Islamische (Inter)Faces des Internet

Das Projekt Islamic (Inter)Faces of the Internet: Emerging Socialities and Forms of Piety in IndonesiahatzumZiel, die in den täglichen Gebrauch sozialer Medienund Kommunikationstechnologien eingebettete Religiosität indonesischer MuslimInnen zu untersuchen. Mit seinem Fokus auf Indonesien, dem Land mit der größten muslimischen Bevölkerung, will das Projekt zur aktuellen sozialanthropologischen Literatur über soziale Medien, kontemporäre Religiösitäten und Entwicklungen innerhalb des indonesischen Islam beitragen. Es hat den Anspruch, in diesen drei Feldern neues Terrain zu erschließen, indem es islamische Alltagsfrömmigkeit und regelmäßige religiöse Versammlungen mit dem Gebrauch von sozialen Medien (hauptsächlich Facebook und BlackBerry Messenger) in Verbindung setzt. Der neusten sozialanthropologischen Literatur folgend, begreift das Projekt das Internet als eine Ansammlung von Interfaces (Schnittstellen), unter denen soziale Netzwerke besonders hervorstechen, nicht zuletzt weil diese immer stärker in den Alltag der UserInnen integriert werden. Das trifft besonders auf den in Indonesien zu beobachtenden Gebrauch von sozialen Netzwerken zu. Diese Interfaces, worauf der Name des populärsten Netzwerks Facebook hinweist, bieten viele Möglichkeiten, um insbesondere auch religiöse Bilder und Texte auszustellen. Im indonesischen Kontext wurden die Interfaces der sozialen Medien zu Orten, wo die unterschiedlichen islamischen Faces des Landes präsentiert werden bzw. neue Formen vonFrömmigkeitundSozialität in ihren online/offline Wechselbeziehungen im Entstehen begriffen sind. Das Projekt konzentriert sich speziell auf die erste Generation indonesischer MuslimInnen, die das Internet in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren meist während des Studiums für sich entdeckte, sowie auf die populären islamischen PredigerInnen, die oft auch Teil dieser medienaffinen Generation sind. Eine Untersuchung ihrer online und offline Praktiken, ihrer Formen von Frömmigkeit und Sozialität setzt Feldforschungen in den wichtigsten Städten Javas, wie Jakarta, Yogyakarta, Bandung und Surabaya, voraus. Indem das Projekt den Netzwerken der UserInnen und islamischen PredigerInnen folgt, erstreckt es sich zudem bis in Regionen außerhalb Javas, wo wichtige Provinzstädte wie Makassar, Manado, Palu und Ambon gelegen sind. Gemeinsam mit den bedeutendsten Städten Javas formen diese einen Raum von aufkommenden Formen von Frömmigkeit und Sozialität, der bestimmte Ausdrücke islamischer Frömmigkeit in miteinander verschränkten online/offline Bereichen aufweist. Diese werden unter Anwendung einer Kombination von qualitativen offline und online-Methoden von einem Forschungsteam untersucht, das aus österreichischen und indonesischen ForscherInnen besteht.

Das Projekt Islamic (Inter)Faces of the Internet: Emerging Socialities and Forms of Piety in Indonesia untersuchte die neuen Formen von Sozialität und Frömmigkeit unter muslimischen Usern von sozialen Medien und die Art und Weise, wie in indonesischen online/offline Räumen der Islam vermittelt wird. Die offline Forschungen fanden in den bedeutendsten Städten auf Indonesiens zentraler Insel Java statt sowie in bestimmten peripheren Regionen, während online die populären Plattformen Facebook, Instagram und YouTube sowie die Messaging Apps WhatsApp, LINE, Telegram, BlackBerry Messenger und Facebook Messenger für die Forschung zentral waren. Das Projekt untersuchte sowohl bereits existierende Sozialitäten, wie islamische Gebetsgruppen (majelis taklim), die auch online aktiv wurden, als auch neue Formen islamischer Sozialität, die aufgrund der steigenden Popularität von sozialen Medien entstanden sind. Das Projekt konnte zeigen, dass islamische online/offline Sozialitäten heute in Indonesien vermehrt durch dialogische Konstruktionen von islamischer Autorität gekennzeichnet sind. Dabei werden insbesondere die persönlichen Sorgen von Musliminnen der indonesischen Mittelklasse zum Thema gemacht. Im Gegensatz dazu werden Muslime der unteren Klassen, die aufgrund eingeschränkten Zugangs und begrenzter finanzieller Mittel nicht an den neuen online/offline Praktiken teilhaben können, in Bezug auf diese neuen Formen von islamischer online Sozialität zurückgelassen. Das Projekt verdeutlichte also, wie der digital divide zu einem islamischen digital divide werden kann. Das Projekt machte auch sichtbar, wie soziale Medien persönliche Erfahrungen und das Verständnis von persönlicher Hingabe und sozialem Engagement, die rezente muslimische Subjektivitäten in Indonesien definieren, beeinflussen und Selbst-Disziplin zu einem zentralen Wert heutiger islamischer online Praktiken wurde. Darüber hinaus haben indonesische Muslime Strategien entwickelt, wie sie mit Sorgen und Ängste, die manche online Praktiken hervorrufen, umgehen können, speziell um Vorwürfen zu begegnen, dass sie ihre Frömmigkeit zur Schau stellen würden (riya`). Das Projekt konnte auch die Popularität von online Spenden unter indonesischen Muslimen der Mittelklasse beobachten. Die islamischen Wohlfahrtsorganisationen bemühen sich heute ihre Hilfe und deren mediale Darstellung zu beschleunigen, indem sie die Unmittelbarkeit ihrer Hilfe auf sozialen Medien dokumentieren. Sie versuchen so, attraktiv für Spender zu sein, die nicht nur eine schnelle, unbürokratische Umwandlung ihrer Spenden in konkrete Hilfe erwarten, sondern auch glauben, dass ihre karitative Investition eine unmittelbare materielle und spirituelle Gegenleistung zur Folge haben wird.