Kollektive Utopien der Nachkriegsmoderne
Collective Utopias of Post-War Modernity
Wissenschaftsdisziplinen
Geowissenschaften (25%); Geschichte, Archäologie (25%); Humangeographie, Regionale Geographie, Raumplanung (25%); Medien- und Kommunikationswissenschaften (25%)
Keywords
-
Military,
Modernity,
Tourism,
Cold War,
Relational Art,
Mapping
Die adriatische Küste des ehemaligen Jugoslawiens machte in der Zeit der Nachkriegsmoderne eine große Transformation durch. Besonders prägend war dabei die Entwicklung des (Massen- )Tourismus, der das Gebiet bis heute stark prägt. Viel unbekannter ist, dass das gleiche Gebiet zur gleichen Zeit als wichtige Verteidigungslinie des Landes aufgerüstet wurde. Im Zuge des Kalten Kriegs wurden entlang der Küste und der Inseln unter strenger Geheimhaltung etliche militärische Verteidigungsanlagen gebaut, die das blockfreie Land gegen einen potenziellen Angriff der NATO schützen sollten. Schon seit den 1990er Jahren steht der Großteil der Militäranlagen leer und wird dem Verfall überlassen wie auch eine nicht zu vernachlässigende Anzahl der Tourismusbauten aus dieser Periode. Dabei befinden sich diese Räume auf dem begehrtesten Bauland der Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Und während die sozialistische Tourismusarchitektur in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit fand und mehrfach künstlerisch und wissenschaftlich thematisiert wurde, herrscht um die militärischen Räume immer noch große Unwissenheit. Die Arbeit Kollektive Utopien der Nachkriegsmoderne: Adriatische Küste als Urlaubs- und Verteidigungsparadies untersucht die beiden Phänomene Militär und Tourismus, sowie ihre Auswirkung auf die adriatische Küste und das Leben der dort lebenden Bevölkerung. Das Ziel des Projekts ist es durch die Zusammenführung unterschiedlicher ProtagonistInnen, wie AnwohnerInnen, ehemaligen Militärfunktionären, Urban Explorer, lokalen HistorikerInnen oder TouristInnen, kollektives Wissen zu sammeln, in Beziehung zu stellen und zu visualisieren. Mithilfe von speziell entwickelten und im Laufe der Recherche immer wieder neu gezeichneten Mappings versucht das Projekt Vergangenheit und Gegenwart sowie offizielle Informationen und individuelle Geschichten zusammenzuführen. Anhand von exemplarischen Fallstudien wird eine methodische Abfolge erprobt, die verschiedene Ebenen der Interaktion zwischen Tourismus und Militär erkundet und die Möglichkeit eröffnet, sie miteinander in Verbindung zu setzen. Diese Beziehungen werden vertiefend in Bezug auf die Begriffe Funktion und Fiktion diskutiert. Dabei werden unterschiedliche Interpretationen, Qualitäten und Erscheinungsformen dieser Relationen erläutert und visualisiert. Zwischenzeitliche Forschungsergebnisse werden einerseits durch Site-Specific-Interventionen und Ausstellungen ins Feld zurückgespielt, andererseits werden sie durch die Verbreitung über Konferenzen, Blogs und Social Media auch einem breiten Fachpublikum zur Disposition gestellt. So wird die Brücke zwischen niederschwellig-emotionalen und akademisch-wissenschaftlichen Zugangsweisen geschlagen. Die Arbeit thematisiert in ihrer Vielstimmigkeit das Fehlen offiizieller Wahrheiten, um in weiterer Folge der kollektiven Aufarbeitung diesen speziellen baulichen Erbes zu dienen.
Das Forschungsprojekt "Kollektive Utopien der Nachkriegsmoderne" beschäftigte sich mit den urbanen Transformationen an der Adriaküste des ehemaligen Jugoslawiens in der Zeit des Kalten Kriegs. Es untersuchte den gleichzeitigen Ausbau touristischer und militärischer Infrastrukturen sowie deren langfristige Auswirkungen auf die Küstengemeinden und deren Bevölkerung. Das Projekt konzentrierte sich auf sechs Case-Study-Orte, die aufgrund komplexer Wechselwirkungen zwischen militärischer und touristischer Nutzung ausgewählt wurden: Brijuni, Lošinj, Vis, Lastovo, Šepurine und Kumbor. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Frage, wie die Erinnerung an diese Zeit heute in der Region bewahrt wird und welche Rolle ehemalige Tourismusanlagen und militärische Sperrzonen dabei spielen. Die Untersuchung zeigte, dass sowohl der Ausbau des Tourismus als auch die militärische Nutzung tiefgreifende soziale, kulturelle und ökonomische Auswirkungen auf die Gemeinden hatten. Die Orte entwickelten sich jedoch unterschiedlich, abhängig von Faktoren wie geografischer Lage, Größe und Bedeutung innerhalb des jugoslawischen Systems. Eine der größten Herausforderungen des Projekts war der Mangel an zugänglichen schriftlichen Quellen, da militärische Informationen unter Geheimhaltung standen und heute nur schwer auffindbar sind. Diese Lücken in der Dokumentation prägten die methodische Herangehensweise und