Wie werden Impfentscheidungen in einer Gesellschaft getroffen? Wie können Wirkstoffe gezielt in Krebszellen gelenkt werden? Wie verändert der Klimawandel die Wasserökosysteme? Und welche neuen Wege gibt es in der Entwicklung von Quantencomputern? Die 2021 geförderten START-Projekte spannen einen weiten Bogen von Politikwissenschaften über Chemie und Ökologie bis hin zur Quantenphysik.

Neben dem Wittgenstein-Preis zählen die START-Preise zur prestigeträchtigsten und höchstdotierten wissenschaftlichen Auszeichnung Österreichs. Die Förderung richtet sich an aufstrebende Spitzenforschende, denen die Möglichkeit gegeben wird, auf längere Sicht und finanziell abgesichert ihre Forschungen zu planen. Insgesamt sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten 2021 in dem hochkompetitiven Auswahlprozess aus 102 Anträgen reüssieren.

Das Antragsvolumen betrug in Summe rund 120 Millionen Euro, davon kamen rund 54 Prozent aus dem Bereich Naturwissenschaften und Technik, 28 Prozent aus dem Bereich Biologie und Medizin sowie 20 Prozent aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Die sechs geförderten Projektewerden mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro gefördert.

Neue Eigenschaften schwarzer Löcher entdecken

Neue Eigenschaften schwarzer Löcher entdecken
FWF-START-Preisträgerin 2021 Laura Donnay
© FWF/Luiza Puiu

In dem Projekt erforscht Laura Donnay die von ihr erstmals nachgewiesenen neuen Eigenschaften schwarzer Löcher. Es handelt sich dabei um Symmetrieeigenschaften, die in der Nähe des Ereignishorizonts auftreten. Damit soll die Frage geklärt werden, warum schwarze Löcher aus quantenphysikalischer Sicht so unordentlich sind (also so viel Information enthalten), aus Sicht der Relativitätstheorie aber einfach und geordnet sind. Schwarze Löcher sind der Brennpunkt der Suche nach einer Verbindung zwischen der einander eigentlich widersprechenden Relativitätstheorie und der Quantenphysik. Denn beide Theorien sind zur Beschreibung der dort herrschenden extremen Bedingungen nötig.

Projektleiter:in

Laura Donnay

Forschungsstätte

Technische Universität Wien, Institut für theoretische Physik

Projekttitel

Black hole soft hair and celestial holography

 

Neue Quantencomputer entwickeln

Neue Quantencomputer entwickeln
FWF-START-Preisträger 2021 Julian Leonard
© FWF

Ziel des Projekts „OptimAL“ von Julian Leonard ist die Entwicklung einer neuen Form des Quantencomputers, mit dem schwierige Probleme aus der Materialforschung schneller als bisher gelöst werden können. Dies will der Physiker auf Basis neutraler Atome als Quantenbits realisieren, die mit Licht wechselwirken. Darin liegt die Besonderheit des Zugangs. Bisher war die Kommunikation von Quantenbits aus neutralen Atomen nur in der näheren Umgebung verlässlich möglich. Mit Licht sollen auch entfernte Quantenbits miteinander kommunizieren können. Die so geplante „Plattform“ soll speziell Optimierungsprobleme behandeln können, die besonders schwierig zu lösen sind und bei denen Quantencomputer als große Hoffnungsträger gelten.

Projektleiter:in

Julian Leonard

Forschungsstätte

Technische Universität Wien, Atominstitut

Projekttitel

Quantum optimization with an atom-light simulator

Die mathematische Gruppentheorie besser verstehen

Die mathematische Gruppentheorie besser verstehen
FWF-START-Preisträger 2021 Yash Lodha
© FWF

In dem Projekt widmet sich Yash Lodha der Gruppentheorie, einem zentralen Bereich der Mathematik. Dabei untersucht er mathematische Symmetrien sowohl mit den Mitteln der Geometrie als auch mit jenen der Algebra. Ihre Bedeutung liegt in der daraus resultierenden einheitlichen Sprache, die sowohl geometrische Sachverhalte als auch arithmetische Regeln umfasst. Das Gebiet hat eine lange Geschichte. Erst im 20. Jahrhundert wurde erkannt, dass man mithilfe der Gruppen auch geometrische Fragestellungen besser verstehen kann. Heute ist die Gruppentheorie ein zentrales Forschungsgebiet der Mathematik mit zahlreichen Anwendungen, etwa in der Computerwissenschaft, der Kryptografie oder der Physik.

