Diverse Obst- und Gemüsescheiben und Blätter vor grünem Hintergrund
Das neue Förderangebot zielt darauf ab, radikale Innovationen in Österreich zu begünstigen. Gefördert werden seitens des FWF im ersten Schritt Top-Citizen-Science-Projekte aus der Grundlagenforschung, die sich mit dem Thema „Sustainable Food Systems“ auseinandersetzen. © Unsplash

Die derzeitige Gestaltung unserer Lebensmittelsysteme erfordert aufgrund seiner immer evidenter werdenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen ein Umdenken, das mit einer Forderung nach einer vermehrt systemischen Betrachtung und einer Nachhaltigkeitstransformation u.a. im Sinne der Sustainable Development Goals (SDGs) einhergeht.

„Will man Lebensmittelsysteme in Richtung Nachhaltigkeit und Zukunftsfitness transformieren, muss man sie als komplexe Systeme begreifen. Diese Systeme durch Vernetzung, Austausch und Innovation in Richtung Nachhaltigkeit zu fördern sind genau jene Impulse, die es braucht um Lebensmittelsysteme ökologisch, ökonomisch und sozial weiterzuentwickeln“, ist Hanni Rützler (Foodtrend-Expertin, Autorin des jährlichen „Food Report“ und Mitglied aws Expert*innen Jury) überzeugt.

Mit der „aws Sustainable Food Systems Initiative“ setzt die Austria Wirtschaftsservice gezielt einen thematischen Schwerpunkt auf dieses Zukunftsfeld. Mit monetärer Förderung und begleitenden Services von Bewusstseinsbildung, Vernetzung und Know-how Austausch sollen Innovationspotenziale am Weg zu ökologisch, ökonomisch und sozial gerecht(er)en Lebensmittelsystemen gezielt adressiert werden.

„Mit einem klaren Commitment zur Grünen und Digitalen Transformation will die aws mit der Sustainable Food Systems Initiative ein starkes Zeichen setzen. Lebensmittelsysteme sind aktuell, in Bezug auf ihren Beitrag zur Transformation, noch unterrepräsentiert und unterbewertet. Gleichzeitig werden viele der angepeilten und notwendigen Veränderungen bereits von Akteur*innen aufgegriffen. Ihre Innovationen nehmen im Transformationsprozess eine Schlüsselfunktion ein, denn Innovationen und neue Ansätze sind gefragt. Genau hier wollen wir proaktiv mit unseren Instrumenten und breitgefächerten Unterstützungsmöglichkeiten einen Beitrag leisten und in einem ersten Schritt Pionier- und Nischenvorhaben in der Frühphase unterstützen“, so aws Geschäftsführerin Edeltraud Stiftinger.

Der erste Fokus liegt dabei auf der monetären Förderung von innovativen Lösungsansätzen, die Impulse für die geforderte Nachhaltigkeitstransformation setzen. „Dieses Engagement für ökologische, ökonomische und soziale Innovationen fördert inspirierende Blaupausen für die Zukunft unserer Lebensmittelsysteme“, bekräftigt Hendrik Haase (Autor „Food Code“ und Mitglied aws Expert*innen Jury) die Ausrichtung der aws Sustainable Food Systems Initiative.

Gemeinsame Maßnahmen begünstigen Vorhaben 

Die „aws Sustainable Food Systems Initiative“ ist aus Mitteln des Fonds Zukunft Österreich mit Unterstützung des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität und Technologie (BMK) durch die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung finanziert und ist Teil einer gemeinsam mit dem österreichischen Wissenschaftsfonds FWF umgesetzten Maßnahme, um Innovationen in Lebensmittelsystemen gesamtheitlich von der Grundlagenforschung bis hin zu konkreten Vorhaben zu begünstigen.

Seitens des Wissenschaftsfonds FWF wurden in der gemeinsamen Maßnahme in den Programmen „Top-Citizen Science“ sowie „Wissenschaftskommunikation“ zwei Projekte im Themenschwerpunkt „Sustainable Food Systems“ mit einer Gesamtsumme von rund 130.000 Euro unterstützt. Ziel war es, sowohl Kommunikationskonzepte, als auch Bürger*innenbeteiligung an Forschungsprojekten, die sich mit nachhaltigen Lebensmitteln und einem nachhaltigen Lebensmittelsystem beschäftigen, auszubauen. Folgende Themenbereiche wurden dabei behandelt: Gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion, Klimaneutrale und ressourceneffiziente Agrar-, Ernährungs- und Lebensmittelsysteme sowie Ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen von Nahrungsmittelproduktionssystemen. Ab 2024 wird die Maßnahme im FWF-Programm #ConnectingMinds abgewickelt.

„Lebensmittelsysteme sind für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und müssen zur Bewältigung der Klimakrise verstärkt ins Blickfeld der Innovationspolitik gerückt werden“, so FWF-Präsident Christof Gattringer. „Mit dieser Maßnahme leisten wir einen Beitrag zur Transformation zu ökonomisch, ökologisch und sozial gerechten Lebensmittelsystemen“, so Gattringer abschließend.

Ausbau von Services als nächster Schritt der aws Initiative

Nach zwei erfolgreichen Förderungsrunden liegt der Fokus der aws Sustainable Food Systems Initiative in Zukunft auch auf dem Ausbau von Services, um die geförderten Projekte auf ihrem Weg zum nachhaltigen Erfolg zu unterstützen und zu begleiten. Wesentlich wird hier auch die Einbindung der – bereits aus mehr als 400 Food Systems Akteur*innen bestehenden – Interessentencommunity aus Wissenschaft, öffentliche Verwaltung, KMU, Start-ups und Zivilgesellschaft sein.