wurden im Rahmen der Arbeit bewusst thematisiert. Qualitative Methoden wie Interviews, fotografische und videografische Aufzeichnungen, Archivrecherchen und die Analyse von Social-Media-Daten wurden kombiniert, um die komplexen historischen Narrative und die Auswirkungen der urbanen Transformation zu verstehen. Ziel war es, durch künstlerisch-wissenschaftliche Methoden die bestehende Fragmentierung der Quellen zu überwinden. Gleichzeitig wurde diese Fragmentierung als kreatives Werkzeug genutzt, etwa durch Techniken wie Montage und Überlagerung. Ein wichtiger Teil des Projekts war die Entwicklung einer Ausstellung, die im Historischen Museum von Bosnien und Herzegowina in Sarajevo - dem ehemaligen Museum der Revolution Jugoslawiens - präsentiert wurde. Arbeiten, die im Rahmen der Forschung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteur*innen entstanden, wurden dort vereint und in den zeitlichen sowie räumlichen Kontext gestellt. Innerhalb des Ausstellungssettings wurde ein Raum des Austauschs geschaffen, der es ermöglichte, neue Erkenntnisse zu sammeln und diese im Rahmen einer multidisziplinären Konferenz zu diskutieren. Ergänzend dazu wurde eine Webseite (leisureanddefence.org) entwickelt, um die Forschungsergebnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
- Anamarija Batista, Akademie der bildenden Künste Wien , assoziierte:r Forschungspartner:in
- Ksenija Orelj, Sonstige Forschungs- oder Entwicklungseinrichtungen - Kroatien
- Tolj Slaven, Sonstige Forschungs- oder Entwicklungseinrichtungen - Kroatien
- Vjeran Pavlakovic, University Rijeka - Kroatien
Research Output
- 9 Publikationen
- 7 Künstlerischer Output
- 6 Disseminationen
- 1 Weitere Förderungen
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2021
Titel Shared Spending as the Path of Social Freedom; In: Symptoms of Future Typ Book Chapter Autor Anamarija Batista Verlag Onomatopee Z0033 -
2019
Titel Karterung der Lücke: Von geheimen Bunkern, überfüllten Stränden und dem Leben dazwischen Typ Conference Proceeding Abstract Autor Dika A Konferenz Österreichische Doktorand_innensymposion der Architektur -
2024
Titel Free Time Typ Book Autor Anamarija Batista Verlag Kunstraum Innsbruck -
2020
Titel Adriatic Coast Between Mass Tourism and Cold War; In: Mapping the Croatian Coast. A Road Trip to Architectural Legacies of Cold War and Tourism Boom Typ Book Chapter Autor Dika A Verlag jovis Seiten 4 -
2022
Titel Notions of Temporalities in Artistic Practice DOI 10.1515/9783110720921-010 Typ Book Chapter Verlag De Gruyter -
2023
Titel Distance View. Leisure and Defence on the Adriatic Coast / Pogled u daljinu. Odmor i obrana na Jadranskoj obali Typ Other Autor Batista A -
2023
Titel Distance View. Leisure and Defence on the Adriatic Coast / Pogled u daljinu. Odmor i obrana na Jadranskoj obali Typ Book Autor Anamarija Batista Verlag Historical Museum of Bosnia and Herzegovina -
2023
Titel Military on the Coast in Times of Peace / Vojska na obali u vrijeme mira; In: Distance View. Leisure and Defence on the Adriatic Coast / Pogled u daljinu. Odmor i obrana na Jadranskoj obali Typ Book Chapter Autor Dika A Verlag Historical Museum of Bosnia and Herzegowina -
2025
Titel Rethinking Obsolete Typologies: Transformation Potentials and Scenarios Typ Book Autor Batista Anamarija Verlag Birkhauser
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2023
Link
Titel Close to Portonovi Typ Artwork Link Link -
2023
Titel Fragmented Memories: Leisure and Defence on the Adriatic Coast Typ Film/Video/Animation -
2023
Link
Titel Picture Books: About Connections and Solidarity Typ Film/Video/Animation Link Link -
2023
Link
Titel The Distance View Typ Artistic/Creative Exhibition Link Link -
2023
Link
Titel Brijuni, Lastovo, Mali Lošinj, Vis Typ Artwork Link Link -
2023
Link
Titel Beach Towels Typ Artwork Link Link -
2023
Link
Titel A Map is a Map is a Map is a Map Typ Artwork Link Link
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2024
Titel ASEEES Conference in Boston Typ A formal working group, expert panel or dialogue -
2023
Titel Collective Utopias of Post-War Modernity at the Adriatic Coast - Workshop in Reykjavík Typ A formal working group, expert panel or dialogue -
2024
Link
Titel Lecture Austrian Society for Architecture Typ A formal working group, expert panel or dialogue Link Link -
2024
Titel Lecture TU Wien Typ A talk or presentation -
2019
Titel Talk in Depot Typ A talk or presentation -
2023
Titel WORCK Conference Prague, 2023 Typ A formal working group, expert panel or dialogue
-
2022
Titel From Army Stories to Community Heritage Typ Research grant (including intramural programme) Förderbeginn 2022 Geldgeber Austrian Science Fund (FWF)