Projektleiter:in

Yash Lodha

Forschungsstätte

Universität Wien, Fakultät für Mathematik

Projekttitel

Algebraic, analytic, dynamical properties of groups actions

Wirkstoffe gezielt in Krebszellen bringen

Wirkstoffe gezielt in Krebszellen bringen
FWF-START-Preisträger 2021 Hannes Mikula
© FWF/Luiza Puiu

Die Chemotherapie ist im Kampf gegen Krebs bis heute kaum zielgerichtet. Das heißt, man kann noch nicht kontrollieren, wie sich Moleküle in einer zellulären Umgebung bewegen. An der Schnittstelle von Chemie und Biologie will Hannes Mikula in dem Projekt Strategien entwickeln, mit denen Wirkstoffe gezielt in Krebszellen gelenkt werden. Das sogenannte molekulare Kaskaden-Targeting soll vermeiden, dass Wirkstoffe auch in gesunden Zellen landen und diese zerstören. Mit seinem Forschungsfokus betreibt Mikula Pionierarbeit, denn das Gebiet ist noch ganz jung. Vor Kurzem kamen die neu entwickelten chemischen Werkzeuge erstmals in einer klinischen Studie in den USA am Menschen zur Anwendung.

Projektleiter:in

Hannes Mikula

Forschungsstätte

Technische Universität Wien, Institut für Angewandte Synthesechemie

Projekttitel

Bioorthogonal cascade-targeting

Wie der Klimawandel die Wasserökosysteme verändert

Wie der Klimawandel die Wasserökosysteme verändert
FWF-START-Preisträger 2021 Markus Moest
© FWF/Andreas Friedle

Die Wechselwirkungen zwischen dem evolutionären und dem ökologischen Wandel lassen sich anhand von Wasserflöhen besonders gut untersuchen. In seinem Projekt erforscht der Biologe Markus Möst, wie sich globale Veränderungen auf Gewässerökosysteme auswirken. Neben dem Klimawandel sind etwa die Überfischung oder Verschmutzung von Habitaten ein Problem. Dabei hat Möst konkret zwei Faktoren im Blick: die Überdüngung der Gewässer und die Hitzewellen, die auch Seen zu schaffen machen. Seine Erkenntnisse sollen zu einem verbesserten Management von Seen und Ökosystemen beitragen, um ihre Funktionen zu gewährleisten. Geforscht wird an zwölf Seen in Österreich, Italien, der Schweiz und in Deutschland.

Projektleiter:in

Markus Möst

Forschungsstätte

Universität Innsbruck, Institut für Ökologie

Projekttitel

Eco-evolutionary dynamics – admixture and global change

Wie Impfentscheidungen in der Gesellschaft getroffen werden

Wie Impfentscheidungen in der Gesellschaft getroffen werden
FWF-START-Preisträgerin 2021 Katharina Paul
© FWF/Stefanie Freynschlag

Welchen Stellenwert haben Impfungen in der Gesellschaft? Diese Frage bildet die Basis von Katharina Theresa Pauls Projekt. Die Politikwissenschaftlerin analysiert Kriterien, nach denen Politik, Industrie, Wissenschaft und die Bevölkerung ihre Impfentscheidungen bewerten. Welchen Wert messen verschiedene Akteur:innen dem Impfen bei und wie spiegeln diese Bewertungen wiederum die Einstellung zu politischer Steuerung wider? Interviews, ethnografische Beobachtungen und Inhaltsanalysen von Social-Media-Daten ermöglichen eine umfassende Untersuchung von Wertprinzipien, die durch die Coronapandemie in das Zentrum der öffentlichen Debatten gerückt sind.

Projektleiter:in

Katharina Theresa Paul

Forschungsstätte

Universität Wien, Institut für Politikwissenschaft

Projekttitel

Valuing vaccination: a multi-sited policy valuography

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