„In Zukunft werden neben Förderungen auch Vernetzungs- und Erkundungsräume benötigt, um die Erkenntnisse aus einem breiten Spektrum heterogener Branchen, Gemeinschaften und Themen zusammenzuführen. Durch neue Innovationsgemeinschaften lassen sich zukunftsweisende und transformative Lösungsansätze stärken, multiplizieren und in den Mainstream bringen“, untermauert Marianne Penker (BOKU – Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Mitglied aws Expert*innen Jury) die Bestrebungen der aws.

„Genau hier sollen auch unsere zukünftigen Services ansetzen. Mit der Innovationskraft von Pionier*innen, die oft über Disziplinen und Branchengrenzen hinweg agieren, werden wichtige Impulse gesetzt und hier wollen wir – auch gemeinsam mit anderen Food Systems Akteur*innen – diese so wichtigen Vernetzungs- und Möglichkeitsräume schaffen“, erläutert Sabine Pümpel, Programmleitung der aws Sustainable Food Systems Initiative den ganzheitlichen Unterstützungsansatz. „Mit ersten Vernetzungsservices, um neue Kooperationen zwischen den bisher geförderten Vorhaben anzustoßen, starten wir bereits im Juni.“

Vier Best Practices aus rund 200 Einreichungen

In der ersten Förderungsrunde wurden nach Auswahl durch eine hochkarätige, international besetzte Expert*innen Jury 16 Projekte mit bis zu EUR 50 Tsd. gefördert. Die Ergebnisse der zweiten Förderungsrunde stehen Ende Juni fest. Eine weitere Förderungsausschreibung ist für Q4/2024 geplant. Die folgenden Best Practices zeigen das breite Spektrum an innovativen Lösungsansätzen:

MILA

Der MILA Mitmach-Supermarkt bindet Konsument*innen ein und macht so auch Biolebensmittel für alle leistbar. Die Initiator*innen des MILA Mitmach-Supermarkts haben es sich zum Ziel gesetzt, ein neues Lebensmittel-Einkaufssystem zu etablieren. In diesem kooperativen Projekt sind die Kund*innen gleichzeitig Mitbesitzer*innen und können kostengünstige Lebensmittel erwerben, die zu einem großen Teil biologisch sind und aus der Region stammen. Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft – also quasi einem kleinen Teil vom eigenen Supermarkt – sind ein einmaliger Genossenschaftsanteil sowie die Mitarbeit im Supermarkt. Dadurch bekommt man Zugang zu einigen Vorteilen wie einer großen Auswahl an hochwertigen Lebensmitteln zu günstigen Preisen, Preistransparenz durch einen einheitlichen Preisaufschlag von 30 % und Mitbestimmungsmöglichkeiten.

CIRCLY

Circly entwickelt eine KI-gestützte Plattform, die die Zusammenarbeit über die gesamte Lebensmittellieferkette hinweg ermöglicht, um eine bessere Planung und weniger Verschwendung zu erreichen. Das neue Projekt zielt darauf ab, im Lebensmittelsektor sowohl eine optimale Nachfrageprognose als auch einen Überblick über Bestände und zukünftige Bedürfnisse zu bieten. Optimiertes Bestands- und Bedarfsmanagement ist eine große Herausforderung im Lebensmittelhandel. Die kollaborative Plattform ermöglicht den Datenaustausch mit allen Partnern entlang der Lieferkette, erleichtert durch KI-gestützte Bestands- und Bedarfsprognosen die Optimierung und verbessert dank Digitalisierung die Transparenz.

TISCH ZWÖLF

Die Initiative „Tisch Zwölf“ macht Gemeinschaftsverpflegung in Vorarlberg zukunftsfähig und weitet sein Angebot – die Verbindung eines nachhaltigen gesunden Mittagessens in Gemeinschaft mit der Weitergabe von Lebensmittel-Know-how – auf Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen aus. Mittels Ernährungsbildung und schlauen Rezepturen schaffen sie Verständnis für regionale, saisonale, biologische und damit gesunde Lebensmittel. Und wollen den Wandel in der Gemeinschaftsverpflegung insbesondere durch die Vermittlung von Spaß am guten Essen schaffen. Dafür nützen sie bestehende Strukturen – wie Küchen in Betrieben oder Veranstaltungssälen an Schließtagen. Sie entwickeln so ein Modell, das idealerweise über Multiplikation skaliert werden soll.

UNVERSCHWENDET

Unverschwendet verfolgt seit der Gründung die Vision, mit ihrem Geschäftsmodell systematisch zur Lebensmittelabfallvermeidung beizutragen. Das Unternehmen verarbeitet aus der Landwirtschaft und der Produktion gerettetes Obst und Gemüse zu neuen Produkten. Mit einem neuen Konzept – unter Nutzung digitaler Tools – zur Vermittlung von Lebensmitteln aus der Überproduktion möchte das Team zur Versorgung sozialer Einrichtungen im Großraum Wien beitragen. Die Lebensmittel sollen direkt von der Landwirtschaft oder aus der Produktion vor der Vernichtung gerettet und den Einrichtungen bedarfsgerecht zugeführt werden. Zahlreichen Einrichtungen fehlen die logistischen und infrastrukturellen Kapazitäten, um überschüssige Lebensmittel aus der vorgelagerten Wertschöpfungskette zu beziehen. Bei der Umsetzung des Konzepts soll Unverschwendet als Dreh- und Angelpunkt der Vermittlung von geretteten Lebensmitteln fungieren.

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