
    DOI 10.1007/s11682-017-9675-1
    Typ Journal Article
    Autor Schienle A
    Journal Brain Imaging and Behavior
    Seiten 180-187
    Link Publikation
  • 2017
    Titel Voxel-based morphometry of disgust sensitivity
    DOI 10.1080/17470919.2017.1288657
    Typ Journal Article
    Autor Wabnegger A
    Journal Social Neuroscience
    Seiten 241-245
    Link Publikation
  • 2018
    Titel Investigating visual effects of a disgust nocebo with fMRI
    DOI 10.31083/jin-170041
    Typ Journal Article
    Autor Höfler C
    Journal Journal of Integrative Neuroscience
    Seiten 83-88
    Link Publikation

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